Den Rhöner Weidetierhaltern reicht es ganz offensichtlich. Fast jede Woche werden Wolfsangriffe auf Schafe und Ziegen registriert. Wut und Verzweiflung sind vor allem deshalb groß, da keine Änderung der Situation ist Sicht ist und die Tierhalter sich alleine gelassen fühlen. Der Wolf ist streng geschützt und Abschüsse sind deshalb kaum möglich.
Das muss sich ändern, war die klare Forderung einer Demonstration am Montagnachmittag unter dem Motto "Wahnsinn Wolf", zu der der Bauernverband auf den Marktplatz von Bad Neustadt eingeladen hatte. Man wollte den Bauern eine Stimme geben. Und diese nutzten das Angebot reichlich, um gesehen zu werden und ihren Protest zum Ausdruck zu bringen.

Trotz besten Erntewetters versammelten sich etwa 150 Weidetierhalter und Sympathisanten aus den beiden Rhöner Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen und brachten auf Plakaten, Transparenten oder auch mit Glocken ihren Ärger zum Ausdruck und forderten in privaten Diskussionen oder vom Rednerpult herab vehement eine Änderung der Wolfspolitik in Richtung Reduzierung des Wolfsbestandes.
Unproblematisches Nebeneinander von Wolf und Weidetieren ist nicht möglich
Verschiedene Redner wie der Rhön-Grabfelder Kreisvorsitzende der CSU, Christof Herbert, der Kreisobmann des Bauernverbandes Rhön-Grabfeld, Mathias Klöffel, sein Kollege aus dem Landkreis Bad Kissingen, Edgar Thomas, oder der dortige Geschäftsführer des Bauernverbandes, Georg Scheuring, waren sich einig in der Forderung, dass Wölfe leichter abgeschossen können werden müssten. Sie würdigten die Rolle der Weidetierhalter als entscheidenden Faktor der Landschaftspflege und unverzichtbaren Garanten des Erhalts des Landes der offenen Fernen. Das alles sei durch den Wolf in Gefahr. Ein unproblematisches Nebeneinander von Wolf und Weidetierhaltung sei einfach nicht möglich, wurde betont.
Die Wölfe sollten nicht ausgerottet werden, aber "der Wolfsbestand muss anlasslos reduziert werden", brachte Landrat Thomas Habermann die allgemeine Forderung nach dem erleichterten Abschuss von Wölfen auf den Punkt. Habermann erläuterte auch den juristischen Weg, der gegangen werden müsste, um das zu erreichen: Entscheidend dafür, dass der hohe Schutzstandard des Wolfes gesenkt würde, seien entsprechende Initiativen der Europäischen Union. Die Kommission habe diesbezüglich schon ihre Bereitschaft erklärt.
Was fehlt, ist die Bereitschaft der Bundespolitik
Als Voraussetzung, damit sie aktiv wird, müsse die Bundesregierung gegenüber der EU, den "günstigen Erhaltungszustand des Wolfes" erklären. Dies geschehe aber nicht, kritisierte Habermann heftig. Die Bundesrepublik sei das "Nadelöhr" und blockiere hier eine Lösung.

Es sei notwendig, hier Ross und Reiter zu nennen, betonte der Landrat. Als verantwortlich für die missliche Situation der Tierhalte bezeichnete er Umweltministerin Steffi Lembke, der er grüne Ideologie vorwarf, und ihren Regierungschef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Scharf kritisierte Habermann in diesem Zusammenhang auch den Bund Naturschutz, der einfach nicht von seiner Verweigerungshaltung in dieser Frage abgehe und an seinem Nein zur Bestandsregulierung festhalte.

Damit sich etwas ändere, lud Habermann die Vertreter der Weidetierhalter ein, gemeinsam mit ihm den Protest dagegen schriftlich zu formulieren. Er werde versuchen, einen Termin bei der Umweltministerin zu bekommen, um sie mit den Forderungen zu konfrontieren. Falls alle Bemühungen vergeblich seien, "fahren wir im August eben nach Berlin", erklärte Habermann unter großem Beifall und erhielt für diese Idee auch die Zustimmung weiterer Redner.
Emotionale Berichte von den Tierhaltern
Aber nicht nur Politiker und Funktionäre kamen zu Wort. Sehr eindringlich und emotional schilderten Tierhalter, die schon von Wolfsrissen betroffen waren, wie es ihnen ergangen ist. So berichtete Frank Scharbert aus Sondheim/Rhön, wie er "hilflos, verlassen und alleine" vor dem "Schachtfeld" stand, nachdem vor wenigen Tagen ein Wolf seine Herde angegriffen hatte. Aber noch schlimmer seien für ihn die Tränen seiner Kinder gewesen, als diese vom Tod der Schafe erfahren hätten.

Eindringlich auch die Schilderung von Elisabeth Sandach, die beschrieb, wie nervenaufreibend es für sie ist, seit Monaten jede Nacht bei ihrer Ziegenherde zu verbringen und wie es ihr emotional erging, als es dem Wolf kürzlich bei einem heftigen Gewitter dennoch gelang, zwei Tiere zu töten. Eine Hirtin müsse ihre Tiere schützen können. Das sei ihr Recht und dieses Recht fordere sie ein, so Sandach.

Er wisse nicht mehr, wie es weitergehen soll. Julian Schulz aus Ginolfs hat bereits mehrere von seinen 1.100 Schafen bei Wolfsattacken verloren. Es gehe ihm nicht um das Geld, berichtete er unter dem Applaus seiner Kollegen, der Mehraufwand und damit auch die Belastung für die Familie seien irgendwann untragbar.
Zum Schaden nach Wolfsangriffen kommen noch beleidigende Kommentare
Verena Heidenreich aus Mellrichstadt zitierte besonders beleidigende Kommentare, die sich Schäfer nach eh schon belastenden Wolfangriffen anhören müssen, Jenny Söder berichtete vom dramatischen Verlust ihres Pferdes, das in Kilianshof vom Wolf getötet wurde, und Helga Simon aus Schönau, Mitglied im Vorstand des unterfränkischen Schäfervereins, von ihren Überlegungen, schwierige Flächen nicht mehr zu beweiden, da sie hier eine höhere Gefahr von Wolfsattacken sieht.

Letztlich waren sich alle einig, dass es hier nicht um Großbetriebe gehe, deren Gewinne durch den Wolf etwas sinken würden, sondern um kleine Familienbetriebe, in denen das ganze Jahr über an sieben Tagen in der Woche hart gearbeitet werde. Diese gelte es zu schützen, wie Christof Herbert feststellte. Das sei letztlich nur möglich, wenn in der Bundespolitik endlich gehandelt werde: "Melden Sie endlich den günstigen Erhaltungszustand des Wolfes an die EU", forderte zum Beispiel Georg Scheuring, und Edgar Thomas ergänzte "sonst fahren wir nauf nach Berlin!"