Etwas holpriger als erwartet verlief diese Woche der Aufbau des Zirkuszelts von Charles Knie in Bad Neustadt: Ein Nierenstein und die Sanierung der Falaiser Brücke waren Hürden, über die Sascha Melnjak als erfahrener Zirkusdirektor glücklicherweise nicht stolperte. Wobei der Wettergott und das Bad Neustädter Ordnungsamt offensichtlich dazu beitrugen, dass das Zirkus-Ensemble nun doch freudig auf die Premierenvorstellung diesen Donnerstag um 16 Uhr blicken kann.
Vergangenen Freitag dominierte kurzzeitig Ratlosigkeit beim Zirkus-Team. Aufgrund der Baustelle rund um die Falaiser Brücke konnte das Zirkuszelt nicht wie geplant auf dem Festplatz aufgestellt werden, erzählt Direktor Melnjak rückblickend. Denn dann wäre die Festplatz-Straße entlang der Parkplätze aufgrund der Breite des Zeltes nicht passierbar gewesen. "Ich kann aber doch mein Zelt nicht auseinanderschneiden", habe er im Gespräch mit dem Ordnungsamt um Verständnis gebeten. Die Stadt bot dem Zirkus daraufhin die Saalewiesen als Ausweichort.
Nur bei trockenem Untergrund kann in Bad Neustadts Saalewiesen gut auf- und abgebaut werden
"Ein Aufbau dort kam nur bei trockener Witterung infrage", sagt Melnjak. Bei schlammigem Untergrund hätten die schweren Transporter leicht stecken bleiben können. "In Bad Neustadt bleibt es oft trocken, auch wenn Regen angesagt wird", habe man ihm vonseiten des Ordnungsamtes Mut zugesprochen, schmunzelt Melnjak. Bereits das Unwetter Dienstagabend lehrte ihn das Gegenteil: "Alles gut", vermeldete der Zirkuschef dennoch am Mittwochmorgen. Kurz und heftig sei das Gewitter gewesen, "aber der Boden war sehr trocken, dadurch wurde es nicht matschig".

Glück allein reicht im Zirkusleben aber nicht aus: Neben "Arbeit und Fleiß", die laut Melnjak unabdingbar für den Erfolg seien, braucht es offenbar eine gewisse Zähigkeit, die Zeltmeister Ionut Calin beweist. Dem jungen Mann macht dieser Tage ein Nierenstein das Leben schwer. Nichtsdestotrotz überwachte er Dienstagmittag lächelnd den Zeltaufbau, bevor er weiter nach einem Arzt telefonierte, der ihn kurzzeitig behandeln kann.
Die größte transportable Wasserbühne Europas bringt 100.000 Liter Wasser zum Tanzen
Seit Juni vergangenen Jahres zieht der Zirkus Charles Knie mit "Europas größter transportabler Wasserbühne" durch die Lande: 100.000 Liter Wasser würden bei der Show in der Manege auf drei hydraulisch ausfahrbaren Ebenen zum Tanzen gebracht. In Bewegung gesetzt werden sie von 300 Pumpen. 400 Licht- und Lasereffekte "fluten alle Sinne".
Nach coronabedingter zweijähriger Zwangspause habe man sich "neu erfinden wollen", erzählt Melnjak. Der Zirkus Charles Knie setze seither auf Technik, weniger auf Tiere. "Schnell, spritzig, kurzweilig und zu keiner Sekunde langweilig" sei das Programm.
Warum sich Zirkusdirektor Sascha Melnjak für eine Neuausrichtung entschied
Nur Papageien und Pudel sind noch in der Show zu sehen. Verschiedene Gründe hätten zu dieser Entscheidung geführt: Der Tierlehrer sei im vergangenen Jahr so schwer krank gewesen, sodass zunächst unklar war, ob er mit auf Tour kommen könne. Zeitgleich habe eine externe Firma die Wasserbühne zur Miete angeboten. Dazu kam Melnjaks "Lust, was Neues anzupacken".

"Es war ein Experiment und Wagnis", wie Melnjak sagt. Eines, das geglückt sei. Allein in der letzten Woche in Würzburg hätten 15.000 Besucher elf Vorstellungen besucht. "Das hat uns mehr als positiv überrascht."
Keine prinzipielle Entscheidung gegen Tiere im Zirkus
Eine prinzipielle Entscheidung gegen Tiere im Zirkus sei das neue Programm nicht. "Ich bin ein großer Freund von Tieren im Zirkus wie auch ein großer Tierfreund." Er selbst habe drei Hunde aus dem Tierschutz aufgenommen. "In einem gut gemachten Zirkus, kann man Tiere gut halten", ist Melnjak überzeugt.
Aber er gesteht ein: "Der Gegenwind wurde immer stärker." Das Halten von Tieren habe in vieler Augen etwas "Anrüchiges bekommen". Mancher äußerte sich, dass er nicht mehr "guten Gewissens" einen Zirkus besuchen könne. "Man muss neue Wege gehen", glaubt er. Die Tiere, die teils seit Jahrzehnten im Zirkus-Besitz sind, leben aktuell im Zirkus-Winterquartier, einem Gutshof in Einbeck.
Nachgefragt: Woher stammt das Wasser für die Show?
Sind die Fragen rund um mögliches Tierleid abgehandelt, stellt sich noch die Frage nach der Wasserverschwendung. Zirkusdirektor Melnjak schmunzelt: "Auch darauf kann ich guten Gewissens antworten." Für die circa 100.000 Liter Wasser, die die Zuschauer zu sehen bekämen, würden de facto etwa 30.000 Liter benötigt, da das Wasser immer wieder in einem Tank unter der Bühne aufgefangen und insgesamt dreimal durch die Pumpen gewälzt werde.
30.000 Liter Wasser entsprechen circa einem Pool von fünf Metern Länge, drei Metern Breite und zwei Metern Tiefe. Die würden zu Beginn eines Gastspiels aus dem Hydranten entnommen und vor Abreise wieder "abgelassen, also dem Wasserkreislauf zugeführt", da sie nicht mit Zusatzstoffen versehen oder Chemikalien versetzt würden.
Transparenz halte er für wichtig, sagt der Direktor, und antwortet geduldig, auch wenn er sagt: "Eigentlich wollen wir nur zweieinhalb Stunden Leute in eine wunderbare, magische Welt entführen, in der alles möglich ist."
TERMINE: Bad Neustadt, Saalewiesen am Festplatz. Donnerstag, 14. September bis Montag, 18. September. Vorstellungen: Täglich um 16 Uhr + 19.30 Uhr, Sonntag 11 Uhr + 15 Uhr, Montag nur 16 Uhr.