Wenn ein 78-Jähriger Karate-Kämpfer "wer rastet der rostet" sagt, ist das mehr als eine Floskel. Dann ist das einfach ein Rezept für ein sportliches und gesundes Leben. Peter Förster von der TG 48 wird an diesem Abend noch einige Male zitiert. Ruder-Olympiasieger Oliver Zeidler verrät auf der Schweinfurter Sport-Gala 2024 allerdings, wie man es auch machen kann – mit etwas Party: Nachdem er es in Paris beim Feiern im Deutschen Haus offenbar etwas übertrieben hatte, "durfte ich nur wieder rein, weil ich noch ein Gespräch mit dem DOSB-Präsidenten hatte".
Der Festabend im Konferenzzentrum auf der Maininsel ist Ende November halt stets ein Podium für Gesten und Geständnisse. Oberbürgermeister Sebastian Remelé verrät, dass er die Fußball-EM nur verfolgt habe, weil die Familie gucken wollte und man nur zwei Fernseher habe. Als er Moderator Sven Schröter, dem zwischen zeitlich sein Zettelwust aus den Händen zu gleiten droht, zu einem Tablet rät, kontert der elegant-provokant: "Ich dachte immer, Sie seien wertekonservativ."

Ein paar Tränen der Rührung kullern, als drei Urgesteine der Schweinfurter Leichtathletik das Bronze-Schweinchen "Felix" für ihr Lebenswerk bekommen. Manfred Göpfert, Heribert Finster (beide 80) und Roland Wolf (79) haben Jahrzehnte ihre Abteilung im FC 05 geprägt, Talente ausgebildet und jede Menge Titel eingeheimst. Jeweils über 50 Jahre halten Finster (10,6 sek auf 100 m) und Göpfert (7,40 m im Weitsprung) Stadt-Rekorde. Dass beide ihre Senioren-Laufbahn beendet haben, bedauert "Jungspund" Wolf: "Mit wem soll ich jetzt Staffel laufen?"

Dass am Buffet Sauerbraten und Klöße schnell aus sind, verdauen die Gäste der im Kerzenschein stilvollen Gala spätestens als Olympia-Glanz den Saal zusätzlich erhellt. Neben Ruderer Zeidler ist Basketballerin Svenja Brunckhorst Stargast. Sie holte mit der deutschen Mannschaft im 3x3-Wettbewerb ebenfalls Gold und erzählt von ihren Integrationsversuchen im bayerischen Wasserburg, wohin sie als Kind mit ihrer Familie aus Niedersachsen hingezogen war: "Man hat mir gleich gesagt, dass ich das mit dem Bayerisch sein lassen soll."
Am Basketball-Korb tut sich die Politik-Prominenz schwer
Das mit dem Basketball, hat sie in der Stadt am Inn jedoch angefangen – mit Erfolg, erst als Nationalspielerin im traditionellen Fünf-gegen-Fünf, zuletzt eben in der neuen, spektakulären Variante. Jetzt, mit 33, ist Schluss, ihrem Sport bleibt sie bei Meister Alba Berlin im Management für Frauen- und Mädchen-Basketball erhalten. Für den sie sich einen höheren Stellenwert wünscht: "Es ist immer noch eine nur kleine Gruppe, die davon leben kann."

Im Spaß-Spiel auf einen Jugend-Korb reicht ihr einer Punkt nicht, um gemeinsam mit Sportreferent Jürgen Montag gegen das Duo Zeidler/Remelè zu bestehen. Gleichwohl auch der OB treffsicher nicht trifft. Dafür haut der 2,04 Meter große Ruderer alle drei Würfe rein und beweist sein Multitalent. Der aus einer Ruder-Familie stammende 28-Jährige war erfolgreicher Schwimmer, ehe er erst mit 20 ins Boot wechselte und prompt zweieinhalb Jahre später Weltmeister im Einer war. "Ich habe gesagt: Rudern ist kein Sport für mich. Da lag ich wohl falsch." Zeidler macht übrigens weiter - bis Olympia 2028 in Los Angeles.
"Auch wenn mir hier alle helfen - ich vermisse meine Eltern sehr."
Die nur zusammen mit ihrer Schwester aus der Ukraine geflüchtete Helena Rotiahai, die Schweinfurter Sportlerin des Jahres
Im vergangenen Jahr war ein Ruderer Schweinfurter Sportler des Jahres: Lorenz Grimm, der sich diesmal wie viele Schweinfurter Athleten ein Foto mit den geduldigen Olympiasiegern sicherte. Der aktuelle "Felix" geht jedoch in eine "altbewährte" Sportart: Nachdem Serien-Sieger Fabian Sagstetter seine Nationalmannschafts-Karriere beendet hat, kommt mit Maximilian Lutz wieder ein Faustballer des TV Oberndorf auf die Bühne. "Es war immer mein Wunsch hier zu stehen", sagt er und tut es als Europameister. Die letzten Sekunden des Finales gegen Österreich flimmern über die Leinwand. "Ich denke man sieht, wie dynamisch Faustball ist."

Die Sportlerin des Jahres ist noch nicht lange Schweinfurterin: Im Frühjahr 2022 kam Helena Rostiahai mit ihrer Schwester Hanna, doch ohne Eltern aus der Ukraine nach Unterfranken. Die Beiden fanden in der Karate-Abteilung der TG 48 eine sportliche Heimat. "Es war sehr schwierig die Sprache zu lernen", sagt die 18-Jährige. 2025 will sie ihr Abitur machen und am liebsten ihre Titel bestätigen: Dritte bei der Deutschen im Kumite-Einzel und Erste mit dem bayerischen Team. Noch mehr wünscht sie sich ein Wiedersehen mit der Familie: "Auch wenn mir hier alle helfen – ich vermisse meine Eltern sehr."
Triathlon-Team öffnet Menschen mit Behinderung Türen
Dass die Rollhöckerer des ERV Dauergäste der Sportlerehrung sind, liegt an 13 bayerischen Meistertiteln seit 2009. Jetzt sind sie Mannschaft des Jahres – auch wegen ihrer vielen "alten Hasen". Oldie Martin Krönert hält Alter für überbewertet: "Das gleicht man aus durch solide Grundhärte." Man nimmt's den kantigen Gesellen ab. Der "Felix" für die beste Jugendarbeit geht an die DJK, wo knapp 50 Prozent der Mitglieder Jugendliche sind. "Es ist wunderschön, Kindern Freude am Sport zu vermitteln", sagt Vorsitzende Stefanie Stockinger-van-Lackum. Und hängt schmunzelnd an: "Das Triezen überlassen wir den Eltern."

Ein sportliches Highlight in Schweinfurt war 2024 zweifelsohne der Auftakt der Deutschland-Tour. "Da sind schon ein paar Stunden rein geflossen", spricht Andreas Katzenberger für das Cycling Team LDT, dessen Vorsitzender er ist und das "die besten Radsportler Europas in die Stadt geholt" hat. Dafür wurde eigens eine Sonderehrung geschaffen.
Auch den "regulären Sonderpreis" bekommt ein Orga-Team: das der TG 48 für die Ausrichtung des Main-City-Triathlons – für das Zusatzangebot eines Para- und Special-Olympics-Wettbewerbs. Norbert Huhn, Integrationsbeauftragter der Gruppe, stapelt tief: "Wir haben nur Türen geöffnet"– lediglich ermöglicht, dass Menschen mit Behinderung mitmachen können. Mit nachhaltigem Eindruck: 2025 findet die Deutsche der Para-Sportler (körperliche Einschränkungen) und die Bayerische der Special Olympics (geistige Handicaps) in Schweinfurt statt.