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Oberelsbach: Wie Wölfe ums Leben kommen: Mehr als jeder zehnte tot aufgefundene Wolf wird illegal erschossen - woran sterben die anderen?

Oberelsbach

Wie Wölfe ums Leben kommen: Mehr als jeder zehnte tot aufgefundene Wolf wird illegal erschossen - woran sterben die anderen?

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    Beim Totfund-Monitoring am Leibniz-IZW werden unter anderem die Todesursache, Krankheiten und Mageninhalte untersucht. Obwohl Wölfe als streng geschützte Art in Deutschland nicht bejagt werden dürfen, schießen immer wieder Menschen verbotenerweise auf diese Raubtiere. 
    Beim Totfund-Monitoring am Leibniz-IZW werden unter anderem die Todesursache, Krankheiten und Mageninhalte untersucht. Obwohl Wölfe als streng geschützte Art in Deutschland nicht bejagt werden dürfen, schießen immer wieder Menschen verbotenerweise auf diese Raubtiere.  Foto: Marielle van Uitert/Leibniz-IZW/dpa

    In der Rhön nimmt die Zahl der Wölfe ebenso zu, wie die Probleme mit ihnen. Allerdings attackieren Wölfe nicht nur Weidetiere, sie leben selbst auch nicht ungefährlich. Alleine aus dem ersten Wurf des Rudels, das in Wildflecken lebt, wurden schon vier Tiere tot aufgefunden.

    Was passiert mit einem tot aufgefundenen Wolf?

    Seit dem Jahr 2006 obduziert das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibnitz-IZW) in Berlin nahezu alle tot aufgefundenen Wölfe in Deutschland. Untersucht werden Todesursache, Gesundheitszustand und auch Mageninhalt der Tiere. Seit einigen Monaten werden allerdings so viele tote Wölfe gemeldet, dass nur noch etwa jedes zweite Tier in die Wildtierpathologie gebracht wird. Vor Kurzem lag der 1000. tote Wolf auf dem Seziertisch der Fachleute. Es handelte sich um eine Wölfin, die mit sechs Welpen trächtig war.

    Was ist die häufigste Todesursache?

    Die tote Wölfin, also der 1000. Fall, starb bei einem Verkehrsunfall. "Unsere Daten zeigen, dass rund drei Viertel der toten Wölfe an einer Kollision im Verkehr sterben – zumeist mit Autos auf Landstraßen oder Autobahnen", sagt die verantwortliche Pathologin Claudia Szentiks. Besonders junge Wölfe, die ihr Elternrudel verlassen und nach einem neuen Territorium suchen, würden häufig Opfer von Verkehrsunfällen. Das trifft auch auf die getöteten Rhöner Wölfe zu. Drei von ihnen starben bei Kollisionen mit Fahrzeugen, bei einem Tier konnte die Todesursache nicht ermittelt werden.

    Was sind weitere Todesursachen?

    Marie Neuwald, Referentin Wolf beim Naturschutzbund (Nabu), merkt an, dass der Straßenverkehr zwar eine Gefahr darstelle, aber den Wolfsbestand nicht massiv einschränke. Auch gebe es durchaus andere Todesursachen, die aber im Totfund-Monitoring nicht so häufig auftauchten. "Die Wölfe, die an anderen Ursachen sterben wie Krankheiten und Auseinandersetzungen mit anderen Wölfen, werden eher nicht gefunden, denn sie legen sich nicht auf einen Waldweg, um zu sterben."

    Einige Wölfe, das zeigt sich im Leibniz-IZW, sterben auch durch Magen-Darm-Risse, etwa durch spitze Knochen in der Nahrung. Manchmal wurden ihnen auch Verletzungen von potenziellen Beutetieren zugefügt, etwa von Wildschweinen. "Wölfe haben hierzulande zwar keine natürlichen Feinde", erklärt Neuwald, "aber es gibt kein unkontrolliertes Wachstum des Bestandes, die Wölfe sind trotzdem Risiken und Gefahren ausgesetzt."

    Wie viele Wölfe werden von Menschen legal und illegal geschossen?

    Wölfe sind in Deutschland streng geschützt. Trotzdem sei jeder zehnte eingelieferte Todfund auf ihrem Tisch illegal geschossen worden, erklärt die Veterinärpathologin Szentiks. "Tatsächlich finden wir sogar in 13,5 Prozent aller untersuchten Wölfe Hinweise auf eine Straftat wie zum Beispiel den illegalen Beschuss, wobei die Tiere nicht immer daran sterben."

    Viel geringer ist die Zahl der legal getöteten Wölfe, etwa weil sie sich Menschen gegenüber auffällig verhalten. "Insgesamt 17 Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen der Bundesländer entnommen", heißt es vom Bundesamt für Naturschutz in Bezug auf die gesamte Zeit seit 1990.

    Wie viele Wolfs-Abschüsse wurden schon bestraft?

    Der vorsätzliche Abschuss eines Wolfes ist in Deutschland eine Straftat und wird mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet. Finden die Tierpathologen bei der Untersuchung im Computertomografen etwas, geben sie die Bilder und Kugelteile an die Staatsanwaltschaft weiter. Eine Verurteilung habe es seines Wissens daraufhin aber noch nicht gegeben, erklärt Hofer. Nabu-Referentin Neuwald fordert, dass die Behörden den Artenschutz ernster nehmen - dann könne man auch zu Ermittlungserfolgen kommen.

     Ein toter Wolf wird in einem Forschungs-Computertomographen untersucht.
     Ein toter Wolf wird in einem Forschungs-Computertomographen untersucht. Foto: Marielle van Uitert/Leibniz-IZW/dpa

    Was wird bei der Untersuchung getöteter Tier noch untersucht?

    Analysen des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz (SMNG) haben ergeben, dass die Wölfe sich überwiegend von Rehen, Wildschweinen, Rothirschen und Damhirschen ernähren. Das macht 90 Prozent ihrer Nahrung aus. Im Magen der toten, trächtigen Wölfin wurde hingegen eine Nutria gefunden, also ein aus Südamerika stammendes Nagetier. Dies zeige, dass die Wölfe hinsichtlich ihrer Nahrung eine gewisse Flexibilität aufweisen, meint Hofer.

    Welchen Anteil an der Ernährung machen Nutztiere aus?

    Immer wieder reißen Wölfe auch Schafe oder Ziegen. Diese Weidetiere machten aber nur 1,6 Prozent der Nahrung aus, sagt Hofer. "Im Beutespektrum des Wolfes ist das fast vernachlässigbar, aber für die Weidehalter ist es überhaupt nicht vernachlässigbar." Die Schafbesitzer müssten ernst genommen werden. "Wir müssen ihnen großzügig die Möglichkeit geben, ihre Tiere zu schützen, etwa mit Zäunen, und sie großzügig entschädigen, schnell und unbürokratisch. Das ist eine wichtige Sache."

    Nabu-Fachfrau Neuwald meint, vor allem bessere Zäune könnten gut gegen Wolfsrisse helfen. Wölfe zum Abschuss freizugeben, sei hingegen keine geeignete Maßnahme. Schließlich seien die Nutztiere vor allem nachts alleine auf der Weide - entwickelten Wölfe Angst vor Menschen mit Gewehren, nütze das den Schafen und Ziegen in der Nacht wenig.

    Welche Rolle haben Wölfe im Ökosystem?

    "Wölfe sind hier heimisch, haben eine gute Nahrungsgrundlage und einen Lebensraum, sind selbst wieder hergewandert - warum sollten sie hier nicht leben?", fragt Neuwald. Außerdem spielten sie eine wichtige Rolle im Ökosystem, weil sie die Populationen der Beutetiere in Schach halten. "Sie gehen auf die schwachen und kranken Tiere sowie die Jungtiere."

    Hofer vom Leibniz-IZW weist ebenfalls darauf hin, dass es derzeit in Deutschland jede Menge Rehe, Wildschweine und Hirsche gibt - auch durch die Pflege der Jägerschaft. "Die Jäger haben selbst dafür gesorgt, dass der Wolf nun ideale Bedingungen hat." Allerdings sei die Lage insgesamt sehr komplex. "Man sollte den Jägern sehr sorgfältig zuhören", rät er.

    Mit Material von dpa

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