Die Nachricht hat bei vielen Mellrichstädtern für Betroffenheit gesorgt: Die Ankündigung, dass das Seniorenheim St. Niklas in der Innenstadt im Herbst schließen wird, kam überraschend und weckt Sorge bei den Menschen. Denn Plätze für die Pflege werden dringend benötigt.
Die Julius-Spital-Stiftung als Betreiberin der beiden Mellrichstädter Altenheime begründet den Schritt damit, dass St. Niklas in der jetzigen Form nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könne. Tiefrote Zahlen, die laut dem Vorsitzenden, Bürgermeister Michael Kraus, Ende November 2023 von der Geschäftsführung vorgelegt wurden, hätten den Pflegeausschuss alarmiert und zum Handeln gezwungen. Ansonsten könnte dem Seniorenheim, das als gemeinnützige GmbH betrieben wird, die Zahlungsunfähigkeit drohen, wie er bei der Pressekonferenz zur Schließung deutlich machte.
Nicht davon betroffen ist das Franziska-Streitel-Altenheim am Hainberg. Mit dem Neubau, der zur Jahresmitte bezugsfertig sein soll, sei die Zukunft der Pflege in Mellrichstadt langfristig gesichert, so Kraus.
Sachliche und emotionale Aspekte bei der Entscheidung
Für die Mitglieder des Pflegeausschusses der Julius-Spital-Stiftung, der wie ein Aufsichtsrat fungiert, sei es dennoch keine leichte Entscheidung gewesen, St. Niklas zu schließen, wie sie versicherten. Ihm gehören die Bürgermeister von Mellrichstadt, Stockheim, Oberstreu und Hendungen sowie Pfarrer Thomas Menzel und Landrat Thomas Habermann an. Bei der Pressekonferenz zur Schließung nahmen sie Stellung zur aktuellen Lage.
Pfarrer Thomas Menzel verwies zum einen auf die sachlichen, zum anderen auf die emotionalen Aspekte im Zuge der Entscheidung. "Wirtschaftlich gesehen haben wir keine andere Wahl", sagte er, dennoch hätte er sich gewünscht, dass das Heim weiterbetrieben werden könne. "Dank des guten Personals haben wir die Bewohner in St. Niklas immer in guten Händen gewusst." Dass Krisen neue Rahmenbedingungen schaffen, die langfristige Pläne wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen, sei wohl ein Merkmal der heutigen Zeit, fügte Menzel mit Blick auf die Gesamtsituation in der Pflege kritisch an.
Bewohner und Mitarbeiter können ins Franziska-Streitel-Heim umziehen
Die stellvertretende Landrätin Eva Böhm bedauerte den Schritt, nannte ihn aber notwendig, auch um den Fortbestand des Franziska-Streitel-Altenheims zu sichern. Dort werden die 39 Bewohnerinnen und Bewohner sowie die 38 Mitarbeitenden des Seniorenheims St. Niklas künftig eine neue Heimat finden. Dass es in der Folge weniger Pflegeplätze in Rhön-Grabfeld gibt, nannte sie betrüblich. "Aber die Julius-Spital-Stiftung muss für Mellrichstadt eine gute Lösung finden." Auch wenn die Nachricht über die Schließung sehr plötzlich gekommen sei, sei es in Anbetracht der Umstände der richtige Zeitpunkt, um die Bewohner und Mitarbeiter des St. Niklas-Heims gut unterzubringen und ins neue Haus zu integrieren, so Eva Böhm.

Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus als Vorsitzender der Julius-Spital-Stiftung verwies darauf, dass gesetzliche Vorgaben den Betrieb kleinerer Häuser heute nahezu unmöglich machen. "Der Anspruch für die Betreuung alter und pflegebedürftiger Menschen soll sein, dass sie im Pflegeheim noch die eigenen Kirchturmglocken hören können", so Kraus. Doch kleinkarierte Regelungen für den Heimbetrieb und explodierende Kosten stehen dem entgegen. "Bei der Pflege liegt der Fehler im System. Wir müssen uns allgemein die Frage stellen, wo es hingehen soll", sagte er mit Blick auf politische Entscheidungen.
Neubau am Hainberg soll die Zukunft der Pflege in Mellrichstadt sichern
Stockheims Bürgermeister Martin Link ist seit 15 Jahren Mitglied des Pflegeausschusses und hat auch die Krise der Mellrichstädter Altenheime 2012 miterlebt. "Wir standen als Stiftung schon einmal kurz vor der Insolvenz und haben jetzt handeln müssen, um nicht erneut gänzlich in Schieflage zu geraten", hob er hervor. Die Investitionen in den Neubau des Franziska-Streitel-Altenheims seien nötig für eine zukunftsfähige Pflege im Streutal. Das St. Niklas-Heim in der Stadtmitte könne hingegen nicht vergrößert oder entsprechend umgebaut werden, um es wirtschaftlich weiterbetreiben zu können. "Daher müssen wir nun unsere ganze Kraft in den Neubau stecken, um mit einem modernen Haus für die Zukunft gerüstet zu sein."

Stefan Kießner, Bürgermeister von Oberstreu, nannte das St. Niklas-Heim einen guten Lebensplatz für die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch eine gute Einrichtung für die Stadt. "Die Menschen, die noch mobil sind, können am Leben in der Stadt teilhaben, im Sommer am Marktplatz sitzen und bei den Standkonzerten Musik hören", so Kießner. Die kurzen Wege sind bald Geschichte, bedauerte er, und fügte an: "Die betriebswirtschaftliche Seite ist eine Sache, aber allgemein sollte der Mensch im Mittelpunkt stehen."
Teilhabe am öffentlichen Leben ist wichtig für Senioren
Die Teilhabe am öffentlichen Leben sei wichtig für Senioren, künftig werde der Weg in die Stadt für sie weiter sein. Dennoch sei er sicher, dass sich die Menschen im neuen Haus wohlfühlen werden. Für das ab Herbst leerstehende Gebäude in der Innenstadt wünscht sich Kießner als neue Nutzung betreutes Leben in der Stadt. "Rüstige Rentnerinnen und Rentner, die noch mobil sind, können hier im Zentrum gut leben." Ob so ein Haus eventuell auch von der Stiftung betrieben werden könne, gelte es auszuloten.
Konkrete Konzepte für eine Nachnutzung gibt es derweil noch keine. Das sei in der Kürze der Zeit, in der die Schließung des Seniorenheims spruchreif ist, auch nicht möglich gewesen, so die Mitglieder des Pflegeausschusses. Natürlich soll für das Haus in bester Innenstadtlage eine gute Nachnutzung gefunden werden, versicherten alle. Vielleicht finde sich auch ein Investor für betreutes Wohnen in der Stadt, der Bedarf wäre sicherlich da. Und der Pflegeausschuss ist sich mit Blick auf die starren Gesetzesvorschriften bei der Pflege einig: "Am besten ist es, eine Lösung außerhalb des Heimgesetzes zu finden."