„Wie muss man drauf sein, um sich das anzutun?“ Eine plausible Antwort werden Extremsportler wohl nie abgeben können. Aber irgendetwas muss offensichtlich dran sein, wenn man in eiskaltem Wasser versinkt, schwere Betonkugeln schleppt, hohe Hindernisse überwindet und sich Schürfwunden holt. Jedenfalls steigt die Teilnahmequote an ähnlichen Veranstaltungen wie dem „Getting Tough“ von Mellrichstadt, bei dem rund 1500 Läufer an den Start gingen.
Nicht alle Teilnehmer sahen allerdings ganz glücklich während der Tortour aus. Beim vierjährigen Liam waren jedenfalls die Tränen von den Wassertropfen nicht zu unterscheiden, nachdem er mit seinem Vater gerade den Bambinilauf hinter sich gebracht hatte und zuletzt durch sechs Grad kaltes Wasser musste. Die Eltern, die extra aus dem norddeutschen Meppen angereist waren, erzählten noch stolz, dass es sein erster Start gewesen sei, bevor sie ihren Sprössling trösteten und ihm versicherten, welche tolle Leistung er vollbracht hatte.
Gedrillt und verhöhnt
Den Großen ging es dagegen etwas anders. Sie wurden zum Warmmachen im Bundeswehrjargon vom Moderator gedrillt und verhöhnt, dabei sie so manchen Machospruch über sich ergehen lassen. „Weicheier und Warmduscher“ waren da noch die harmlosen Ausdrücke.
Aber sie wollen es ja gar nicht anders. Boris Lehmann ist gleich mit einer Truppe von 20 Erfurtern angereist und feuert seine Kameraden an. 80 Mitglieder zählt der „Laufladen“ inzwischen. Regelmäßig einmal die Woche treffen sie sich und gehen auf Strecke „nicht zum einfachen Dauerlauf“. Es ist nicht nur die körperliche Herausforderung, die gesucht wird, versichert Lehmann, es wird auch Teamgeist verlangt, denn nur dadurch dass man sich gegenseitig hilft, überwinden die Läufer oft die Strapazen.
Wie für Einzelkämpfer
Jedoch sind die Läufe auch zur körperlichen Ertüchtigung wunderbar geeignet, bestätigt Lehmann auf den Hinweis auf die teilweise muskelbepackten Teilnehmer, die an Silvestor Stallone in einem seiner Actionstreifen erinnern. „Ja es sind eine Reihe Soldaten dabei, und die Bundeswehr täte gute daran, die Teilnahme für ihre Einzelkämpfer zur Pflicht zu machen, damit etwas Gescheites aus ihnen wird“.
Von dem Typus ist allerdings Stev Pettera weit entfernt. Das Mitglied der „Heide Mudderer“ – „Mudder heißt so etwas wie Matsch“, erklärt der 43-Jährige Hallenser – quält sich einfach gerne einmal, um die körperlichen Grenzen zu überwinden. Eine unüberwindliche Leistung sei seines Erachtens solch ein Hindernislauf nicht, „ich muss als Handwerker oft genug ordentlich zupacken“.
Das Wasser ist kalt
So etwas ähnliches hat er gerade hinter sich gebracht. 18 Kilometer laufen liegen hinter ihm. Gleich die erste Station am Ausgang des Hainbergareals hatte es in sich: hintereinander hinein in fünf mit eiskalten Wasser gefüllte, etwa 1,5 Meter tiefe Gräben. Dann ging es auf die Panzerstraße, auf der alle paar Hundert Meter ein Hindernis aufgebaut war. Danach in den Steinbruch bei Frickenhausen, wo unter anderem schwere Betonkugeln und Eimer voller Splitt in der Gegend herumgeschleppt werden. Und zu allerletzt bei der Rückkehr ins ehemalige Kasernengelände unter den Augen der Zuschauer ein Hindernisparcours mit dem abschließenden Rutsch ins wiederum eiskalte Nass.
Zehn bis 15 Prozent schaffen es bei den Hindernisläufen nicht, erklärt Mitorganisator Lukas Storath und erinnert vor allem an die zweite Ausgabe des „Getting Tough“ in Rudolstadt, als im Winter zweistellige Minustemperaturen geherrscht hatten und die Teilnehmer schon gleich nach dem Start bei ersten Hindernis nass wurden. Das schreckt aber nicht ab, im Gegenteil die Veranstaltungen haben Zulauf, sodass das Organisationsteam daran denkt, weitere Läufe ins Leben zu rufen.
Fester Stamm
Es gibt aber ohnehin schon einen festen Stamm von Teilnehmern, leicht zu erkennen am Sieger der 18-Kilometer-Strecke, denn Hagen Brosius aus Ingolstadt hatte in Mellrichstadt auch schon im Vorjahr den obersten Platz auf dem Siegespodest, auf dem außerdem Maximilian Büttner, Erfurt, auf Platz zwei und Robin Siegel aus Oedheim standen. Die ersten beiden Plätze bei den Frauen gingen nach Würzburg. Julia Skala gab dabei Lisa Düngfelder nach Nachsehen während Jula Moggibon den dritten Rang erreichte.