Für wie gefährlich halten die Menschen in und um Grafenrheinfeld das dortige Zwischenlager für hoch radioaktive Brennelemente (BZR)? 38 Prozent stufen es als "ziemlich hohes Risiko" ein. Das zumindest hat eine repräsentative Umfrage des Betreibers BGZ ergeben. Demnach sehen aber 49 Prozent ein "geringes Risiko". "Die Risikowahrnehmung ist unterschiedlich ausgeprägt", interpretiert die BGZ die Resultate.
Das Unternehmen hat 3500 Menschen im Umkreis von 25 Kilometern rund um die 16 Zwischenlagerstandorte in Deutschland befragen lassen. Die Antworten in Grafenrheinfeld unterschieden sich nur in Nuancen zu denen im Bundesdurchschnitt.
Es geht um die Verlängerung der Betriebsgenehmigung
Den Hintergrund der Befragung liefert das bundeseigene Unternehmen bei der Veröffentlichung der Daten gleich mit: Sie gehört zum Vorbereitungsszenario, wenn es um die Verlängerung der 2046 endenden Betriebsgenehmigung geht. „Die Ergebnisse der Umfrage werden wir in unsere Arbeit aufnehmen, Handlungsbedarf identifizieren und Maßnahmen insbesondere in Bezug auf die verlängerte Zwischenlagerung ableiten“, wird die Vorsitzende der BGZ-Geschäftsführung, Bettina Hesse, zitiert.

Die Umfrage-Macherinnen und -Macher haben als einen der wichtigsten acht Punkte ihrer Umfrage identifiziert: Information sei ein zentraler Schlüssel dafür, in der Bevölkerung Vertrauen zu schaffen. Und die BGZ kündigt für dieses Jahr ein neues Konzept zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an. Gerade die Frage, wie transparent und vollständig die Informationen sind, hat immer wieder für Kritik gesorgt.
Unter anderem fordert das Aktions-Bündnis gegen Atomkraft (SWAB) seit Jahren einen Runden Tisch. Hier könnte sie Nutzen aus der Umfrage ziehen. In den Leitsätzen des Ergebnisberichts heißt es: "Öffentliche Diskussionen um das Zwischenlager fördern die Informiertheit. Diese Diskussionen finden in der Mehrheit der Regionen aus Sicht der Befragten allerdings nur selten oder gar nicht statt."

Um die Genehmigungsverlängerung zu beantragen, ist es der BGZ offenbar besonders wichtig, den Informationsstand der Bevölkerung genau zu kennen. Der Umfrage zufolge wissen zwei Drittel der Menschen von der Existenz des Zwischenlagers BZR. 49 Prozent halten es auch für notwendig, während 31 Prozent unentschlossen sind. Ein zusätzliches Informationsbedürfnis melden 53 Prozent der Personen in und um Grafenrheinfeld an; immerhin drei Prozent mehr als im Bundesdurchschnitt. 88 Prozent erwarten demnach Informationen von den klassischen Medien wie Zeitung, Radio und Fernsehen.
Bemerkenswertes Fazit der Zwischenlager-Betreiberin
Bemerkenswert ist daher ein Fazit aus BGZ-Sicht: Die Menschen würden mit dem Zwischenlager nur ein geringes Risiko verbinden und gleichzeitig angeben, gut über die Aufbewahrung der radioaktiven Abfälle informiert zu sein. Und das, obwohl die Umfrage zum Schluss kommt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger beim Thema Zwischenlagerung "nur wenig informiert" fühlten. Für Grafenrheinfeld heißt dies: Dreiviertel der Befragten halten sich für "nicht gut" oder "gar nicht" informiert.
Eine Akzeptanz gegenüber der Zwischenlagerung in der Region lasse sich bei den Befragten erkennen, so die abschließende Bilanz der BGZ, die weitere Umfragen ankündigt. Dass sich die Entsorgung des Atommülls in staatlicher Hand befindet, befürworten 71 Prozent der Befragten in und um Grafenrheinfeld.
Zwischenlager in GrafenrheinfeldDas ältere der beiden Zwischenlager in Grafenrheinfeld ist das Brennelemente-Zwischenlager (BZR, früher: Bella). Es ist 2006 in Betrieb gegangen. Dort lagern die verbrauchten, aber weiterhin hoch radioaktiven Brennelemente in 54 Castor-Behältern. Es sollen keine mehr dazukommen. Die Genehmigung läuft 2046 aus. Da die Endlagersuche für derlei Atommüll neu gestartet worden ist, ist damit zu rechnen, dass der Betrieb über weitere Jahre hinaus erlaubt werden wird.Das neuere Gebäude ist für den Abbau des stillgelegten Atomkraftwerks Grafenrheinfeld gedacht. In das Abfall-Zwischenlager (AZR) werden nach und nach Container mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall eingestellt, der bei der laufenden Zerlegung des Werks anfällt. Zudem liefert Kraftwerksbetreiber Preussen-Elektra Müll von anderen Standorten an. Er soll später im Endlager Schacht Konrad landen, das "zu Beginn der 2030er-Jahre" (so Betreiberin BGE) den Betrieb aufnehmen soll.Alle Zwischenlager hat die Bundesrepublik 2019 aus der Verantwortung der Kraftwerksbetreiber übernommen. Zuständig ist die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ).Quelle: BGZ, BGE, eigene Recherchen