Welche der Extratouren in der Rhön ist die Schönste? Über die Frage lässt sich trefflich streiten. Jede dieser aktuell 25 Runden hat schließlich viel zu bieten und ihren eigenen Reiz. Richtet man sich nach dem Urteil der Fachleute, ist Sache klar. Die „Hochrhöntour“ ist nicht nur die am höchsten bewertete Extratour in der Rhön, diese Strecke durch das Naturschutzgebiet Lange Rhön wurde vor Jahren als eine der drei schönsten Wandertouren in Deutschland überhaupt geadelt. „Wer in der Rhön wandert und diese Extratour nicht kennt, hat etwas verpasst“, lautete das Fazit des deutschen Wanderinstituts.
Man mag das zunächst nicht glauben, wählt man die Thüringer Hütte am Ilmenberg als Startpunkt und will die die Runde gegen den Uhrzeigersinn absolvieren. Der durchweg perfekt markierte Weg mit dem roten H auf weißem Grund ist zwar schnell gefunden, aber es geht zunächst auf einem asphaltierten Sträßchen eher unspektakulär bergan.
Weil sich der Start zu der mit fünf Stunden Dauer angegebenen Tour wegen des aktuellen Arbeitsanfalls in den Nachmittag verschoben hat, fällt der Abstecher nach wenigen Metern über einen kaum im Gras erkennbaren Weg zum Nixenteich, einem kleinen Wasserfall im Oberelsbacher Graben, aus. Bis zur Dunkelheit könnte es knapp werden.
Wenig später lenkt eine Schaf- und Ziegenherde mit zahlreichen putzigen Lämmchen alle Blicke auf sich. Das werden nicht die einzigen Schafe bleiben, die auf diesem Weg durch das größte außeralpine Naturschutzgebiet in Bayern zu sehen sein werden. Denn verschiedene Schafherden sind in der „Langen Rhön“ unterwegs, um einen Beitrag zu leisten, die deutschlandweit einzigartige Wiesenlandschaft offenzuhalten. Die Lange Rhön gilt bundesweit als eine der artenreichsten Regionen und als das Juwel Rhön.
Und das Wandern durch diese offene Landschaft, durch eine scheinbar unberührte Natur ohne Zäune und fast ohne Gebäude macht neben den grandiosen Aussichten den Reiz dieser Tour auch aus. Wenn im weiteren Verlauf dann endlich auch ein Schotterweg verlassen wird, ist man mitten in der Rhöner Wiesenlandschaften mit einzelstehenden Bäumen und Büschen oder abgestorbenen Baumriesen unterwegs.
Ein genauerer Blick auf die Wiesen trübt diesen Eindruck allerdings etwas. Auch im Herbst lässt sich erkennen, wie weit die Lupinen-Invasion hier schon vorgedrungen ist und die ursprünglich so artenreichen Rhöner Wiesen zu verdrängen droht.
Weg keinesfalls verlassen
Auch nachdem die Hochrhönstraße überquert ist, geht es weiter bergauf dem Stirnberg entgegen. Unter einer Birke lässt es sich auf einer Bank nicht nur ausschnaufen, zum ersten Mal auf dieser Tour kann man auch einer der grandiosen Ausblicke genießen, die diese Tour ebenfalls prägen. Der Blick reicht – passendes Wetter vorausgesetzt – weit nach Osten ins Thüringische hinein.
Wenige Meter weiter ist das Hochplateau erreicht und es geht weitgehend eben auf Gras- und Schotterwegen durch die Wiesen, mit ihren zahlreichen geschützten Pflanzenarten, die nur durch eine extensive Bewirtschaftung dauerhaft so erhalten werden können. Diese Landschaft und die hier vorkommenden seltenen Tierarten sind sehr störungsanfällig, weshalb die Verantwortlichen für das Naturschutzgebiet nachdrücklich darauf hinweisen, dass die Wege nicht verlassen werden dürfen.
Man kann den Blick jetzt in Richtung der beiden Sendemasten am Kreuzberg und Heidelstein schweifen lassen und die Landschaft genießen. Den Weg, der hier nun identisch mit dem Hochrhöner ist, kann man kaum verlieren. Nach einem Waldstück erreicht man die bayerisch-hessische Grenze, erkennbar an historischen Grenzsteinen, die einst das Königreich Bayern (KB) und das Königreich Preußen (KP) trennten.
Auf diesem besonders idyllischen Weg am Waldrand läuft man gradewegs auf den Heidelstein-Sendemast zu. Damit man die großartige Aussicht auf die hessische Rhön mit Wasserkuppe oder Milseburg genießen kann, sind hier gleich mehrere Rastmöglichkeiten errichtet worden.
Durch Wald und Wiesen nähert man sich allmählich der Schornhecke, wird aber jäh von einem Verbotsschild gestoppt. In dem Waldstück werden gerade Fichten gefällt, damit sich die Natur in dieser Kernzone des Biosphärenreservats künftig ohne menschliche Eingriffe entwickeln kann. Eine gut ausgeschilderte Umleitung führt um das Waldstück herum, bis der Parkplatz Schornhecke, ein weiterer Einstiegspunkt in die Tour erreicht ist.
Nun geht es dem Heidelstein, beziehungsweise dem danebenliegenden Schwabenhimmel entgegen. Der Anstieg ist auch hier etwas kräftezehrend, der Wanderer wird aber vom Anblick eines Meers von wattigen Haarschöpfen der Weideröschen, der rot leuchtenden Beerenpracht der Ebereschen und vom Ausblick über die weiten Rhöner Matten am Elsquellgebiet entlohnt. Auch bietet sich nach dem halben Anstieg eine Bank für eine Trinkpause und das Genießen der Aussicht an.
Barfuß bergab
Nun ist es nicht mehr weit, und der höchste Punkt der Tour, der Schwabenhimmel ist erreicht. Um die Gedenkstätte, die der Rhönklub hier errichtet hat, finden sich einige Bankgruppen, womit sich dieser Bereich für eine größere Rast anbietet – zumal hier gut die Hälfte der Strecke bewältigt ist.
Manch einer zieht Schuhe und Strümpfe aus, wenn es im weiteren Verlauf einen schmalen, angenehm weichen Grasweg hinab in Richtung Hochrhönstraße geht. Neben diesem ungewöhnlichen Wandergefühl begeistert auch hier ein grandioser Blick über die Wiesenlandschaft und weit über die Rhön hinaus – ob das wirklich die Kühltürme des früheren Kernkraftwerkes Grafenrheinfeld sind, die man ganz in der Ferne zu erahnen glaubt, sei dahingestellt.
Die Wiesenlandschaft, in der die ersten Herbstzeitlosen den Herbst ankündigen, setzt sich fort, auch nachdem die Hochrhönstraße wieder gequert ist. Nach einem kurzen Waldstück ist ein nächster Höhepunkt der Tour erreicht. Der idyllische Basaltsee im ehemaligen Steinbruch Steinernes Haus ist an diesem Abend Treff einiger geduldiger Angler. Am Kiosk von Johannes Gründl kann der Wanderer eine Pause einlegen und sich mit Kuchen oder Gegrilltem stärken.
Unterhalb des Maihügels geht es nun durch eine etwas verbuschte, aber nicht weniger reizvolle Wiesenlandschaft der Rhönfee und dem Franzosenweg entgegen. Nicht nur, dass um die Abendstunde kaum Wanderer unterwegs sind, erweist sich der späte Startzeitpunkt als Vorteil. Denn nun lässt sich ein grandioser Sonnenuntergang erleben, während im Osten der Mond am Himmel zu leuchten beginnt.
In der Dämmerung geht es nach dem Franzosenweg auf der Hangen Leite bergauf. In der Ferne ist beruhigenderweise schon die Bergstation des stillgelegten Ilmenbergliftes zu erkennen. „Genießen, genießen, genießen“, heißt es auch auf dieser letzten Etappe des Wegs, die teils auf Bohlen durch die feuchten Wiesen führt.
Auf der früheren Skipiste geht es nun steil bergab, bis die Thüringer Hütte, das Ziel der Wanderung, gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit erreicht ist. Nun macht sich ein Nachteil der späten Wanderzeit bitter bemerkbar. Die Hütte ist geschlossen. Den berühmten Windbeutel muss es eben ein andermal geben.
Länge: 14,8 Kilometer Dauer für Genießer: 5 Stunden Aufstiegshöhenmeter: 341 Meter Schwierigkeit: Mittel Höchster Punkt: 910 Meter Markierung: Rotes „H“ auf weißem Grund Startpunkte: Parkplätze Basaltsee, Schornhecke oder Thüringer Hütte Gastronomie direkt am Weg: Thüringer Hütte oder Kiosk am Basaltsee Tag der Tour: Dienstag, 13. September GPS-Track: www.wanderinstitut.de/premiumwege/bayern/hochrhoentour/
10 Jahre Hochrhöner Der Hochrhöner wird in diesem Herbst zehn Jahre alt. Grund genug, in einer kleinen Serie verschiedene Aspekte dieses Erfolgsprojekts zu beleuchten und verschiedene Extratouren, die um den Hochrhöner herum angelegt wurden und noch werden, einmal kurz vorzustellen. Dabei werden Einstiegspunkte genannt, die natürlich beliebig ausgewählt sind. Auch die Richtung, in der die Rundwege begangen werden, ist natürlich umkehrbar. Einen solchen Wanderweg einmal andersherum zu laufen, bietet durchaus ganz neue, zusätzliche Eindrücke. Nach dem Start mit der Extratour Michelsberg bei Münnerstadt ist nun die Hochrhöntour in der Langen Rhön an der Reihe. In der nächsten Folge der Serie nehmen wir dann den Point-Alpha-Weg bei Geisa unter die Wanderstiefel. TOP