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Schweinfurt: Antwort von Sebastian Remelé auf "Samstagsbrief" zu seinem letzten Jahr als OB von Schweinfurt: "Den Bürgern reinen Wein einschenken"

Schweinfurt

Antwort von Sebastian Remelé auf "Samstagsbrief" zu seinem letzten Jahr als OB von Schweinfurt: "Den Bürgern reinen Wein einschenken"

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    Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) antwortete auf den Samstagsbrief dieser Redaktion an ihn.
    Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) antwortete auf den Samstagsbrief dieser Redaktion an ihn. Foto: Josef Lamber

    Die Nachricht kam überraschend: Anfang März erklärte der Schweinfurter Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), er werde 2026 bei der Kommunalwahl nach dann 16 Jahren im Amt nicht mehr antreten. Es sei Zeit für neue Impulse für die Schweinfurter Stadtpolitik.

    An den OB war deshalb unser jüngster Samstagsbrief gerichtet. Die Kernbotschaft: Das letzte Jahr bis zur Wahl am 8. März 2026 sollte der OB nutzen, um angesichts schwindender Gewerbesteuereinnahmen und der Schwierigkeiten bei der Transformation zur Elektromobilität der Industrieunternehmen die Stadt zukunftssicher zu machen. Es brauche vor allem von Seiten Remelés klare Signale und den Willen, zu gestalten, so die Forderung.

    Sebastian Remelé schreibt:

    Ich danke für die Gelegenheit, auf Ihren Samstagsbrief vom 15.03.2025 ebenso öffentlich antworten zu dürfen. Zu Recht fordern Sie von mir als Oberbürgermeister Mut, Klarheit und Kraft für das letzte Jahr meiner Amtszeit. Insbesondere Mut und Klarheit beziehungsweise Mut zur Klarheit sind in schwierigen Zeiten die Kardinaltugenden eines Politikers, die ihm viel Kraft abfordern. Denn Mut zur Klarheit setzt voraus, den Bürgern reinen Wein einzuschenken, weder mit Kritik noch Selbstkritik zu sparen und die Zumutungen aufzuzeigen, die bevorstehen, um die viel zitierte Zeitenwende zu meistern.

    Und zur bitteren Wahrheit und Klarheit gehört, dass insbesondere die Automobilindustrie in Deutschland wie auch die Automobilzulieferindustrie in Schweinfurt vor einem Berg von Problemen steht, den sie zum Teil selbst verursacht, zu einem anderen Teil aber auch aufgenötigt bekommen hat. Mantrahaft sei hier auf die hohen Energiekosten, die überbordende Regelungsdichte und die hohe steuerliche Abgabenlast hingewiesen.

    Klar benannt werden müssen an dieser Stelle auch Fehlentscheidungen der Konzernleitungen, die z.B. durch Fehlinvestitionen eine drückende Schuldenlast verursachte und selbst gemachte Skandale, wie den Dieselskandal, der den bis dahin hervorragenden Ruf von „Made in Germany“ weltweit diskreditierte. Die Liste ist keineswegs vollständig und soll über eines nicht hinwegtäuschen: Es reicht nicht Politik, Management und damit „die Anderen“ für die Misere unseres Landes verantwortlich zu machen.

    Verantwortlich sind eben auch wir! Und damit meine ich uns, die Bürger dieses Landes und dieser Stadt. Wenn die IG Metall selbst an ihrem Aktionstag SOS Kugellagerstadt, „mehr Lohn, mehr Freizeit“ fordert, muss auch sie sich fragen, ob das das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt ist. Denn der Mut zur Klarheit erfordert es, auch hier eine klare Botschaft auszusenden: In Anbetracht des demografischen Wandels, der meines Erachtens zu den Hauptherausforderungen unserer Zeit gehört, müssen wir wieder bereit sein, nicht weniger, sondern mehr zu arbeiten.

    In einem Land wie Deutschland, das seit den 70er Jahren nur halb so viel Nachwuchs hervorbringt, wie es für ein stabiles Bevölkerungswachstum erforderlich ist, ist es schlichtweg unwahr zu behaupten, dass die Renten sicher seien. Der viel gerühmte Generationenvertrag funktioniert bereits jetzt nicht mehr! Ähnlich unter Beschuss ist unser Pflege- und Gesundheitswesen. Auch hier droht eine Erosion, die mit politischen Beruhigungspillen nicht geheilt werden kann.

    Es wird also höchste Zeit, dass wir alle umdenken, die Ärmel hochkrempeln, die Ansprüche herunterschrauben und uns an unsere alten deutschen Tugenden erinnern: Fleiß, Zuverlässigkeit, Freude an der Arbeit statt work-life-balance.

    Sicherlich werden Sie sich jetzt fragen, sehr geehrte Frau Beringer, wann ich die Metaebene verlasse und einen Zusammenhang zu unserer Stadt Schweinfurt herstelle. Ich meine, dies bereits im Jahr 2014 getan zu haben. Vor dem drohenden Abzug der amerikanischen Streitkräfte und dem Erwerb von ca. 80 Hektar Konversionsflächen habe ich das Motto "WWW" ausgerufen. Hinter den drei W stand das Leitmotiv und die Adressgebung des gesamten Konversionsprozesses: Wohnen, Wissen, Wirtschaft.

    Sie haben freundlicherweise in Ihrem Brief an mich darauf hingewiesen. Und so ist in Bellevue eines der schönsten Wohngebiete in Schweinfurt entstanden. Auf dem Gelände der Ledward Barracks hat nicht nur die THWS mit ihrer Fakultät der Wirtschaftswissenschaften Fuß gefasst, sondern es wurde vor kurzem der Grundstein für das Wasserstoffzentrum gelegt. In zwei der großen Gebäude, die gemeinsam mit dem Studentenwohnheim den Ehrenhof bilden, soll in Zusammenarbeit mit der IHK und der THWS ein Gründer- und Technologiezentrum entstehen. Unser Ministerpräsident persönlich hat uns hierzu eine Finanzspritze von allein fünf Millionen Euro in Aussicht gestellt.

    Wenn der Zweckverband der Conn Barracks der Empfehlung der Geschäftsführung folgt, werden wir noch im April die Entscheidung über den Erwerb von ca. 200 Hektar Konversionsfläche vor den Mauern der Stadt Schweinfurt beschließen. Der Zweckverband besteht aus den Gemeinden Geldersheim, Niederwerrn, der Stadt und dem Landkreis Schweinfurt und würde dann über eine der größten zusammenhängenden, potenziellen Gewerbeflächen Bayerns verfügen! Erste Interessensbekundungen von mutmaßlichen Investoren liegen uns bereits vor.

    Vergessen wir nicht: Krisenjahre sind Gründerjahre! Mit dem Dreiklang aus Wohnen, Wissen und Wirtschaft setzt Schweinfurt auf die richtigen Themen und kann sich so neu erfinden. Wie erfolgreich dies in der Vergangenheit geschah, lehrt eine Besichtigung der ZF-Sachs-Firmenausstellung: auf die jeweilige Fragestellung der Zeit die passende technologische Antwort zu geben!

    Sie sehen also, liebe Frau Beringer, dass ich noch beabsichtige einige politische Weichen vor meinem Laufbahnende zu stellen und damit einen Entwicklungsprozess zu einem guten Abschluss zu bringen, den ich mit meiner Verwaltung und dem Stadtrat gemeinsam 2014 in Lauf gesetzt habe.

    Bitte unterstützen Sie mich mit Ihrer Berichterstattung auf diesem Weg, denn auch die wichtigste Botschaft verhallt, wenn sie nicht immer wieder in Erinnerung gerufen wird.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Ihr Sebastian Remelé, Oberbürgermeister

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