Schon der Beginn ist stark. Hildegard von Kramcke, die von ihrem Gut in Ostpreußen vertrieben worden ist, fand mit ihrer Tochter Vera, gerade noch gelitten, im Alten Land eine Unterkunft, auf einem heruntergekommenen Bauernhof. Abgeschoben in die Gesindekammer, bejammert sie ihr Schicksal. Ganz große Schauspielkunst von Ursula Berlinghof, die an diesem Abend im Evangelischen Gemeindehaus mit ihrer Tochter Vera und Enkelin Anne (Agnes Decker und Lisa Wildmann) gut zwei Stunden lang ein Feuerwerk abbrennt.
"Altes Land" geht auf den Roman von Dörte Hansen zurück, die 2015 damit ihr viel beachtetes Debüt als Schriftstellerin feierte. Ihr Buch wurde für das Fernsehen verfilmt (unter anderem mit Iris Berben) und nun also für das Altonaer Theater Hamburg von Edit Ehrhard in Szene gesetzt.
Dazu hat Barbara Fumian eine Bühne geschaffen, die zunächst etwas irritiert. An der Rückwand sind jede Menge Kleiderhaken montiert, behangen mit allerhand Klamotten, Kitteln, Röcken, Kappen und Wollmützen, die in der Aufführung eine wichtige Rolle spielen. Die "Romanhelden" werden von den drei Schauspielerinnen verkörpert. Sie schlüpfen in die unterschiedlichsten Figuren, rasches Umziehen macht dies möglich, wenngleich das von den Zuschauern und Zuschauerinnen ein gutes Stück Konzentration erfordert.
Die komplizierte dramatische Familien-Geschichte reicht von der Nachkriegszeit bis in die Entstehungszeit des Romans. Da kehrt der schwer versehrte und traumatisierte Karl aus der Gefangenschaft zurück. Die doch sehr verschiedenen jungen Frauen sind ins aufstrebende Ottensen und das noble Blankenese gezogen. Sie machen sehr erfolgreich Karriere, als Zahnärztin und Pianistin, werden nicht so recht glücklich in ihren Beziehungen und können von ihrem Alten Land südlich der Elbe in Hamburg nicht lassen, kehren immer wieder zurück, dorthin, wo sich die Hamburger Schickeria im Anbaugebiet von Äpfeln und Kirschen mit ihren Aussteiger- und Öko-Ideen einnistet.
Gespielt in einem oft lakonischen Ton, oft auch sehr laut, im Wechsel von schnellen Szenen mit langen Dialogen. Dabei ist bei Dörte Hansen sehr viel Ironie und Satire im Spiel.
Die Inszenierung, ausgezeichnet bei den Hamburger Privattheatertagen mit dem Monica Bleibtreu-Preis, hat den langen Text geschickt zusammengekürzt, auf viele Szenen verteilt, die sehr stimmig sind. Für Berlinghof, Decker und Wildmann ist das ein Futter, mit dem sie begeistert spielen.
Langanhaltender Beifall und stehende Ovationen im gut besuchten Gemeindehaus. Eine zweite Vorstellung gab es am Samstag.