In der zukünftigen Klasse 4b der Grundschule in Herschfeld ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. 19 Schülerinnen und Schüler mit ihren Eltern setzen sich dafür ein, ihre Lehrerin, die mit dem abgelaufenen Schuljahr ihr zweites Referendariat abgeschlossen hat, zu behalten. Gerade in der wichtigen 4. Klasse, in der viele Weichen für weiterführende Schulbesuche gestellt werden und das Lernpensum erheblich ist, ist ein Lehrerwechsel nicht üblich. "Warum bei uns, zumal die frischgebackene Lehrerin Nadja Schüller gern in Herschfeld bleiben würde?", fragt sich die Initiative.
Sie seien "sehr unglücklich, enttäuscht und verzweifelt über die aktuelle Situation", schreibt die Initiative in einem Brief, den sie an den zuständigen Sachbearbeiter, das Schulamt und den Bayrischen Rundfunk geschickt haben.
Die neue Lehrerin brachte Freude zu den Schülern in Herschfeld
Als die Kinder im September 2019 in die erste Klasse kamen, seien sie aufgeregt, motiviert und voller Freude auf den neuen Lebensabschnitt in die Schule gegangen. Im Februar begann die Corona-Pandemie, ab Ostern erlebten die Erstklässler Lockdown, Distanz- und Wechselunterricht. "Kinder und Familien waren plötzlich auf sich gestellt, Eltern wurden Hilfslehrer, Eltern-Kind-Beziehungen wurden auf eine harte Probe gestellt, eine Klassengemeinschaft konnte nicht wachsen, Frustration und Demotivation machten sich zusehends breit und es war ein Kraftakt für Eltern und Lehrkräfte, das alles zu stemmen", berichtet eine der Sprecherinnen der Initiative, Corinna Scheler.

Mit der 3. Klasse kam die Studienreferendarin Nadja Schüller, der es gelang, mit viel Arbeit und Ideenreichtum wieder Freude am Lernen zu vermitteln, die Klassengemeinschaft zu stärken und – dank der Corona-Lockerungen – einen relativ normalen Schulalltag zu gestalten. Normalerweise begleitet die Lehrkraft der 3. Klasse auch die 4. Klasse, um eine gewisse Stabilität zu garantieren.
Initiative fordert, nach dem Wohl der Kinder zu handeln
Ständige Lehrerwechsel beeinträchtigten die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder, ist sich die Initiative einig. Sie hätten sich an das Unterrichtskonzept ihrer Lehrerin gewöhnt und können so viel besser ihren Lernstoff erarbeiten und vertiefen. Die Initiative bezweifelt den Sinn einer Versetzung nach Aschaffenburg, sowohl die künftige 4b als auch eine Klasse in Aschaffenburg müsse sich schließlich an eine neue Lehrkraft gewöhnen.
Die Lehrerin schaffte es, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen und sie individuell zu fördern. "Sie fühlten sich von ihr an- und ernstgenommen und wertgeschätzt. Im Laufe des Schuljahres entstand so eine stabile und enge Bindung, die für eine hohe Motivation zum Lernen und Arbeiten Grundbedingung ist. Schule ist für unsere Kinder endlich wieder positiv belegt", sagt die Initiative und nennt die Kinder wieder "die Leidtragenden, die erneute Erschwernisse, zusätzliche Umbrüche, Verluste und Zukunftsängste erleiden müssen".
Die Initiative fragt sich: Warum wird nicht zum Wohl der Kinder gehandelt? Warum wird eine Lehrerin gegen ihren Willen und den vom Kollegium, der Schulleitung, dem Elternbeirat, der Elternschaft und der Kinder versetzt? Muss ein System beibehalten werden, auch wenn es wenig sinnvoll ist?
Was das Schulamt sagt
Die Fragen der Initiative legte diese Redaktion dem Schulamt vor. Der Leiter, Karl-Heinz Deublein, wies in einem Gespräch auf eine übliche Verfahrensweise hin. Nach dem zweiten Staatsexamen würden alle Junglehrer in Bayern dahin verteilt, wo der Bedarf am größten sei, berichtete er. Die Entscheidungen, wer wohin geschickt werde, treffe das Kultusministerium, das Schulamt habe darauf keinerlei Einfluss. Berücksichtigt werden nur besondere soziale Umstände wie Schwangerschaft oder ähnliches.
Er habe mit dem zuständigen Sachbearbeiter und auch mit dem Bürgermeister Kontakt aufgenommen, könne aber seinerseits nichts an den Tatsachen ändern. In der Grundschule Herschfeld gebe es außerdem im nächsten Schuljahr nach den vorliegenden Plänen keinen Lehrermangel.