Jede dritte Ehe landet heute vor Gericht. Scheidung ist im zivilrechtlichen Verfahren zum leider fast alltäglichen Brot der Familiengerichte geworden. Die Katholische Kirche tut sich mit der Auflösung oder der Annullierung einer Ehe aber schwer. In einem zweiten Verfahren kann dies jedoch erwirkt werden. Die wenigen Scheidungswilligen, die ein solches Verfahren anstreben, wollen zumeist noch einmal kirchlich heiraten. „Ehe gescheitert ... Und dann?“ lautete der Titel eines Vortrages im Pfarrheim.
Etwa ein Jahr dauert das Verfahren. Eine Scheidung vor Gericht ist ebenfalls vor dem kirchlichen Richterspruch notwendig. Die Katholische Kirche kann eine zuvor geschlossene Ehe, die ja eigentlich nach dem Kirchenrecht unauslöschlich ist, annullieren oder gar auflösen. Doch dafür braucht es schwerwiegende Gründe.
Domkapitular Stefan Rambacher leitet in der Diözese Würzburg das dortige Gericht und weiß sehr genau, wann eine Eheannullierung tatsächlich durchgesetzt werden kann. „Die meisten Antragsteller wollen sich die Option freihalten, später noch einmal kirchlich zu heiraten“, sagt Rambacher im Pfarrheim vor erstaunlich zahlreichen Zuhörern. Eigentlich geht das ja nicht nach gegenwärtigem Kirchenrecht. Wer schon einmal kirchlich getraut wurde und später geschieden wird, der hat die Chance auf eine zweiten Gang zum Altar verwirkt. „Die Kirche erkennt nach wie vor die zivile Scheidung nicht an“, so Rambacher. Das ist allerdings nicht immer so. Die Scheidung auf katholisch kann in Ausnahmefällen auch möglich sein, was viele Gläubige aber gar nicht wissen. „Das geht nicht nur bei Caroline von Monaco“, sagte der Domkapitular. Etwa 800 Eheverfahren zählt die Katholische Kirche bundesweit pro Jahr. Rund 40 davon fallen in Rambachers Diözese an. Gegen die 200 000 zivilrechtlichen Ehescheidungen pro Jahr in Deutschland eine verschwindend geringe Zahl. „Kommt es einmal zum Eheverfahren, dann gehen 90 Prozent davon auch vor dem Kirchengericht durch“, sagte er.
In einem Informationsgespräch mit einem Vertreter der Kirche werden zunächst einmal die Gründe für ein mögliches Verfahren zusammengetragen. Arglistige Täuschung des Ehepartners zum Beispiel durch das Verschweigen hoher Schulden gehört dazu. Oder auch schon der vor der Ehe vor Zeugen geäußerte Ausschluss der ehelichen Treue. Auch ein Scheidungsvorbehalt, der ebenfalls vor Zeugen oder schriftlich belegt ist - Stichwort: Lebensabschnittsgefährte/in – wäre ein Grund, eine Ehe annullieren zu lassen. Ein spontaner Seitensprung wäre indes kein Grund für eine Annullierung. Es müssen langfristig Gründe sein, die schon zu Beginn der Ehe im Raum standen, um ein solches Verfahren vor einem Kirchengericht zu ermöglichen. „Meiner Erfahrung nach fällt das Scheitern einer Ehe selten vom Himmel“, sagte Domkapitular Rambacher. Es müssen schon langjährige Gründe vorliegen, um eine Ehe annullieren zu lassen. Gründe, die vielleicht schon bei der Hochzeit vorlagen.