Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Königshofen
Icon Pfeil nach unten

Bad Königshofen: Todkrank mitten im Leben

Bad Königshofen

Todkrank mitten im Leben

    • |
    • |
    Wer ist hier eigentlich der Oberarzt? Szene mit Jonas Radina und David Benkert.
    Wer ist hier eigentlich der Oberarzt? Szene mit Jonas Radina und David Benkert. Foto: Bördlein

    Wer am Dienstagabend die Aula des Gymnasiums mit der Erwartung betrat, einen düster-besinnlichen Theaterabend zum Thema Tod präsentiert zu bekommen, sah sich gründlich getäuscht. Bereits nach der fulminanten Einstiegsszene, in der alle 21 Akteure im gesamten Zuschauerraum verteilt waren und voller Körperspannung und stimmlicher Energie den Rahmen für die dann folgende Handlung absteckten, war klar, dass man sich hier auf mehr gefasst machen musste. Die Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 10 bis 12 hatten gemeinsam ein Stück mit dem Titel „Komm süßer Tod“ entwickelt und geschrieben, das anhand des Schicksals einer Todkranken einen wilden Ritt durch das pralle Leben veranstaltete.

    Im Zentrum der Handlung steht die 35-jährige Minna (eindringlich und differenziert gespielt von Anna Seiler), die zu Beginn des Stücks im Krankenhaus mit einer vernichtenden Diagnose konfrontiert wird: Sie hat nur noch ein paar Wochen zu leben. Im weiteren Verlauf des Abends erfährt der Zuschauer durch Rückblenden, Besuche und Gespräche viel über das Leben der Protagonistin und darüber, welche Konflikte wohl mit dafür verantwortlich waren, dass sie nun krank ist.

    Da sind ihre verzweifelten Eltern (Josefina Lurz und Felix Dömling), ihr mit den Kindern überforderter Ehemann (Maximilian Kayser), zwei beste Freundinnen (Viktoria Weber und Sophia Mauer) und schließlich ein ehemaliger Geliebter (emotional gespielt von Kilian Wirsing). Und mit allen gibt es Probleme.

    Ein besonderer Kunstgriff erweist sich hier als thematisch hochinteressant und optisch reizvoll: Die ganze Zeit ist Minnas „Schatten“ (unglaublich intensiv verkörpert von Josepha Hart) mit auf der Bühne. Dieser stellt die andere, oft unterdrückte Seite der ach so lieben und braven Minna dar, kommentiert das Geschehen, streitet sich mit ihr und beeinflusst letztendlich ihr Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen. Daraus entwickeln sich spannende Szenen voller Dynamik und ungewöhnlicher Bilder.

    Aufgelockert wird die schwere Handlung durch Einblicke ins alltäglich-verrückte Krankenhausleben: Eine Fußballmannschaft liefert einen Kameraden ein, schwangere Frauen treiben sich gegenseitig und alle anderen in den Wahnsinn, plumpe Ärzte intrigieren. Es wird auch viel gelacht an diesem eigentlich so ernsten Abend. Und nachts, wenn es im Krankenhaus ruhig wird, da träumt Minna von den Geschichten, die ihr die nette Nachtschwester (sympathisch: Freya Ortmann) erzählt: Romeo und Julia, Woyzeck, Fausts Gretchen – dargestellt in eindringlichen Bildern und aufwendigen Choreografien.

    Es ist unmöglich, hier alle der 44 Szenen auch nur anzureißen, die die quirlig und präzise spielenden Gymnasiasten auf die insgesamt fünf in der Aula verteilten Bühnen zaubern.

    Dafür, dass die komplizierte Konstruktion nicht aus dem Ruder lief, sorgten die schnellen Szenenübergänge und die differenziert eingesetzte Lichttechnik. Die weit über 200 Zuschauer in der voll besetzten Aula wussten stets, wo sie sich in der komplexen Handlung befinden und fieberten bis zum Schluss mit. Die Spannung war buchstäblich mit Händen zu greifen, als nach der eindringlich inszenierten Schlussszene betretene Stille einsetzte, die sich schließlich in frenetischem, lang anhaltendem Applaus entlud.

    Die gut 90 Minuten, die dieses eindrucksvolle Stück in Anspruch nahm, waren so kurzweilig und unterhaltsam, dass man noch eine ganze Weile hätte sitzen bleiben und staunen können, ohne auf die Uhr schauen zu müssen. Insgesamt also ein Muss für alle Theaterinteressierten und solche, die es noch werden wollen.

    Wer sich noch einmal in die charakterlichen Untiefen einer sterbenden Frau in einem durchgeknallten Krankenhaus entführen lassen will, kann das an diesem Freitag, 4. Dezember, um 19.30 Uhr in der Aula des Gymnasiums Bad Königshofen tun.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden