Es ist ein guter Tag für Hendungen, dieser Samstag, 26. Juni 2010: Zum Patrozinium Peter und Paul öffnet die Kapelle Oberdorf wieder ihre Eingangstür und um 19 Uhr feiert Pfarrer Florian Judmann dort den Festgottesdienst. Aus besonderem Anlass freudig und dankbar, denn die Renovierungsarbeiten sind weitgehend abgeschlossen. Nun ist die Kapelle wieder ein Ort der Gottesdienste, des Gebets und der inneren Einkehr.
Zuvor war die Tür der Oberdorf-Kapelle jahrelang fest verriegelt gewesen. In den Wänden der Kapelle waren große Risse entstanden und die Steine des Chorbogens drohten einzustürzen. Die Folge: Der öffentliche Zugang zur Kapelle wurde gesperrt. Und – als erster Schritt – wurde mittels eines Holzfachwerks eine Notsicherung eingebaut. Ein Baugrundgutachten hatte jedoch keinen Aufschluss über die Ursachen der Setzungen geben können.
Mit dem Architekturbüro Volker Eppler (Heustreu) gingen die Pfarrei St. Alban und die Kirchengemeinde Hendungen ans Werk, die notwendigen Sanierungsschritte einzuleiten. Der erste Bauabschnitt war auf die statische Sanierung der Oberdorf-Kapelle ausgerichtet, die wesentlichen Maßnahmen dabei waren die Notsicherung des Chorbogens und die statische Sicherung der Chorwand mittels Zugankern, wie Architekt Volker Eppler auf Anfrage dieser Zeitung auflistet. Ein Schwerpunkt in diesem Bauabschnitt lag darauf, ein sogenanntes Ringankersystem mittels Kernbohrungen und Spannankern zu erstellen. Diese Arbeiten wurden im Sommer 2009 ausgeführt, die Kosten bezifferte der Architekt auf etwa 47 500 Euro.
Die Innen-Renovierung – der folgende zweite Bauabschnitt – umfasste die komplette Restaurierung der Raumschale. Zunächst wurden die alten, unsachgemäßen rauen Farb- und Putzschichten entfernt. Nach dem Schleifen der Holz-Bankpodeste wurden das gesamte Gestühl und die Kirchenbänke überarbeitet. Die Altäre mit den Heiligenfiguren wurden gereinigt, Fehlstellen retuschiert und die Vergoldung aufgefrischt. Das Kirchenschiff erhielt vier neue Leuchten, zwei vorhandene wurden restauriert. Mit den Innenarbeiten, die von April bis Juni gedauert und etwa 115 000 Euro gekostet haben, ist die Gesamtsanierung nach Angaben des Architekturbüros weitgehend abgeschlossen. Lediglich kleinere Arbeiten an der Ausstattung sind noch zu machen.
Nach dem Festgottesdienst lädt der Pfarrgemeinderat zum abendlichen Pfarrfest vor der Kapelle ein.
Die Oberdorf-Kapelle
Nach der Hendunger Dorftradition wird „Oberdorf“ als Name eines längst vergangenen Ortsteils von Hendungen angesehen. Wie Alois Kraus in seiner Chronik „1200 Jahre Hendungen“ recherchierte, sprechen verschiedene Umstände und Fakten für die Richtigkeit dieser Volkssage: „So erscheint der Name Oberdorf bereits 1317 in einem Hennebergischen Lehensverzeichnis. Die Tatsache, dass das Oberdorf zehntpflichtig war, dürfte dafür sprechen, dass hier Leute wohnten und dass es sich also um einen eigenen Ortsteil handelte.“ Von der Kapelle Oberdorf, die den Aposteln Petrus und Paulus geweiht ist, erfährt man erstmals im Jahre 1404. Im Zuge der Reformation und Glaubenskriege wurde die Kapelle Mitte des 16. Jahrhunderts zerstört. Seit 1557 wurde sie als Steinbruch genutzt, 1623 soll sogar noch ein Altarstein der Kapelle im Gemeindewirtshaus zu Hendungen gestanden haben. Anderthalb Jahrhunderte vergingen, bis 1695 der Wunsch geäußert und der Antrag gestellt wurde, die Kapelle wieder erstehen zu lassen. 1701 wurde sie dann von Grund auf neu erbaut. Die Kapelle wurde 1956 unter Pfarrer Egid Föst renoviert. Die Altäre wurden restauriert, ein neuer Fußboden gelegt, neue Türen angefertigt und Wände und Decke getüncht. Die heutige Einrichtung der Kapelle zeigt den Hochaltar, der aus dem Jahr 1703 stammt. Es ist ein viersäuliger Aufbau mit gebrochenen Giebeln. Die Seitenaltäre sind beide zweisäulig mit korinthischen Kapitellen. Die Stuckdecke ist eine Rahmenwerk mit Muscheln, Akanthus und Puttenköpfchen aus der Zeit des Neubaus der Kapelle. sto