Die Entscheidung ist gefallen: Der Verlauf des SuedLink-Korridors durch den Landkreis Rhön-Grabfeld steht fest. Die Bundesnetzagentur hat am vergangenen Freitag über den Abschnitt der Stromtrasse entschieden, der auf Mellrichstädter Gemarkung auf den Landkreis trifft und ihn bei Strahlungen wieder verlässt. Laut Mitteilung der Behörde folge der Korridor durch Unterfranken weitgehend dem Vorschlag der Netzbetreiber Tennet und TransnetBW.
Die Stadtverwaltung von Mellrichstadt hat die schriftliche Information der Bundesnetzagentur erst an diesem Montag erreicht. Dennoch geben sich Bürgermeister Michael Kraus und Bauamtsleiter Christian Roßhirt auf Nachfrage dieser Redaktion unaufgeregt. "Am Trassenverlauf hat sich nichts geändert, es wurde kein Korridor neu aufgelegt", sagen die Stadtvertreter mit Blick auf das Kartenmaterial. Demnach trifft der SuedLink von Thüringen kommend auf der Schanz bei Eußenhausen auf Mellrichstädter Gebiet, führt dann westlich durch den Wald nach Eußenhausen und von dort hinter dem Baugebiet "An der Orgel" vorbei nach Mühlfeld. Nach dem Waldgebiet Pennig geht die Trasse im Bereich der Mühlfelder Kläranlage westlich am Sonnenland in Mellrichstadt vorbei und weiter nach Süden zur Sandgrube. Von dort geht es Richtung Oberstreu, zwischen Oberstreu und Bahra stößt sie auf die Autobahntrasse. Im weiteren Verlauf folgt der SuedLink der A 71 bis nördlich von Poppenhausen im Landkreis Schweinfurt.
Korridor auf 100 Meter verengt
Laut Christian Roßhirt wurde der Trassenverlauf vom Netzbetreiber TransnetBW Anfang des Jahres bereits eingegrenzt. "Zunächst war der Korridor auf 1000 Meter angelegt und wurde dann auf 100 Meter verengt", so der Bauamtsleiter. Ob es dabei bleibt, entscheiden weitere Untersuchungen. Im Bereich der Schanz kommen die Planer allerdings an den Waldflächen zwischen Henneberg und Eußenhausen nicht vorbei. Auch bei Mühlfeld sind Waldquerungen nicht zu vermeiden. Anstelle von Rodungen habe man vonseiten des Netzbetreibers aber ins Auge gefasst, die Waldbereiche durch Unterbohrungen zu schonen, informiert Roßhirt. Solche Unterbohrungen finden in einer Tiefe von 30 bis 40 Metern statt und sind sehr teuer. Üblicherweise werden sie angewendet, wenn die Kabel unter Autobahnen, Flüssen und Naturschutzgebieten verlegt werden.

Für die unterirdische Stromtrasse, die Strom vom Norden der Republik in den Süden transportieren soll, laufen derzeit im Bereich von Mellrichstadt archäologische Voruntersuchungen, die zur Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens durch die Bundesnetzagentur erforderlich sind. Ziel ist es laut Netzbetreiber, den Leitungsverlauf zu finden, der die Belange von Mensch, Natur und Umwelt bestmöglich berücksichtigt. Schon im Vorfeld der Bekanntgabe des Trassenverlaufs hatte TransnetBW mit den Voruntersuchungen auf eigenes Risiko und vorbehaltlich der behördlichen Entscheidung begonnen. Wie Christian Roßhirt weiß, wurden auch bereits geologische Untersuchungen vorgenommen und die Belange des Naturschutzes geprüft, in der Hoffnung, dass die Bundesnetzagentur nicht vom Trassenverlauf abweicht.
Schneisen in den Waldflächen sollen verhindert werden
Mellrichstadts Bürgermeister Michael Kraus, seit Mai im Amt, war über den bisherigen Planungsstand im Sommer informiert worden. Christopher Göpfert, Bürgerreferent bei TransnetBW, hatte im Juli das Gespräch mit dem Stadtchef gesucht. Dass durch Unterbohrungen Schneisen in den Walddflächen vermieden werden sollen, ist ganz im Sinne der Stadt, sagt Michael Kraus. "Natürlich wäre uns lieber, wenn der SuedLink nicht über Mellrichstädter Flächen führen würde", so der Bürgermeister, dennoch sei dies eine verträgliche Lösung im Vergleich zu dem Trassenverlauf, der zu Beginn der Planungen durch das Elmbachtal bei Eußenhausen führen sollte und durch Bürgerproteste verhindert worden war.
Kraus' Amtsvorgänger Eberhard Streit war hart mit dem damaligen Netzbetreiber Tennet ins Gericht gegangen, weil dieser mehrmals Pläne vorgestellt hatte, ohne vorher das Gespräch mit der Stadt zu suchen. Nachfolger TransnetBW hatte eigentlich für den 9. November eine Informationsveranstaltung für die Vertreter der in Rhön-Grabfeld vom SuedLink betroffenen Gemeinden in der Oskar-Herbig-Halle geplant, um aufzuzeigen, wie der Trassenverlauf im Einzelnen aussehen soll. Aufgrund der Corona-Beschränkungen wurde dieser Termin jedoch am 2. November abgesagt.
Ausgleich für Grundstücksbesitzer gefordert
Aufgrund der schriftlichen Information sieht Kraus aber mit der Trasse "eine Lösung, mit der die Stadt im erträglichen Rahmen leben kann, wenn ein entsprechender Ausgleich für die Unannehmlichkeiten bei den Grundstücksbesitzern erfolgt". Er hofft, dass sich Netzbetreiber TransnetBW an seine Aussagen hält, die Arbeiten an den landwirtschaftlichen Flächen schonend durchzuführen und die Eigentümer entsprechend entschädigt.
Strahlungens Bürgermeister Johannes Hümpfner plagen derweil andere Sorgen. Besonders bedenklich sei, dass der geplante Korridor im Bereich der Gemeinde bis an die Ortsgrenze von Rheinfeldshof reiche. "Unser Ziel ist es, dass die Stromtrasse so weit weg wie möglich von der Ortsbebauung verlegt wird", so Hümpfner im Gespräch mit dieser Redaktion. Zudem liegen große und wertvolle Waldabschnitte im betroffenen Gemeindegebiet. Auch die Strahlunger wollen erreichen, dass durch Unterbohrungen nicht zu viel Waldbestand geopfert werden muss. "Als Ausgleich müssten für Baumfällungen andernorts Wiederaufforstungen durchgeführt werden, diese Flächen können nicht auch noch von unseren landwirtschaftlichen Feldern weggenommen werden", macht Hümpfner deutlich. Daher werde, sollte dies notwendig werden, ein Tauschverfahren mit dem Staatswald angestrebt.
Einwendungen zum Vorschlagskorridor gegenüber der Bundesnetzagentur hat die Gemeinde bereits dargelegt. "Sie werden wichtig, wenn die Bundesnetzagentur das Planfeststellungsverfahren einleitet", blickt der Bürgermeister voraus. Dass die Bundesnetzagentur den Trassenverlauf in Unterfranken bekanntgegeben hat, ohne die Bürgermeister im Vorfeld zu informieren, ärgert Johannes Hümpfner. Durch den Ausfall der Veranstaltung in Mellrichstadt müssen die Gemeinden jetzt auch weiter auf Informationen von TransnetBW warten. "Ob die Trasse nun östlich oder westlich der Autobahn verläuft, steht bislang noch nicht fest", sagt er. Klar ist aber, dass sich Hümpfner weiterhin im Verfahren mit ganzer Kraft für seine Gemeinde einsetzen will.