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Schweinfurt/Berlin: Nach AfD-Eklat im Bundestag: Politiker aus der Region berichten von Angriffen

Schweinfurt/Berlin

Nach AfD-Eklat im Bundestag: Politiker aus der Region berichten von Angriffen

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    Gäste von AfD-Abgeordneten haben Politiker im Bundestag belästigt und beleidigt. Auch unterfränkische Abgeordnete berichten von bedrückenden Erfahrungen mit der AfD.
    Gäste von AfD-Abgeordneten haben Politiker im Bundestag belästigt und beleidigt. Auch unterfränkische Abgeordnete berichten von bedrückenden Erfahrungen mit der AfD. Foto: Daniel Karmann

    Noch immer wirken die Eindrücke vom Mittwoch bei vielen nach. Am Rande der Debatte über den Infektionsschutz in der Corona-Pandemie waren Politiker im Bundestag von mehreren Besuchern bedrängt, belästigt, gefilmt und beleidigt worden. Abgeordnete der AfD hatten die Störer, die auch in Büros eindrangen, eingeladen. Gegenüber der Redaktion schildern unterfränkische Abgeordnete, wie sie den Eklat erlebten – und berichten von bedrückenden Erfahrungen mit der AfD.

    Mitarbeiter haben sich in ihren Büros eingeschlossen

    "Schlimm" sei der Mittwoch vor allem für Mitarbeiter von Abgeordneten gewesen, sagen mehrere Parlamentarier. CSU-Mann Alexander Hoffmann etwa berichtet von einer Mitarbeiterin, die seit 20 Jahren im Bundestag arbeite. Sie habe ihm gesagt, dass sie sich "zum ersten Mal unwohl" gefühlt habe. Er wisse von Mitarbeitern, "die sich in ihre Büros eingeschlossen oder Türen von innen zugehalten haben".

    Was den Abgeordneten aus Retzbach (Lkr. Main-Spessart) zusätzlich ärgert: Die AfD kümmere sich nicht um Sachpolitik, sondern "läuft nur zur Hochform auf, wenn sie sich inszenieren will". Es sei "eine AfD-Kampagne gewesen", das Infektionsschutzgesetz als "Ermächtigungsgesetz" zu brandmarken, gegen das man kämpfen müsse. Als aber über das Gesetz im Innenausschuss abgestimmt wurde, sei nur ein AfD-Abgeordneter anwesend gewesen, so Hoffmann.

    Der SPD-Abgeordnete Bernd Rützel aus Gemünden spricht von einer "Grenzüberschreitung, wie es sie noch nie gegeben hat".
    Der SPD-Abgeordnete Bernd Rützel aus Gemünden spricht von einer "Grenzüberschreitung, wie es sie noch nie gegeben hat". Foto: Meike Schmid

    Von einer "Grenzüberschreitung, wie es sie noch nie gegeben hat", spricht der unterfränkische SPD-Chef Bernd Rützel. Auch ihn stört, dass viele den Inhalt des Infektionsschutzgesetzes gar nicht verstanden hätten, so der Abgeordnete aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart). Es sei nur noch um die AfD gegangen.

    Körperliche Angriffe von Mitarbeitern der AfD-Fraktion

    "Das ist ein neuer Höhepunkt, aber Tabubrüche finden ja ständig statt", findet die Linken-Abgeordnete Simone Barrientos aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg). Fast in jeder Rede der AfD werde verächtlich über Minderheiten und Frauen gesprochen. "Und es ist auch nicht neu, dass Abgeordnete oder deren Mitarbeiter von Mitgliedern oder Mitarbeitern der AfD-Fraktion beleidigt werden" – auf den Fluren im Reichtstag oder in der Bundestagskantine. Im Fahrstuhl höre man auf, sich zu unterhalten, wenn jemand von der AfD zusteigt. "Die AfD konnte sich lange leisten, was sie wollte, ohne dass etwas passiert ist", so Barrientos.

    "Die AfD öffnet Extremisten den Weg in den Bundestag und das schon länger."

    Manuela Rottmann, Bündnis 90/Die Grünen

    Manuela Rottmann (Bündnis90/Die Grünen)  aus Hammelburg berichtet von körperlichen Angriffen von Mitarbeitern der AfD-Fraktion auf Mitarbeiter der Grünen-Fraktion.
    Manuela Rottmann (Bündnis90/Die Grünen)  aus Hammelburg berichtet von körperlichen Angriffen von Mitarbeitern der AfD-Fraktion auf Mitarbeiter der Grünen-Fraktion. Foto: Jörg Carstensen

    Noch deutlicher wird Manuela Rottmann. "Die AfD öffnet Extremisten den Weg in den Bundestag und das schon länger", so die Grünen-Abgeordnete aus Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen). Man wisse, dass mindestens ein AfD-Abgeordneter einen Mitarbeiter beschäftigt, der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurde. Es habe auch körperliche Angriffe von Mitarbeitern der AfD-Fraktion auf Mitarbeiter der Grünen-Fraktion gegeben. Dennoch solle der Bundestag zwar "ein geschützter Raum", aber offen sein. Das werde man sich "von der AfD nicht kaputt machen lassen".

    AFD Unterfranken will Vorfall noch nicht abschließend bewerten

    Unterdessen will Richard Graupner, Chef der Unterfranken-AfD, die Vorfälle noch nicht abschließend bewerten: "Der Fall muss erstmal aufgeklärt werden, es ist zu früh, sich festzulegen", sagt der Landtagsabgeordnete aus Schweinfurt. Angesichts der Faktenlage und der Entschuldigung des AfD-Bundestagsfraktionschefs Alexander Gauland räumt er aber ein: "Diese Vorfälle sind unmögliches Verhalten, das geht grundsätzlich nicht."

    Der unterfränkische AfD-Chef Richard Graupner sagt: "Der Fall muss erstmal aufgeklärt werden, es ist zu früh, sich festzulegen."
    Der unterfränkische AfD-Chef Richard Graupner sagt: "Der Fall muss erstmal aufgeklärt werden, es ist zu früh, sich festzulegen." Foto: Roland Pleier

    Auf die Frage, ob er das Verhalten der Bundestagsstörer demokratiefeindlich finde, antwortet Graupner: "Nein, das würde ich nicht sagen." Auch wenn jemand sich daneben benehme, gehöre es zur Politik dazu, Abgeordneten mitzuteilen, wenn man ihr Abstimmungsverhalten nicht gut fände. Die Störer hatten unter anderem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beschimpft und ihm abgesprochen, ein Gewissen zu besitzen.

    AfD plant Entschuldigungsschreiben

    Inzwischen hat die AfD-Fraktion entschieden, dass sich zwei ihrer Abgeordneten entschuldigen sollen. Es werde ein Entschuldigungsschreiben verfasst, das von den Udo Hemmelgarn und dem ehemaligen Bayern-Chef der AfD, Petr Bystron, unterzeichnet werde, berichteten Teilnehmer einer Fraktionssitzung.

    Zunächst hieß es, auch der bayerische AfD-Vize Hansjörg Müller habe am Mittwoch mehrere rechte Medienaktivisten in den Bundestag gelassen. Nun erklärte Müller auf Facebook: Beim Einlass seiner Gäste habe sich "auch eine Bloggerin ohne meine Kenntnis mit Zugang über mein Büro" Einlass verschafft. Müllers Büroleiterin ist die ehemalige unterfränkische AfD-Vize Nadja Stafl.

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