Vor 80 Jahren, vom 7. bis 9. April 1945, wurde das Gebiet, das den heutigen Landkreis Rhön- Grabfeld umfasst, im Verlauf des Zweiten Weltkriegs durch Truppen der 3. und 7. US- Armee unter Generalmajor George S. Patton erobert.
Die Truppen rückten Anfang April 1945 zunächst auf der Linie Hanau-Fulda vor. Dann wandte sich ein Regiment nach Südosten und stieß auf der Linie Fulda – Ostheim - Königshofen i. Gr. - Bamberg vor.

Der US-Einmarsch in Bischofsheim und Bad Neustadt
Adam Enders aus Bischofsheim hielt in seinem Tagebuch fest: „Der Einzug der Amerikaner in Bischofsheim war am 7. April 1945. Die Einwohner waren während des Artilleriebeschusses in die Keller geflüchtet. So sind wir sieben Stunden in den Kellern gewesen von früh 7 Uhr bis nachmittags 2 Uhr und haben die Granaten über die Häuser hinweg zischen und explodieren hören. Die Leute haben laut gebetet. Um 2 Uhr nachmittags kamen die Amerikaner mit Panzern. Die weiße Flagge wurde gehisst. Über 50 Anwesen in Bischofsheim und Haselbach waren artilleriebeschädigt. Ein Wunder war es, dass kein Mensch dabei umkam.“
Nächstes Ziel der vorrückenden Amerikaner war Bad Neustadt. Das 48. amerikanische Panzerbataillon der 14th Armored Divison erreichte am 7. April gegen 16.30 Uhr die Stadtgrenze und schloss einen Panzerring um die Stadt. Einige Panzer drangen durch die Meininger Straße in die Stadt ein.
Sie wurden mit Granatwerfer- und MG-Feuer empfangen. Vom Zwinger oberhalb des Zollbergs her leistete die SS heftigen Widerstand. Die Panzer schossen einen mit Munition beladenen deutschen Pkw am Eingang zur Weingasse in Brand. Das Kaufhaus Baier wurde daraufhin ein Raub der Flammen. Die Panzerspitze durchrollte die Stadt und bezog am Hohntor und am Prehwerk Position.
Der Fabrikant Jakob Preh versuchte dort mit amerikanischen Offizieren wegen der Übergabe der Stadt zu verhandeln; doch diese verlangten den Bürgermeister. Also zog Preh in Begleitung von drei Amerikanern mit der weißen Fahne durch die Hohnstraße zum Rathaus, traf hier aber den 2. Bürgermeister Bonfig nicht an. Eine städtische Angestellte wies ihn deshalb zu dessen Wohnung.
Doch kaum hatte Preh das Rathaus verlassen und mit der weißen Fahne den Weg in Richtung Marktplatz eingeschlagen, traf ihn der tödliche Schuss eines SS-Untersturmführers von der Ecke der Klostergasse her ins Herz. Schließlich kam Bonfig ins Rathaus und übergab nach einigem Zögern im Beisein von Landrat Stümmer die Stadt an die Amerikaner. Vor Ablauf einer halben Stunde wurde überall in Bad Neustadt die weiße Fahne gehisst. Die SS verließ die Stadt in Richtung ihrer Auffangstellung Salzburg.
Ein Volkssturmführer und 15 Jungen, die zum Volkssturm verpflichtet waren, verloren ihr Leben. Und auch in der Stadt gab es Tote. Die Stadt war zwar gerettet, doch am späten Abend wurde sie noch von deutscher Artillerie aus Richtung Strahlunger Höhe unter Beschuss genommen. Am Sonntag, 8. April 1945, aber war für die Bevölkerung von Bad Neustadt die Kriegsgefahr vorüber.

Kurioses rund um Ostheim vor der Rhön
Am 6. April befand sich eine Kompanie in Melpers kurz vor Fladungen. Ein Zugführer des US-Armee hatte fälschlicherweise gesagt bekommen, dass die in seinem Abschnitt liegenden Orte Nordheim, Ostheim und Stockheim bereits „feindfrei“ seien. Also fuhr er am 7. April 1945 einfach mit seinen Soldaten los, wobei die Zivilbevölkerung in diesen Orten ziemlich verdutzt war. Einerseits machte der Zug eine Menge völlig überraschter Kriegsgefangener, anderseits fuhren sie ahnungslos an vielen deutschen Soldaten einfach vorbei. Als sie schließlich erfuhren, dass die Gegend in Wirklichkeit noch gar nicht freigekämpft worden war, dachten sie an die vielen deutschen Soldaten, an denen sie vorbeigefahren waren und hatten dabei ein mulmiges Gefühl.
Der US-Einmarsch in Mellrichstadt und Königshofen
Am 7. April wurde die anrückende US-Army am Ortseingang von Mellrichstadt durch Infanteriefeuer und Panzerfaustbeschuss gestoppt. Sturmgeschütze wurden in Stellung gebracht und feuerten in die Stadt und auf die dahinter liegenden Hügel, wo deutsche Soldaten auf dem Rückzug beobachtet wurden. Nach Vorbereitung durch Granatwerferfeuer fuhr die US-Army schließlich wild feuernd von Norden in die Stadt.
Viele Gebäude brannten infolge des Artilleriebeschusses, aber es gab noch eine Menge Heckenschützen. Ein US-Gefreiter sicherte eine Seitenstraße, als er einen vermeintlichen deutschen Soldaten auf einem Fahrrad die Straße herunter auf sich zurasen sah. Der Gefreite erschoss ihn. Später fanden die amerikanischen Soldaten heraus, dass der arme Kerl nur ein Feuerwehrmann in Uniform mit Namen Alfred Geis gewesen war, der sein brennendes Anwesen retten wollte. Die Zahl der deutschen Verteidiger wurde auf 150 geschätzt. Die US-Kompanie musste hart kämpfen, bis die Stadt gegen 18 Uhr „feindfrei“ war.

Der 8. April, ein Weißer Sonntag, war ein kühler Tag mit strahlendem Sonnenschein. An diesem Tag hatte das Kavallerie-Regiment 106 den Vormarsch der 45. Infanteriedivision auf Königshofen durch Vorausaufklärung zu unterstützen. Diese führte den Vorstoß entlang der Linie Mellrichstadt - Hendungen - Irmelshausen - Königshofen und entlang der Linie Eußenhausen - Berkach - Behrungen - Irmelshausen - Königshofen.
Kaum hatte eine Kompanie Mellrichstadt verlassen, erkannte sie gegen 8 Uhr von Reuthof aus etwa 500 deutsche Soldaten zu Fuß auf ihrer rechten Flanke ostwärts von Oberstreu und nahm sie sofort unter massives Feuer. Wenig später erreichte die Kompanie Hendungen, danach Rappershausen, Rothausen und Höchheim, ohne auf Widerstand zu stoßen. Eine weitere Kompanie war schon früh am Morgen in der Nähe von Rentwertshausen in ein Gefecht verwickelt, bei dem sie elf Gefangene machte.
Ein Mandat für das Schloss in Irmelshausen
Danach wurde Irmelshausen unter Oberst Vennard Wilson ohne Widerstand erreicht. Dieser besichtigte das Bibra-Schloss und stellte ein Mandat aus, dass dieses nicht geplündert werden darf. Es wurde am Eingangsportal angebracht. Bei Ottelmannshausen traf die Kompanie auf eine deutschen Lkw-Kolonne und zerstörte drei Fahrzeuge. Dann rückte sie in Königshofen ein und wurde vom Krankenhaus unter Feuer genommen. Dort, wo heute die Ausfahrt vom Sparkassenparkplatz ist, fiel ein amerikanischer Zugführer, und zwar Leutnant Benjamin S. Hill aus Detroit.

In einem ersten Versuch zu klären, ob die Stadt noch feindbesetzt war, ging Leutnant Hill mit einem Trupp seines Zuges zu Fuß vor. Dabei traf ihn aus dem Hinterhalt der Schuss eines Scharfschützen der Waffen-SS tödlich. Sein Trupp zog sich nun zurück, bis die Spähpanzer nachgerückt waren. Erst gegen 13.40 Uhr, nach einem Vorstoß aller drei US-Kompanien des Bataillons 121, war der Widerstand einiger deutscher Soldaten und versprengter Schützen beendet. Um 14.15 Uhr war Königshofen „feindfrei“. Um 15.10 Uhr verließ die C-Kompanie die Stadt und setzte ihren Vormarsch fort.
Auf ihrem weiteren Weg meldete sie sich um 16.25 Uhr in Gabolshausen, eine gute halbe Stunde später in Untereßfeld und bald danach beim Bereinigen einer Straßensperre in Obereßfeld. Danach stieß sie nur noch auf minimalen Widerstand, hatte aber um 17.40 Uhr noch mit vereinzelten Schützen in Sulzdorf a. d. Lederhecke zu tun.
Der Tod von US-Soldat Harold G. Franklin

Der US-Soldat Harold G. Franklin fiel in der darauffolgenden Nacht bei Sulzdorf einer Granatenattacke der Deutschen, die – zivil gekleidet – gegenüber den Amerikanern behaupteten, Kriegsgefangene zu sein, zum Opfer. Bei Trappstadt wurden die Amerikaner gegen 17.17 Uhr mit zehn Raketen beschossen. Um 18.41 Uhr wurde Sternberg beschossen, nachdem dort über den dahinter liegenden Büchelberg flüchtende deutsche Soldaten von der Luftaufklärung gemeldet wurden. Drei Scheunen gingen in Flammen auf.
Nicht beschossen wurde jedoch das Schloss, da man annahm, es sei ein Kloster. Außerdem war es bei den Planungen als Kommandostelle für die US-Besatzungsmacht nach Kriegsende vorgesehen. Die B-Kompanie geriet am Abend auf ihrem weiteren Vormarsch einen Kilometer westlich von Trappstadt unter Feuer, zerstörte südlich des Marktes einen Wehrmachtsbus und zog über Alsleben nach Gompertshausen, an dessen Ortsrand noch drei Lkw zerstört wurden.
Der US-Truppenteil blieb in Gompertshausen und führte ebenfalls ab 19.30 Nachtsicherung durch. Die A-Kompanie fuhr gegen 21.00 Uhr ins benachbarte thüringische Rieth und erkannte, dass der Ort noch von starken deutschen Kräften besetzt war. In Anbetracht der Tageszeit zog sich die Kompanie auf eine Höhe westlich des Ortes ebenfalls zur Nachtsicherung zurück.
Am 9. April setzte das Regiment seinen Vormarsch in Richtung Coburg und Bamberg fort. Und damit war der Zweite Weltkrieg in Rhön-Grabfeld schon lange vor dem offiziellen Kriegsende am 8. Mai 1945 beendet.
Literatur: Dr. Ludwig Benkert: Bad Neustadt an der Saale – Die Stadtchronik, Bad Neustadt 1985; Hennig Hofmann: Ein paar Tage im April 1945, Heimatjahrbuch Rhön-Grabfeld 2000; Reinhold Albert: Chronik von Bischofsheim i. d. Rhön, Bischofsheim 2010.