Die beiden als problematisch geltenden Wölfe in der Rhön sind nicht abgeschossen worden. Die Genehmigung der Regierung von Unterfranken dazu war offenbar rechtswidrig. Der jüngste Nachweis des Wolfspaars stammt von einem Riss am 16. November in der Rhön. Künftig soll es nach dem aktuellen Beschluss der Umweltminister von Bund und Ländern einfacher sein als bisher, Wölfe zu töten.
Konkret soll in Gebieten mit vielen Rissen bereits nach erstmaligem Überwinden des zumutbaren Herdenschutzes und dem Riss von Weidetieren eine Abschussgenehmigung möglich sein. Und zwar bis zu 21 Tage nach dem Riss und im Umkreis von bis zu 1000 Metern um die betroffene Weide.
Was heißt das für Unterfranken? Von der Regierung gibt es dazu lediglich diese Stellungnahme: "Die Regierung von Unterfranken kann auf diese neue Rechtsauslegung im Praxisleitfaden bei künftigen Entnahmeentscheidungen unmittelbar zurückgreifen." Bayern hatte den von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vorgelegten Vorschlägen zwar zugestimmt, Ressortchef Thorsten Glauber (Freie Wähler) gehen sie jedoch nicht weit genug.
CSU-Abgeordnete Weisgerber: "Schlag ins Gesicht der Weidetierhalter"
Auch die Schweinfurter Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, findet die neue Regelung unzureichend: "Die Beschlüsse der Umweltministerkonferenz sind ein Schlag ins Gesicht der Weidetierhalter, deren Tiere von Wölfen gerissen werden." Bundesumweltministerin Lemke verstecke sich beim Umgang mit dem Wolf weiterhin hinter "vermeintlichem EU-Recht".
Die "kleineren Korrekturen am bestehenden Praxisleitfaden Wolf" ließen es nur zu, einzelne problematische Tiere zu jagen, sagt Weisgerber. "Das eigentliche Problem, die immer größer werdenden Wolfsbestände, klammert sie völlig aus."
So sieht das auch Schäfer Julian Schulz aus Ginolfs (Lkr. Rhön-Grabfeld): "Der Ansatz ist gut, aber es ist nicht zielführend", meint Schulz, der seit kurzem Deutscher Hütemeister ist. Für dieses Jahr Schulz seine Herde von der Hochrhön heruntergetrieben. Seine Tiere sind zwar noch draußen, aber in der Nähe des Stalls. Zahlt der Schäfer zusammen, wie oft ein Wolf dieses Jahr Ziegen oder Schafe aus seiner Herde gerissen hat, kommt auf sechs Risse.
Jedes Mal habe das Raubtier einen 1,10 Meter hohen Herdenschutzzaun überwunden. Sein mobiler Zaun, den er jeden Tag neu stellen muss, sei mittlerweile mehrfach ohne Beanstandungen kontrolliert worden, sagt Schulz. Und er achte extra mit Stickeln darauf, dass es keinen Durchschlupf gibt.
Abschuss-Radius 1000 Meter: Für den unterfränkischen Bauernpräsidenten nicht ausreichend
Wie auch Schulz meint der unterfränkische Bauernpräsident Stefan Köhler, dass der Radius für die Abschusserlaubnis größer sein müsste - und der Zeitraum länger. Auch ein "Bestandsmanagement" brauche es, sagt Köhler. Viele Fragen würden auch nach dem Umweltminister-Beschluss offen bleiben: Wer trifft die Entscheidung für einen Abschuss? Ist die wieder beklagbar? Sollte die bayerische Wolfsverordnung ergänzt werden?
"Man erwischt den Wolf am besten, wenn man sich nach einem Riss in der nächsten Nacht da hinsetzt und wartet", sagt Köhler, Umweltpräsident im Bayerischen Bauernverband (BBV). Schnelle Entscheidungen seien nötig. Ansonsten müsse der "Entnahme-Umkreis" größer als ein Kilometer sein, sonst sei der Wolf womöglich schon woanders. In Österreich beträgt der Abschuss-Radius um einen Riss zehn Kilometer.
Bund Naturschutz: Entscheidend, dass es Herdenschutz gab
Der Bauernpräsident hält es indes für ein gutes Zeichen, dass zumindest die beiden großen Umweltverbände Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) nicht gegen die letztlich vorerst gestoppte Entnahme-Erlaubnis der beiden Wölfe in der Rhön geklagt hatten.
BN-Landeschef Richard Mergner, der in Ruppertshütten im Spessart aufgewachsen ist, hatte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur gesagt, dass er den Beschluss der Umweltminister für praxisnah und vertretbar halte. "Für uns ist entscheidend, dass ein Herdenschutz praktiziert wurde", so Mergner. Wenn Bayerns Ressortchef Torsten Glauber nun noch weitergehende Regelungen fordere, sei dies "eines Umweltministers, der sich für Problemlösungen einsetzen soll, unwürdig".