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Gerolzhofen: 75 Jahre Wohnungsbaugenossenschaft Gerolzhofen: Mangel an Wohnraum ist nach wie vor ein zentrales Thema

Gerolzhofen

75 Jahre Wohnungsbaugenossenschaft Gerolzhofen: Mangel an Wohnraum ist nach wie vor ein zentrales Thema

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    Die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Gerolzhofen feiert ihr 75-jähriges Bestehen. Das Bild zeigt das sogenannte Rübezahlhaus in der Hermann-Löns-Straße, eines der ältesten Häuser im Besitz der WBG.
    Die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Gerolzhofen feiert ihr 75-jähriges Bestehen. Das Bild zeigt das sogenannte Rübezahlhaus in der Hermann-Löns-Straße, eines der ältesten Häuser im Besitz der WBG. Foto: Michael Mößlein

    Die Aufgabe, die die Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) Gerolzhofen gleich nach ihrer Geburtsstunde zu bewältigen hatte, lässt sich in ihrer Dimension heute kaum noch erahnen. Fast genau 75 Jahre ist es jetzt her, dass sich am 1. Dezember 1948 Frauen und Männer als Genossenschaft zusammenschlossen – mit dem einen Ziel, das für ihre Nachfolgerinnen und Nachfolger bis heute gilt: Dringend benötigten Wohnraum schaffen.

    Nur "dringend" hatte seinerzeit, im Kontext der ersten Nachkriegsjahre, noch einen viel schärferen Beigeschmack als heutzutage. Zwar fehlen Wohnungen, zumal bezahlbare in Gerolzhofen wie anderswo aktuell zwar weiter. Aber doch läuft kaum jemand ernsthaft Gefahr, kein Dach über dem Kopf zu finden. Doch damals, Ende der 40er Jahre suchten etwa zehn Millionen Heimatvertriebene aus den früheren deutschen Ostgebieten sowie Ausgebombte aus den zerstörten Städten ein Unterkommen. Allein im Altlandkreis Gerolzhofen waren circa 8000 Heimatvertriebene unterzubringen. Dies entsprach rund einem Fünftel der damaligen Bevölkerung im Landkreis. Die Wohnungsnot war schlichtweg katastrophal.

    Erste Bauvorhaben noch vor der Währungsreform

    Noch vor der Währungsreform im Jahr 1948 begann deshalb eine Gemeinschaft den Bau von zwölf Eigenheimen in Bimbach. Dazu gründete sie besagte Genossenschaft, die bereits am 19. Dezember 1948 im Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Schweinfurt eingetragen wurde. Deren Betreuung übernahm die Bayerische Landessiedlung, unter deren Aufsicht in Gerolzhofen auch der Bau von Mietwohnhäusern sowie einer Kleinsiedlung in Sulzheim begonnen wurde, wie Elmar Stickelmaier mit Blick auf die Anfänge der WBG berichtet.

    Sie sind verantwortlich für den Betrieb der WBG (von links): der hauptamtliche Vorstand Andreas Reisert und seine beiden ehrenamtlichen Vorstandskollegen Elmar Stickelmaier und Gerald Eser.
    Sie sind verantwortlich für den Betrieb der WBG (von links): der hauptamtliche Vorstand Andreas Reisert und seine beiden ehrenamtlichen Vorstandskollegen Elmar Stickelmaier und Gerald Eser. Foto: Josef Lamber

    Dieser selbst zählt zwischenzeitlich zum Urgestein der WBG, deren Aufsichtsrat er seit dem Jahr 1976 angehört. Seit 1978 ist Stickelmaier Vorstand. Weitere Vorstände sind Gerald Eser (seit 2019) und Andreas Reisert, der im Jahr 2022 Adolf Steigerwald nachfolgte, der sage und schreibe 57 Jahre bei der WBG beschäftigt war, und dort von 1972 bis 2021 hauptamtlicher Vorstand war. Aufsichtsratsvorsitzender ist seit dem Jahr 1979 der Gerolzhöfer Alfred Hügelschäfer.

    Bauplanungen für Kommunen und Kirche

    Als WBG Gerolzhofen eG firmiert diese seit dem Jahr 1991, nachdem ihre Gemeinnützigkeit weggefallen war. Zuvor, ab 1952, hieß das Unternehmen Wohnungsbaugenossenschaft Landkreis Gerolzhofen. Dieser schloss sich im Jahr 1965 die Baugenossenschaft Gerolzhofen an. Sie hat in ihrer 75-jährigen Tätigkeit nicht nur Hunderte Wohnungen errichtet oder saniert. Unter anderem hat die WBG auch für Kommunen und kirchliche Träger Kindergärten, Feuerwehrhäuser, Bauhöfe, Postgebäude, Aussegnungshallen, Kirchengebäude und Gemeinschaftshäuser geplant und bautechnisch abgewickelt.

    Vor drei Jahren hat die WBG in Gerolzhofen ihr jüngstes Mehrfamilienhaus fertiggestellt. Es steht in der Steigerwaldstraße in Gerolzhofen, an der Kreuzung zur Schallfelder Straße.
    Vor drei Jahren hat die WBG in Gerolzhofen ihr jüngstes Mehrfamilienhaus fertiggestellt. Es steht in der Steigerwaldstraße in Gerolzhofen, an der Kreuzung zur Schallfelder Straße. Foto: Michael Mößlein

    Heute besitzt die WBG 25 eigene Häuser mit insgesamt 244 Wohnungen. Diese befinden sich größtenteils in Gerolzhofen, aber auch in Gaibach, Volkach und Wiesentheid. Hinzu kommen 65 Garagen und 88 Fahrzeugstellplätze im Freien. Zudem obliegen der WBG 18 Hausverwaltungen für zusammengerechnet 122 Wohneinheiten sowie eine Mietverwaltung mit 36 Wohnungen. Damit ist die WBG eine große Nummer auf dem lokalen Wohnungsmarkt.

    Jüngster Neubau stammt aus dem Jahr 2019

    Das jüngste Wohngebäude, das die WBG gebaut hat, ist das Neun-Parteien-Haus in der Steigerwaldstraße 2 in Gerolzhofen, an der Ecke zur Schallfelder Straße. Dieses wurde im Jahr 2019 im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus fertiggestellt und ist barrierefrei, sagt Stickelmaier. Drei Jahre zuvor hat die WBG zwei Häuser im Albert-Schweitzer-Weg gekauft.

    Die WBG hat die Fläche des früheren Spielplatzes zwischen Hermann-Löns- und Martin-Luther-Straße in Gerolzhofen gekauft, um dort ein Mehrfamilienhaus zu bauen. Dies soll bis Ende 2025 geschehen.
    Die WBG hat die Fläche des früheren Spielplatzes zwischen Hermann-Löns- und Martin-Luther-Straße in Gerolzhofen gekauft, um dort ein Mehrfamilienhaus zu bauen. Dies soll bis Ende 2025 geschehen. Foto: Michael Mößlein

    Einen offenen Bauplatz besitzt die WBG und hofft, dort bis Ende 2025 ein Mehrfamilienhaus mit acht oder neun Wohnungen fertigstellen zu können. Es dreht sich dabei um den aufgelassenen Spielplatz neben dem sogenannten Rübezahlhaus in der Hermann-Löns-Straße, das der WBG ebenfalls gehört. Dass dort noch nicht gebaut wird, hängt mit der allgemeinen Situation im Bausektor zusammen, die sich mit wenigen Schlagworten zusammenfassen lässt: Kostenexplosion bei den Baustoffpreisen, Handwerkermangel und verteuerte Darlehenszinsen. "Auch wir können nicht teuer bauen und billig vermieten", benennt Reisert das grundlegende Dilemma. Die WBG ist davon besonders betroffen.

    Gewinne kommen den Gebäuden zugute

    Denn einerseits möchte sie als Genossenschaft, deren zuletzt veröffentlichte Bilanzsumme 2021 knapp 9,6 Millionen Euro betrug, mit ihren Immobilien keine Gewinne optimieren. Über die Einkünfte verfügen die Genossinnen und Genossen, und diese haben das überschüssige Geld bisher auch immer in den eigenen Wohnungsbestand reinvestiert, etwa in die Modernisierung, wie Stickelmaier und Reisert mitteilen. Dennoch, und hier beginnt der Zwiespalt, muss die WBG ihre Kosten auf die Mieten umlegen. Die gilt auch für Sozialwohnungen.

    Das Team der Wohnungsbaugenossenschaft in Gerolzhofen vor deren Büro in der Sudetenstraße. Es besteht aus (von links) den Vorständen Elmar Stickelmaier, Gerald Eser, den Büro-Mitarbeiterinnen Ingrid Thierstein, Monika Wisgalla und Roswitha Düring sowie Vorstand Andreas Reisert.
    Das Team der Wohnungsbaugenossenschaft in Gerolzhofen vor deren Büro in der Sudetenstraße. Es besteht aus (von links) den Vorständen Elmar Stickelmaier, Gerald Eser, den Büro-Mitarbeiterinnen Ingrid Thierstein, Monika Wisgalla und Roswitha Düring sowie Vorstand Andreas Reisert. Foto: Josef Lamber

    63 Wohnungen der WBG, die im sozialen Wohnungsbau entstanden, unterliegen nach Auskunft der Vorstände der Preisbindung. Die Bindungsfrist richtet sich danach, wie lange die für den Bau aufgenommenen Kredite laufen, in der Regel zwischen 15 und 40 Jahren. Dies ist ein maßgeblicher Grund dafür, weshalb die Durchschnittsmiete von 4,20 Euro pro Quadratmeter, die die WBG verlangt, auf dem aktuellen Wohnungsmarkt sehr attraktiv ist.

    Ohne Warteliste gibt's keine Wohnungen

    Da wundert es nicht, wenn Stickelmaier sagt: "Die Wohnungsnachfrage nach bezahlbaren Wohnraum ist hoch." Für die WBG ist diese Situation altbekannt. "Eine Warteliste haben wir eigentlich schon immer", sagt der Vorstand der WBG. 

    Das wohl markanteste Gebäude im Besitz der WBG ist das hohe Haus in der Berliner Straße 1 in Gerolzhofen, das im Volksmund "Hochhaus" genannt wird.
    Das wohl markanteste Gebäude im Besitz der WBG ist das hohe Haus in der Berliner Straße 1 in Gerolzhofen, das im Volksmund "Hochhaus" genannt wird. Foto: Michael Mößlein

    Auf der anderen Seite hat die WBG sehr zuverlässige Mieterinnen und Mieter, stellt Reisert dankbar fest. "Wir haben so gut wie keine Mietausfälle." Zwar gebe es jährlich circa 20 Wohnungswechsel, doch gebe es auch Mietparteien, die jahrzehntelang bei der WBG bleiben. So sei erst vor kurzem eine Mieterin aus dem Rübezahlhaus gestorben, die dort seit Gründung der WBG vor 75 Jahren, als letzte Genossin der ersten Stunde, gewohnt hätte. Der aktuell älteste Mieter hat seinen Mietvertrag bei der WBG im Jahr 1965 unterschrieben und wohnt noch immer in dem seinerzeit in Volkach gebauten Haus. Der Mann ist zum Festakt mit Ehrengästen eingeladen, mit dem die WBG in Gerolzhofen am 20. September ihr 75-jähriges Bestehen feiern wird.

    Anmerkung der Redaktion: Eine frühere Version dieses Artikels enthielt ein falsch beschriftetes Bild. Das abgebildete Gebäude war nicht, wie in der Bildunterschrift zu lesen stand, das sogenannte Rübezahlhaus. Das Bild wurde zwischenzeitlich gegen das korrekte Bild ausgetauscht. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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