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Schweinfurt: Argumente zum Bürgerentscheid: Stadtwald oder Bürgerpark mit LGS

Schweinfurt

Argumente zum Bürgerentscheid: Stadtwald oder Bürgerpark mit LGS

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    Die ehemalige Panzerhalle 237 soll im Rahmen einer Landesgartenschau zur Blumen- und Gastronomiehalle umgebaut werden.
    Die ehemalige Panzerhalle 237 soll im Rahmen einer Landesgartenschau zur Blumen- und Gastronomiehalle umgebaut werden. Foto: Oliver Schikora

    Die Diskussion läuft, Befürworter beider Seiten streiten – manchmal sachlich, manchmal mit harten Bandagen. Wir haben die Argumente unter die Lupe genommen, Zusatzinformationen eingeholt und erklären im Detail, worum es geht.

    Der Stadtwald – das Ziel der Bürgerinitiative

    Der Stadtwald, als Gegenvorschlag zur Landesgartenschau (LGS) hat ihn die Bürgerinitiative eingebracht.Um, wie sie sagt, etwas für das Klima zu tun, anstatt Millionen in eine Landesgartenschau zu versenken. Als unparteiische Stelle antwortet das Amt für Landwirtschaft und Forsten (ALF) auf unsere Nachfragen. Was für ein Mineralboden unter der seit 80 Jahren versiegelten Asphaltfläche und der darunterliegenden Schotterschicht ist, weiß niemand. Bodenproben werden zeigen, welcher Aufwand nötig ist, was es kostet und welche Anpflanzungen sinnvoll sind. Aber: Die Behörde geht davon aus, dass bei "jeder Form einer grünen Umgestaltung" - also sowohl für Bürgerpark als auch Stadtwald - auf der bisher versiegelten Flächen "Asphalt und der Schotter als Unterbau bis zum Mineralboden entfernt und Mutterboden in ausreichender Höhe aufgebracht wird". Aufforstungen ehemaliger Deponien hätten laut ALF gezeigt, dass dies für den Erfolg wesentlich sei. Mit der Aufforstung einer versiegelten Fläche habe man bisher aber keine Praxiserfahrungen. 

    Was liegt darunter? Erst wenn der Boden in der ehemaligen Kaserne entsiegelt ist, kann man Proben nehmen und weiß, ob der Boden für einen Bürgerpark oder einen Stadtwald ausgetauscht werden muss.
    Was liegt darunter? Erst wenn der Boden in der ehemaligen Kaserne entsiegelt ist, kann man Proben nehmen und weiß, ob der Boden für einen Bürgerpark oder einen Stadtwald ausgetauscht werden muss. Foto: Oliver Schikora

    Die Kosten für den Bodenaustausch sind weder für einen Stadtwald noch für einen Bürgerpark mit LGS eingerechnet. Die Stadtverwaltung schätzt, dass für einen Wald der Boden zwei bis drei Meter tief ausgetauscht werden müsste. Für einen Park wäre das in diesem Ausmaß nicht nötig, so Baureferent Ralf Brettin gegenüber der Redaktion. Ob das so ist, ist offen. Die Kosten für die nötige Entsiegelung inklusive Abriss der noch bestehenden Gebäude schätzt die Stadtverwaltung mit 2,6 Millionen Euro. Sie sind nicht Teil des Landesgartenschau-Budgets. Die Stadt erwartet 60 Prozent Fördermittel, fertig sein will man Mitte 2020.

    Kostet der Stadtwald wirklich nur 400 000 Euro?

    Die Angaben der Bürgerinitiative sind seriös. Die reine Anpflanzung einer Fläche von 10 Hektar, um die es laut BI geht, kostet laut ALF inklusive Pflanzen nur 100 000 Euro, geht man von den laut BI 50 000 Setzlingen aus, die auch das ALF für ausreichend hält. Man gehe nicht davon aus, dass es in der Stadt einen Schutz gegen Wildverbiss gibt, so die Behörde. Je nachdem, wie groß die Setzlinge sind, ob es Ausfälle wegen Trockenheit gibt oder mehr Unkraut wegen starker Niederschläge, ob man teurer oder billiger einkauft, fallen die Kosten höher oder niedriger aus.

    Laut Ulrike Schneider, die mit Annelie Maidhof das Bürgerbegehren initiiert hatte, sind die vom Amt genannten Pflanzkosten niedriger als andere Förster sie geschätzt hätten. Inklusive der Anlage von Waldwegen hätten diese zwischen 150 000 und 350 000 Euro gelegen. Mit 400 000 Euro habe die Bürgerinitiative einen Puffer eingeplant. Unter dem Strich nannte Schneider immer 100 000 Euro, die an Kosten bleiben würden, wenn man die Förderung abziehe. Die Quellen der Bürgerinitiative sind also von weit höheren Kosten für die Anpflanzung ausgegangen als das ALF.

    Eine Förderung gibt es nur auf die Anpflanzung selbst und die Pflege in den ersten sechs Jahren. Laut Amt für Landwirtschaft und Forsten liegt der Zuschuss dafür zwischen 6250 und 6750 Euro pro Hektar, insgesamt bei rund 70 Prozent.  Die Wege selbst werden nicht gefördert. Wohl aber eine spätere Pflege des jungen Waldes. Gepflegt werden muss der Wald anfangs  zweimal im Jahrzehnt, später einmal (Kosten: je 500 bis 1000 Euro pro Hektar). Laut Schneider hat man für die Aufforstung 250 000 Euro angesetzt, für Waldwege und Holzbänke 25 000 Euro.

    Alle rechtlichen Fragen zum Bürgerentscheid erklären wir hier.

    Gepflanzt werden sollen laut Bürgerinitiative schnellwachsende Bäume wie Birken und Pappeln. Beides Pionierbaumarten – widerstandsfähig, und geeignet für die Aufforstung bisher unkultivierter Flächen, so das ALF. Sowohl Birken und Pappeln als auch die von der BI weiter genannten Linden oder Ahornbäume wurzeln etwa ein bis 1,50 Meter tief. Ob die Baumarten geeignet sind, könne man nicht abschließend bewerten, so das ALF, die Bodenqualität sei dafür wesentlich.

    Wann sind die Bäume wie hoch?

    Wie schnell die Bäume wachsen, hängt laut ALF von vielen Faktoren ab: den Pflanzen, dem Boden, dem Wetter. Die Erfahrung zeige, dass die Bäume in einer Deponieaufforstung mit wenig Mutterboden nach etwa sieben bis acht Jahren zwischen 3,5 Meter (Douglasie) bis fünf Meter (Bergahorn) hoch sind. Was den Aussagen der Bürgerinitiative, die von drei Metern innerhalb sieben Jahren sprach, nahe kommt. Bäume, die auf Waldböden wachsen, erreichen laut ALF schneller andere Höhen. Nach rund neun Jahren zwischen 7,5 und elf Meter.

    Der Klimaeffekt

    Was ein Stadtwald dem Klima bringen würde, lässt sich leicht errechnen. Nach Angaben der Behörde sind es über alle Baum-Altersklassen hinweg zwischen zehn und 13 Tonnen Kohlendioxid-Einsparung pro Hektar Wald jährlich. 

    Wieviel Wald liegt innerhalb der Stadtgrenzen Schweinfurts?

    500 Hektar. Insgesamt besitzen Stadt und Hospitalstiftung 1850 Hektar, das meiste im Landkreis Bad Kissingen. Die 500 Hektar Wald (selbstverständlich inklusive Waldwegen und Lichtungen) innerhalb der Stadtgrenzen entsprechen bei einer Gesamtfläche von 35 Quadratkilometern gut 14 Prozent der städtischen Fläche. Der vorgeschlagene Stadtwald mit zehn Hektar entspricht zwei Prozent der innerstädtischen Waldfläche. Dass Schweinfurt arm an Wäldern ist, stimmt laut ALF nicht. In Unterfranken, wo es mehr Kommunalwald gibt als anderswo im Freistaat, liege die Stadt im Mittelfeld.

    Die Grafik zeigt oben die Planung für einen Bürgerpark mit Landesgartenschau und darunter auf dem selben Gelände in den ehemaligen Ledward-Kasernen und am Kessler Field die Planung des Stadtwaldes.
    Die Grafik zeigt oben die Planung für einen Bürgerpark mit Landesgartenschau und darunter auf dem selben Gelände in den ehemaligen Ledward-Kasernen und am Kessler Field die Planung des Stadtwaldes. Foto: Jutta Glöckner

    Was ist mit der Fernwärmeleitung in der Kaserne?

    Ein großer Streitpunkt. Die BI rechnet mit einem zehn Meter breiten Schutzstreifen, Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) sagt, er müsse 20 Meter breit sein. Ulrike Schneider hat den Bundesverband Fernwärmeleitung e.V. aus Dresden gefragt. Tobias Loitsch sagt (die E-Mail liegt der Redaktion vor), eine bestehende Leitung müsste wegen eines Stadtwaldes oder eines Bürgerparks nicht verlegt werden. Für eine Hausanschlussleitung brauche es links und rechts vier Meter Breite, für eine Fernwärme-Transportleitung beidseitig sechs Meter. Auf Anfrage erklärte Stadtwerke-Pressesprecherin Hannah Schesink, man könne „keine genaueren Auskünfte zu diesem Thema geben“, da „zum Schutz unserer Versorgungsinfrastruktur die Lage und genauere Informationen zu den Haupttrassen der Stadtwerke Schweinfurt GmbH streng vertraulich sind.“ Die Stadtwerke schreiben in einem Merkblatt von beidseitig 2,50 Meter Schutzstreifen, laut Schesink bezieht sich das aber auf Fernwärme-Hausanschlüsse. Baureferent Ralf Brettin sagt, die Stadt plane im Rahmen der Landesgartenschau keine Verlegung der Leitung. Da darüber Wiese geplant sei, gebe es keine Probleme mit Abstandsflächen.

    Wo sollen die Besucher der Landesgartenschau parken?

    Ein Konzept gibt es noch nicht. Im Nordosten des Geländes hinter den FH-Neubauten sind 1200 Pkw-Parkplätze geplant. Die Stadt geht davon aus, dass 2026 die Fachhochschule noch nicht alle Flächen des 8,5 Hektar großen Areals für i-Campus und i-Factory bebaut hat. In den Parkbuchten des Volksfestplatzes gibt es 370 Parkplätze, weitere mehrere hundert, wenn der Platz nicht für eine Veranstaltung genutzt wird. Im Zeitraum der Landesgartenschau 2026 gibt es das Volksfest und die Unterfrankenschau ufra auf dem Volksfestplatz. Baureferent Ralf Brettin plant verstärkte ÖPNV-Verbindungen, schnellere und häufigere Bus-Shuttle vom Bahnhof zum LGS-Gelände und geht davon aus, dass auch durch Elektro-Mobilität bis dahin neue Transportkapazitäten vorhanden sind.

    Wie groß sind die LGS-Flächen, wo liegen sie?

    Im nordwestlichen Teil der Ledward Kasernen oberhalb des jetzigen Ankerzentrums und unterhalb der Kleingartenanlage Alte Warte sind 9,8 Hektar eingeplant, im Kessler Field unterhalb des Wohnviertels Yorktown Village 2,3 Hektar. Die so genannten Daueranlagen entstehen in beiden Gebieten auf 10,5 Hektar, die temporären Anlagen im Kessler Field auf 0,8 Hektar, dazu kommen noch Erschließungsanlagen.

    Was kosten der Bürgerpark in den Ledward-Kasernen und die Dauergrünflächen im Kessler Field?

    Der Stadtrat hat im städtischen Entwicklungskonzept ohnehin einen Park dort vorgesehen. Dieser sowie die Fläche im Kessler Field sind 105 832 Quadratmeter groß, bei 60 Euro pro Quadratmeter wäre man bei 6,34 Millionen Euro. Der Quadratmeter-Preis ist laut Baureferent Ralf Brettin ein Erfahrungswert der Konzeptplaner. Eine höherwertigere Realisierung der Parkflächen im Rahmen einer Landesgartenschau würde 1,49 Millionen Euro mehr kosten.

    Was bietet ein Landesgartenschau-Park mehr als ein herkömmlicher Bürgerpark?

    Laut Ralf Brettin würde man bei einem LGS-Park zum Beispiel mehr und besondere Spielplätze bauen, ein zusätzliches Sportangebot schaffen, die Wege anders gestalten, höherwertigere Ausstattungsgegenstände aufstellen, auch Kunst im Park. Die größten Posten der geplanten 7,4 Millionen Euro für die Daueranlagen in der Kaserne sind 1,7 Millionen für die Gestaltung der 42 610 Quadratmeter großen Wiese, 1,58 Millionen für einen 6340 Quadratmeter großen Spielbereich, 1,42 Millionen für Wegeflächen und eine Millionen für die Panzerhalle 237, die die Blumenhalle werden soll.

    Wie hoch sind die Kosten für die Landesgartenschau und wie werden sie finanziert?

    Es gibt zwei Haushalte. Der Durchführungshaushalt beinhaltet die Kosten für die nicht dauerhaften Veranstaltungen und Maßnahmen wie gärtnerische Anlagen, Hallenschauen, temporäre Bauwerke, die Kosten der Durchführung (auch Personal) sowie die Kosten für Werbung. Angesetzt sind 12,1 Millionen Euro brutto. Der Investitionshaushalt beinhaltet alle Planungs- und Baukosten, er beträgt 12,35 Millionen Euro brutto.

    Die Finanzierung ist zweistufig. Für den Investitionshaushalt bekommt die Stadt einen einmaligen Zuschuss von fünf Millionen Euro vom Freistaat. Sollte der Bau teurer werden, wird der Zuschuss nicht erhöht. Beim Durchführungshaushalt geht man davon aus, dass dieser durch Eintrittsgelder, Verkaufserlöse, Pachten, Provisionen, Sponsoring und Werbeeinnahmen gedeckt wird.

    Wie die wirklichen Baukosten aussehen, ist im Moment offen: Es gibt noch keine genauen Pläne und keine Ausschreibung, erst in zwei bis drei Jahren. Die Kostenschätzung der Stadt beruht laut Bayerischer Landesgartenschau GmbH auf Erfahrungswerten der letzten 39 Jahre. Sie müssen immer in Bezug auf Größe des Geländes und Dauer der Gartenschau gesehen werden und seien für Schweinfurt als realistisch zu sehen.

    Wie hat die Stadt die erhofften Besuch-Zahlen ermittelt?

    Sie sind ein Durchschnittswert aller Landesgartenschauen seit 2004. Mit Ausnahme von Würzburg waren die tatsächlichen Besuche in den letzten 14 Jahren immer über der Schätzung, ob in Bamberg, Rosenheim, Burghausen, Marktredwitz oder Bayreuth. Die Stadt plant mit 750 000 Besuchen (nicht Besuchern). 

    Eine detaillierte Auflistung der Stadt, wie hoch der durchschnittliche Eintrittspreis in der Kalkulation ist, wie viele Dauerkarten man plant zu verkaufen, wie hoch Einnahmen aus Sponsoring, etc. sind,  wurde bisher nicht vorgelegt.

    Gibt es Fördermittel nur wegen der Landesgartenschau?

    Nein, dieser in manchen Diskussionen vermittelte Eindruck stimmt nicht. Die Stadt hat das auch nie so kommuniziert. Baumaßnahmen werden grundsätzlich aus verschiedenen Töpfen gefördert - Förderprogramme des Landes, des Bundes, der EU. Die so genannten Korrespondenzprojekte (eine Art grünes Band über Volksfestplatz, Schuttberg, Chateaudun-Park bis zur Mainleite) kann man auch unabhängig von der Landesgartenschau umsetzen und wird dafür auch Fördergelder bekommen. Die Stadtverwaltung verweist darauf, dass die Landesgartenschau 2026 eine Bündelungswirkung erzeugt und man deswegen auch für damit in Verbindung stehende Projekte möglicherweise mehr Fördermittel bekommt als sonst. Nicht vergessen darf man, dass durch staatliche Förderung natürlich der Eigenanteil vor Ort sinkt, diese aber dennoch Steuermittel sind. 

    Im Rathaus Foyer vor dem Bürgerservice wird auf zwei Schautafeln über die Bürgerentscheid-Positionen zum Bürgerpark mit Landesgartenschau und zum Stadtwald informiert.
    Im Rathaus Foyer vor dem Bürgerservice wird auf zwei Schautafeln über die Bürgerentscheid-Positionen zum Bürgerpark mit Landesgartenschau und zum Stadtwald informiert. Foto: Oliver Schikora

    War Schweinfurt für 2026 der einzige Bewerber bayernweit?

    Laut den Geschäftsführern der bayerischen Landesgartenschau GmbH, Dagmar Voss und Martin Richter-Liebald, war das Vergabeverfahren der Bewerbungsrunde 2024-2026 zweistufig. Im ersten Schritt gab es 17 Bewerber, für den zweiten Schritt wurden sieben Städte ausgewählt, vier davon bewarben sich bevorzugt für 2026.

    Sollte die LGS abgelehnt werden, gibt es finanzielle oder rechtliche Konsequenzen für die Stadt?

    Nein. Aus einer Ablehnung der Landesgartenschau resultieren hinsichtlich des erteilten Zuschlags keine finanziellen oder rechtlichen Konsequenzen, auch gegenüber der Bayerischen Landesgartenschau GmbH nicht.

    Welche Kommunen lehnten eine LGS per Bürgerentscheid ab?

    1980 gab es die erste bayerische Landesgartenschau, seither fast jährlich eine. Es wurden 480 Hektar neue dauerhafte Grünflächen geschaffen, mit der IGA 83 und der BUGA 2005 sogar 747 Hektar. Der Freistaat bezuschusste alle diese Projekte mit insgesamt 85 Millionen Euro. Nur in Traunstein und in Erlangen wurden per Bürgerentscheid die LGS-Pläne abgelehnt.

    Wie hoch sind die Pflegekosten des Bürgerparks?

    Schwer zu schätzen. Ralf Brettin geht davon aus, dass 1,5 bis zwei neue Stellen bei der Stadt geschaffen werden müssten. Inklusive Material kann man von rund 150 000 Euro pro Jahr ausgehen.

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