Ein indisches Passagierflugzeug ohne Funkkontakt zum Boden hat am Freitagvormittag über Schweinfurt für einen Einsatz der Deutschen Luftwaffe gesorgt. Das bestätigte die Deutsche Flugsicherung auf Anfrage. Erst Ende Februar hatte es einen ähnlichen Einsatz über Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) gegeben). Doch dieses Mal wurden vorsichtshalber auch Atomkraftwerke, darunter das in Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) geräumt.
Zwei Eurofighter, die als Abfangjäger zusammen eine „Alarmrotte“ bilden, sind am Freitag zur Sicherung des Luftraums binnen 15 Minuten nach einem kurzfristigen Quick-Reaction-Alert (QRA) vom Gefechtsstand in Neuburg an der Donau gestartet. Die Abfangjäger flogen anschließend so nah an das Passagierflugzeug heran, dass die Piloten durch internationale Handzeichen aus dem Cockpit Entwarnung signalisiert bekamen.
Die deutsche Alarmrotte habe die Maschine der Fluglinie Indian Air bis Köln begleitet, sagte ein Sprecher der Luftwaffe. Dann habe sie an die belgische QRA übergeben.
KKG-Personal verlässt Gelände
Die Maschine war der Luftwaffe zufolge bereits aus dem tschechischen Luftraum ohne Funkspruch in den deutschen geflogen. Auch die Tschechen hätten die Maschine per QRA bis zur Grenze begleitet. Der Flieger sei vom Subkontinent auf dem Weg nach London gewesen.
Laut Luftwaffensprecher gab die Bundespolizei an Bundesländer und Kernkraftbetreiber einen sogenannten Renegade-Voralarm aus. So ging am Vormittag ein „zentraler Alarm“ im Atomkraftwerk Grafenrheinfeld (KKG) ein, bestätigt Kraftwerksleiter Reinhold Scheuring: Demnach habe das Personal außer einer Notbesetzung das Kraftwerksgelände verlassen und außerhalb gewartet, bis Entwarnung gegeben wurde. Die hat die Zentrale von Betreiber Preußen Elektra gegen 11.45 Uhr gegeben, sagt dessen Sprecherin Almut Zyweck auf Nachfrage. Kurz nach 10.30 Uhr war die Alarmierung eingegangen.
Einen Renegade-Voralarm gibt es laut der Betreibersprecherin mehrmals jährlich. Er erfolgt bundesweit und wird laut Luftwaffensprecher abgesetzt, wenn möglicherweise ein Luftfahrzeug aus terroristischen oder anderen Motiven als Waffe verwendet werden könnte. Dauer und Art des Funkausfalls seien maßgeblich.
AKW-Räumungen sind selten
Ob eine Räumung des Kraftwerks notwendig wird, liege dann im Ermessen der Werksleitung, der Behörden vor Ort und der Betreiberleitung. Entscheidend sind Lage und Dauer des Alarms, sagt Preußen Elektra-Sprecherin Zyweck. Bisher sei immer innerhalb kürzester Zeit wieder Entwarnung gekommen, sodass sich die Frage von selbst erledigt hatte. „In meinen 14 Jahren habe ich keine Räumung erlebt.“
Preußen Elektra hat am Freitag vier Standorte geräumt: neben Grafenrheinfeld Grohnde, Unterweser (beide Niedersachsen) sowie Brokdorf (Schleswig-Holstein). Alle Anlagen waren entweder stillgelegt oder wegen Revision außer Betrieb. Auch Anlagen anderer Betreiber wurden geräumt. In Brokdorf löste die Polizei eine zufällig am selben Tag stattfindende Blockade-Demonstration auf. Damit sei die Meldung von der AKW-Räumung laut Zyweck vermutlich „öffentlichkeitswirksam“ geworden.
Mit Informationen von dpa