Der Besuch im Freibad in Gerolzhofen gehört für viele ebenso selbstverständlich zum Sommer dazu wie Eis essen. Dabei gibt es die Vergnügungsstätte für heiße Tage noch nicht ewig. Weitgehend unbemerkt hat das Freibad im Sommer einen runden Geburtstag gefeiert: Vor 90 Jahren ist es in der Dingolshäuser Straße eröffnet worden, dort, wo sich heute das Geomaris befindet. Seitdem hat sich das Gerolzhöfer Schwimmbad mehrfach verändert und vor allem vergrößert.
Pünktlich zum Jubiläum ist Bertram Schulz, der seit langem als Gerolzhöfer Lokalhistoriker forscht, erstmals ein Bild vom Bau des Freibads in die Hände gefallen. Es zeigt Arbeiter mit Spitzhaken, Schaufeln und Schubkarren, die das rechteckige Loch für das am Ende 50 Meter lange, 15 Meter breite und bis zu drei Meter tiefe Schwimmbecken in die Erde gruben. Obwohl das Graben ohne Einsatz von Maschinen harte Knochenarbeit war, war das Freibad nach nicht einmal ganz vier Monaten fertiggestellt.
Spatenstich war am 10. März 1933. Am 6. Juli desselben Jahres wurde laut einer Zeitungsnotiz das erste Wasser ins Becken geleitet. Dieses stammte übrigens aus dem Lindenbrunnen. Von dort fließt auch heute noch das zum Füllen der Schwimmbecken verwendete Wasser ins Geomaris.

Bad passt gut ins Weltbild der Nazis
Nutznießer des ersten Freibads waren nicht nur die damals 3000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt. Das Bad, das der Zweite Bürgermeister Anton Kern in einer Festschrift zur Schwimmbaderöffnung am 30. Juli 1933 als eine der "schönsten Badeanstalten in Franken" pries, kam den Vertretern der ein halbes Jahr zuvor an die Macht gekommenen Nationalsozialisten im Land gerade recht. Die dort mögliche sportliche Ertüchtigung war ganz im Sinne von deren Vorstellungen einer gesunden deutschen Volksgemeinschaft.

Die Pläne für das Freibad sind jedoch älter und haben mit nationalsozialistischer Überzeugung nichts zu tun. Sie entstanden, wie Robert Wagner als Schwimmbadreferent des damaligen Stadtrats in besagter Festschrift festhielt, im Jahr vor dem Schwimmbad-Bau. Der Wunsch, den Menschen in der Stadt eine schmucke Freizeiteinrichtung zu schenken, spielte seinerzeit eine untergeordnete Rolle. Hauptsächlich ging es darum, während der damals alles beherrschenden Wirtschaftskrise wenigstens einigen der vielen Arbeitslosen in der Stadt eine bezahlte Beschäftigung zu geben. Wobei die gezahlten Stundenlöhne kaum ausreichten, um den Lebensunterhalt zu begleichen, wie aus Unterlagen des Stadtarchivs hervorgeht, wonach der Stadtrat den Arbeitern nachträglich eine Teuerungszulage auf die bezahlten 38 und 42 Pfennig pro Stunde für ungelernte bzw. gelernte Arbeiter gewährte.
Schwimmbad-Bau verschafft Lohn und Brot
Tatsächlich gelang es den Verantwortlichen, dass staatliche Stellen den Schwimmbad-Bau als Notstandsarbeit anerkannten. Dies ebnete den Weg für Zuschüsse. Das Baugeschäft von Hans Rosentritt erhielt im Februar 1933 den Zuschlag für die Arbeiten. Diesem wiederum wurden zehn bis 15 arbeitslose Männer als sogenannte Krisenunterstützungsempfänger zugewiesen. Am 17. März 1933 morgens um sieben hatten diese auf der Baustelle zu erscheinen, um mit den Erdarbeiten zu beginnen, wie aus Unterlagen hervorgeht, die Bertram Schulz vorliegen. Einer der Arbeiter war sein eigener Großvater Wunibald Schulz.

Das Ergebnis der Arbeiten ließ sich sehen. Die Pläne für das Freibad stammten vom Schweinfurter Baumeister Theodor Vogel, der damals noch am Anfang seiner später, nach dem Zweiten Weltkrieg, erfolgreich als Unternehmer fortgesetzten Karriere stand. Dieser selbst beschrieb in der Festschrift zur Eröffnung des Bads seine Idee wie folgt: "Heute baut man ein Schwimmbad mitten hinein in die Landschaft, ins Grüne, unter die Bäume und macht es zu einem Platz des Lebens, der Gesundheit und vor allem der heranwachsenden Jugend unseres Volkes, die an Leib und Seele jung und gesund sein muss, wenn die der Zukunft unserer Nation dienen will."

Sechs Schwimmbahnen und ein Sprungturm
Am östlichen Rand von Gerolzhofen, unweit der damaligen Sportplätze und der neu erbauten Turnhalle (heutige Stadthalle), entstand neben dem Volkach-Bach ein großzügig angelegtes Schwimmbad, dessen großes Becken zu einem Drittel Nichtschwimmern und zu zwei Dritteln Schwimmern vorbehalten war. Es gab dort sechs Schwimmbahnen und Startblöcke, zwei ein Meter hohe Sprungbretter und einen drei Meter hohen Sprungturm. Weiter führte ins betonierte Becken eine Wasserrutsche. Zusätzlich waren ein Planschbecken (Baumeister Vogel: "der für Kinder und Jugend wichtigste Teil einer neuzeitlichen Schwimmbadanlage") vorhanden, Umkleidekabinen sowie Sanitäranlagen und Duschen.

Zum Schwimmbad, das laut seines Planers "schlicht und gediegen" eingerichtet war, gehörte auch Raum für das Luftbaden, "sei es zum Sonnen nach dem Schwimmen, sei es zum Aufenthalt in der freien Luft schlechthin", wie Vogel schreibt. Neben einem Parkplatz für Kraftfahrzeuge und Fahrrädern – für auswärtige Besucher gedacht – wurde auch daran gedacht, einen "beschränkten Wirtschaftsbetrieb" im Schwimmbad zu ermöglichen.

Separate Öffnungszeiten für Frauen und Männer
Geöffnet hatte das Bad an Werktagen von 8 bis 21 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 6 bis 21 Uhr, als Familienbad. Mit Ausnahmen: Dienstag- und Freitagvormittag gab es jeweils zweimal zwei Stunden, in denen das Bad wechselweise nur Herren oder Damen vorbehalten war. Die Badebekleidung durfte laut Badeordnung "nicht anstößig sein". Das hieß, Frauen mussten einen Badeanzug tragen, Männer einen Badeanzug oder eine "anständige Badehose". Öffentliches Nacktbaden war selbstredend verboten. Und: Wer "ansteckende oder ekelerregende Krankheiten" hatte, durfte die Badeanstalt nicht benutzen.

Gerolzhöfer Schwimmbad-Geschichte30. Juli 1933: Eröffnung des ersten Schwimmbads in der Dingolshäuser Straße.27. Januar 1973: Eröffnung des ersten Hallenbads, das rund drei Millionen Markt kostete. Architekt war der Gerolzhöfer Eugen Weimann. Bauzeit: eineinhalb Jahre.23. Oktober 1992: Übergabe des sanierten und zum Spaß- und Freizeitbad Geomaris erweiterten Schwimmbads. Kosten: 8,1 Millionen Mark.22. November 2014: Eröffnung des bis auf wenige Teile komplett neu errichteten Geomaris. Die Bauzeit betrug eineinhalb Jahre. Kosten: knapp zehn Millionen Euro.mim