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Unsere Ludolfs

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    Die Hartmann-Brüder Thomas, Uwe, Achim und Petrick (von links) lassen sich nur ungern unterbrechen, wenn sie in ihrem Element sind: dem Verschrotten von Altfahrzeugen, die seit Einführung der Abwrackprämie im Januar diesen Jahres Tag für Tag in ihrer Autoverwertung angeliefert werden.
    Die Hartmann-Brüder Thomas, Uwe, Achim und Petrick (von links) lassen sich nur ungern unterbrechen, wenn sie in ihrem Element sind: dem Verschrotten von Altfahrzeugen, die seit Einführung der Abwrackprämie im Januar diesen Jahres Tag für Tag in ihrer Autoverwertung angeliefert werden. Foto: FOTOs Alfred Kordwig

    Für die einen ist der Begriff „Abwrackprämie“ schon jetzt ein heißer Favorit auf das „Wort des Jahres 2009“. Für andere ist die staatliche Hilfe zur Stützung der Automobilindustrie eine große Herausforderung: Die Autoverwerter in Deutschland kommen mit dem Verschrotten der alten Fahrzeuge kaum noch nach.

    Es ist alles andere als einfach, zum Büro oder gar in die Werkstatt der Autoverwertung Hartmann in Merkershausen zu gelangen. Auf dem am westlichen Ortsrand gelegenen Firmengelände stehen unzählige Fahrzeuge, die zum Verschrotten vorgesehen sind. Teilweise sind sie sogar übereinander gestapelt, damit überhaupt noch etwas Platz bleibt für das Rangieren der praktisch stündlich eintreffenden Schrottfahrzeuge.

    Die einzigen, die in diesem Chaos nicht den Überblick verlieren, sind die Betreiber der Autoverwertung. Die vier Hartmann-Brüder Achim, Thomas, Uwe und Petrick führen den Betrieb seit dem Tod ihres Vaters im März vergangenen Jahres gemeinsam – unterstützt von einer Schwester, die die Büroarbeiten erledigt.

    Einen Chef gibt es in der Merkershäuser Autoverwertung nicht, nur so etwas wie einen Firmensprecher und der ist Achim Hartmann, weil er mit 37 Jahren der älteste der Brüder ist. „Weil wir zu viert sind, werden wir manchmal auch die Ludolfs von Merkershausen genannt“, lacht er und spielt damit auf die gerade im Fernsehen laufende Doku-Soap „Die Ludolfs – 4 Brüder auf'm Schrottplatz“ an, die mittlerweile Kultstatus erreicht hat und bemerkenswerte Einschaltquoten erzielt. „Wirklich vergleichen lassen wollen wir uns mit den Ludolfs aber nicht“, so Hartmann. „Dafür sind die vier Brüder aus Dernbach zu alt und ihr Betrieb ist außerdem einige Nummern größer als unsrer.“

    Zum Fernsehen bleibt den Hartmännern momentan wenig Zeit, denn seit Einführung der Abwrackprämie hat sich ihr Arbeitspensum mindestens verdoppelt. Es gibt Tage, da kommen sie nicht mehr nach mit dem Verschrotten und müssen Aufträge ablehnen, weil sie die Autos sonst auf der grünen Wiese oder der Zufahrtsstraße abstellen müssten.

    „Wir hatten ja schon vor Einführung der Prämie gut zu tun, aber das, was gerade passiert, ist total verrückt.“ Achim Hartmann weiß manchmal nicht mehr, ob er sich über den Hochbetrieb auf seinem Firmengelände freuen oder ärgern soll. Einerseits bringen mehr Autos mehr Umsatz, auch wenn der Schrottpreis in den vergangenen Monaten deutlich gesunken ist. Andererseits ist die Arbeitsbelastung so groß geworden, dass außer am Wochenende nicht mehr viel Zeit bleibt für die Familie oder Unternehmungen mit Freunden. „Und zusätzliche Kräfte wollen wir nicht einstellen, weil der Abwrackboom in ein paar Monaten wieder vorbei ist“, meint Hartmann.

    Also versuchen die vier Brüder, unterstützt von einem festangestellten Mitarbeiter, die Arbeit alleine zu bewältigen. Montag bis Freitag tun sie zehn, elf Stunden lang fast nichts anderes als die von Autohändlern angelieferten Altfahrzeuge zu verschrotten, am Samstag sind es vier bis fünf Stunden. Täglich macht das zwischen 20 und 30 Autos, rund 1000 waren es in den vergangenen drei Monaten und wenn der Run auf die Prämie weiter anhält, könnten es am Jahresende 2000, vielleicht sogar 3000 Fahrzeuge sein, die sie platt gemacht haben. Das wären dann bis zu viermal soviel wie in einem normalen Geschäftsjahr.

    Beim Verschrotten der Autos gehen Achim Hartmann und seine Brüder recht rustikal zur Sache. Eine hydraulische Presse haben sie nicht, also lassen sie mithilfe eines Greifers ein dreieinhalb Tonnen schweres Stahlteil aus vier Meter Höhe solange auf das zuvor „entkernte“ Auto fallen, bis es völlig zerdrückt ist. „Das dauert zwar etwas länger als mit einer Schrottpresse, ist aber mindestens genauso effektiv“, meint der älteste der Hartmann-Brüder. Wenn man sich anschaut, was von einem Auto nach der brachialen Prozedur übrig geblieben ist, muss man ihm beipflichten: 20, vielleicht 25 Zentimeter hoch ist der Blechhaufen, der eben noch ein funktionsfähiges Auto war.

    Mehrmals in der Woche werden die zerdrückten Autos von einem Transportunternehmer abgeholt, zu einem Schredderbetrieb in den neuen Bundesländern gefahren und dort recycelt. Vor dem Zusammenquetschen der Karosserie entfernte Bauteile wie Tanks, Reifen, Achsen oder Motoren werden zwischengelagert und nach und nach an verschiedene Wiederverwerter weiterverkauft.

    In der Regel sind die Autos, die abgewrackt werden, so alt und abgenutzt, dass die Hartmanns sie ohne schlechtes Gewissen verschrotten. Es sind meist Kleinwagen von deutschen und französischen Herstellern, die auf dem Gebrauchtwagenmarkt vielleicht noch 500 oder 1000 Euro bringen würden. Doch warum ein zehn Jahre alter und sehr gepflegt wirkender großer Opel mit wenigen Kilometern und völlig intaktem Motor in der Autoverwertung gelandet ist, kann Achim Hartmann ebenso wenig beantworten wie die Frage, warum sich der Besitzer einer Luxuslimousine von seinem Gefährt getrennt hat, bloß weil der Wagen einen Motorschaden hat. „Manchmal bekommen wir Autos herein, die viel zu schade sind zum Verschrotten.“

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