Wie gelingt es, ein Traditionshaus der Gastronomie in die nächste Generation zu führen? Wie kann ein Haus wie das Hotel-Restaurant Krone Post, das seit mindestens 340 Jahren Gäste beherbergt, über die Jahrhunderte bestehen? Wirt und Hotelier Tobias Wegscheid, dessen Familie seit 170 Jahren das Haus führt, weiß das Rezept: Veränderung und Wandel.


Die Jahreszahl 1679 ist über dem Eingang in Sandstein gemeißelt. Sie beweist: Dieses Haus mit der Nummer 1 in Werneck ist älter als das barocke Schlossgebäude gegenüber, das Balthasar Neumann 1745 für den Würzburger Fürstbischof fertigstellte. Es hat wohl sogar noch die vorherige Burganlage von Julius Echter erlebt, denn bereits seit 1596 sind im fürstbischöflichen Amtsbuch an dieser Stelle ein "Haus und Hofriet" aufgeführt. Jahreszahlen stehen beim heutigen, 45-jährigen Hotelier Tobias Wegscheid nicht im Vordergrund. Aber das Bewusstsein, dass die Geschichte des Hauses reichhaltig ist und dass er die Tradition weiterführen will – auf seine Weise: mit Augenmerk auf die Hotellerie, mit frischer, hausgemachter Küche – einfach und regional, "ohne Trara", aber auf hohem Niveau und mit Qualität – und mit Zeit zum Leben für sich, seine Frau Marina und die drei Kinder.

Verändert hat sich das frühere "Gasthaus zur Krone" immer. Etwa 1785, als es nach der Fertigstellung der heutigen Bundesstraße 19 von Würzburg nach Meiningen von den Fürsten von Thurn und Taxis die Genehmigung zur Postkutschen-Station erhielt. Worauf die Namensergänzung "und Post" zurückgeht. Ein offenbar lukratives Unternehmen, das zudem Gäste ins Haus brachte – und das Ansehen hob. Sogar Johann Wolfgang von Goethe machte 1815 dort Station.

Auch als der Vorfahre der heutigen Besitzerfamilie Wegscheid, Nikolaus Bötsch, den Gasthof am 19. November 1849, also vor 170 Jahren, kaufte, traten wieder Veränderungen ein. Der Personalbedarf muss damals hoch und die Arbeit viel gewesen sein: im Gasthof, in der dazugehörigen großen Landwirtschaft des Gutshofs, in der Schnapsbrennerei oder in der Poststation mit den vielen Kutschen und Pferden. Später, als durch die Erfindung des Autos die Zugtiere überflüssig wurden, erfolgte die Umwandlung der Wagenhalle in eine Autogarage.

"Unsere Familie hat hier in 170 Jahren schon viel erlebt: Kriege, Wirtschaftskrisen und fünfmal Übergaben an die nächste Generation." Das hielt Tobias Wegscheid bei einer fröhlichen Feier in der "Krone-Post" fest, die auf die 340 und 170 Jahre zurückblickte. Und auf zwölf Jahre, seit denen Tobias und seine Frau Marina das Geschäft von den Eltern Bernhard und Mathilde Wegscheid übernommen haben.


"Fünfmal ist viel investiert worden", erinnerte ihr Sohn, der selbst in einigen Sterne-Küchen in Europa lernte, "fünfmal wurden neue Ideen geboren und umgesetzt." Beispielsweise die besonderen Jakobus-Zimmer des 64 Betten-Hotels, die er mit seinem Vater kreierte. Beide sind Jakobus-Pilger, beide haben sich immer wieder auf den Weg gemacht, um ihren Weg zu finden.
"Fünfmal hat die Vorgängergeneration das Steuer losgelassen und sich auf den Beifahrersitz gesetzt", fasste Tobias Wegscheid mit dem Dank an seine Eltern zusammen. Sie haben ihren Nachkommen die Freiheit gelassen, ihren eigenen Stil zu leben und zu arbeiten. "Daran werden wir später auch gemessen werden."
Die sechste Generation mit Tobias Wegscheid öffnet jetzt das Restaurant, in dem sein Cousin Christoph Kruppa bravouröser Küchenchef ist, während der Woche nicht mehr zum Mittagessen. Zu wenig Umsatz und nicht berechenbar, "es geht einfach nicht". Dafür kocht er für zahlreiche Kindergärten in der Umgebung das Mittagessen, "immer frisch und selbstgemacht, bei uns gibt's kein TK", keine Tiefkühlkost.

Die Räume des Hauses hat das junge Ehepaar Wegscheid erneuert, hat Frische hereingeholt. Zu seiner Philosophie gehört, alles für die Gäste zu geben, aber auch für sich Freiräume zu fordern. Was die Mutter Mathilde beispielsweise beim Blick auf die stressigen Weihnachtstage gut versteht. Denn früher fing für sie und ihre Familie erst am zweiten Feiertag das Fest an, dann wenn alle anderen versorgt und zufrieden war.
"Nichts ist mehr, wie es einmal war. Und darauf sind wir unheimlich stolz!", lautet das Resümee der Gastwirtsfamilie. Sie hat es geschafft, die Veränderungen in jeder Generation zu leben.
