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LÖFFELSTERZ: Alte Orchideenfarm für nur einen Euro zu haben

LÖFFELSTERZ

Alte Orchideenfarm für nur einen Euro zu haben

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    Teurer Abraum: Vor einer neuerlichen Nutzung des Areals müssen die Stahl- und Glasreste der Gewächshäuser beseitigt werden. In dem hinteren Gebäude werden derzeit noch Hilfsgüter gelagert.
    Teurer Abraum: Vor einer neuerlichen Nutzung des Areals müssen die Stahl- und Glasreste der Gewächshäuser beseitigt werden. In dem hinteren Gebäude werden derzeit noch Hilfsgüter gelagert.

    Ein Schnäppchen wäre es keinesfalls, auch wenn es am Ende für nur einen Euro über den Tisch des Auktionators gehen würde. Das Grundstück der ehemaligen Gärtnerei und Orchideenfarm in Löffelsterz, stattliche 16 149 Quadratmeter groß, müsste vor einer weiteren Nutzung zunächst rückgebaut werden. Die Gewächshäuser (größtenteils in den letzten Jahren unter Schneelasten zusammengebrochen), ein Schuppen und ein Heizöltank sind in bemitleidenswertem Zustand, auch das nicht überbaute Areal ist verwildert. Ein Gutachter veranschlagt den „Liquidationswert“ des Geländes deshalb auch auf „minus 73 841 Euro“.

    Dass die Interessenten beim Versteigerungstermin am 15. Dezember um 10 Uhr im Amtsgericht Schweinfurt also Schlange stehen, ist nicht anzunehmen. Zumal es bislang für dieses Areal keine Bauleitplanung der zuständigen Gemeinde Schonungen gibt. Nach dem momentanen Stand ist davon auszugehen, dass das Gelände ausschließlich landwirtschaftlich genutzt werden kann; ein Anschluss an das gemeindliche Wasserversorgungsnetz ist nicht gegeben. Allerdings will sich der Gemeinderat in naher Zukunft mit der Nutzungsplanung für das am nordöstlichen Ortsrand von Löffelsterz gelegene Gebiet befassen.

    30 Jahre lang betrieben Brigitte und Willy Horst Kaiser auf dem Areal eine Orchideenzucht, die sich bundesweit einen hervorragenden Ruf erwarb. Bis zu 20 000 Pflanzen blühten einst gleichzeitig auf rund 5000 Quadratmetern Gewächshausfläche, aus ganz Franken kamen Orchideenfreunde teils in Omnibussen angefahren, um die Pracht zu bewundern und sich mit Pflanzen einzudecken. Die Kaiser-Orchideen waren dabei dank mehrfacher Kreuzungen außergewöhnlich robust und gediehen auch „in häuslicher Pflege“ gut. Dies war Segen und Fluch zugleich, denn einerseits erwarb sich Willy Horst Kaiser so Meriten als Züchter, andererseits wurde die nun leichter handhabbare Pflanze zum Massengut.

    Holländische Großgärtnereien zogen in der Folgezeit aus Jungpflanzen massenhaft Orchideen für den deutschen Markt heran, verkauften diese zu „Ramschpreisen“ und machten den Löffelsterzer Züchtern das Leben schwer. Von einst 15 sank die Mitarbeiterzahl bis zur Jahrtausendwende auf noch fünf, im August 2004 war schließlich auch für das Ehepaar Kaiser Schluss. Brigitte und Willy Horst traten den Ruhestand an, einen Investor für die seinerzeit noch gut nutzbaren Gewächshäuser fanden sie nicht.

    2006 erklärten die Inhaber im Zuge eines privaten Insolvenzverfahrens für das Grundstück mit Aufbauten den so genannten Eigentumsverzicht, seitdem gilt das Areal offiziell als „herrenlos“. Die Gemeinde Schonungen kümmerte sich noch um die „Verkehrssicherungspflicht“ rund um das Gelände, hofft jetzt aber, dass der versteigernde Staatsbetrieb „Immobilien Freistaat Bayern“ einen neuen Eigentümer findet, der das Grundstück auch einer neuen Nutzung zuführt. In diesen Wochen nimmt der Verein „Werke statt Worte“ dort noch Hilfsgüter für die Menschen in der früheren kroatischen Kriegsregion rund um Mostar entgegen; sie werden in einem der letzten noch halbwegs intakten Gewächshäuser zwischengelagert, ehe sie die Reise auf den Balkan antreten. Demnächst wird sich Initiator Rudolph Karg wohl nach einer neuen Lagerstätte umsehen müssen.

    Informationen zu der Versteigerung der ehemaligen Orchideenfarm sowie ein Link zum Gutachten finden sich online unter www.zvg-online.net (Geschäftszeichen: 801 K 140/10).

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