„Ich habe mich gefreut, dass sich in der Schule wieder etwas zum Positiven entwickelt.“ Bürgermeisterin Birgit Göbhardt hatte gute Nachrichten in der Bürgerversammlung in Hoppachshof. Die Volksschule Schweinfurter-Rhön wurde als Satellitenschule für das Projekt „flexible Grundschule“ ausgewählt. Nach den Negativschlagzeilen von schwindenden Schülerzahlen, der Auslagerung der Hauptschulklassen und finanziellen Sorgen eine umso bessere Nachricht.
Schulleiterin Kerstin Weber hatte sich in Abstimmung mit dem Lehrerkollegium, der Gemeinde und dem Elternbeirat für dieses Modellprojekt des Kultusministeriums und des Bildungspaktes Bayern beworben und den Zuschlag erhalten. An 20 Stammschulen in Bayern läuft das Projekt seit eineinhalb Jahren. Im Herbst kommen rund 60 Satellitenschulen dazu, in denen die flexible Grundschule eingeführt wird. Neun sind in Unterfranken, neben der Üchtelhäuser Schule wurde die Auenschule Schweinfurt ausgewählt. Unterstützt werden die beiden von einer der Stammschulen, der Volksschule Wartmannsroth, die dann auf zwei Jahre Erfahrung zurückblicken kann. Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation übernimmt das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) in München.
„Wir sind im Lehrerkollegium von diesem pädagogischen Konzept überzeugt“, sagt Weber. Die Flexible Grundschule bietet den Kindern ein hohes Maß an individueller Förderung. Zu Beginn des ersten Schuljahrs wird geschaut, auf welchem Lernniveau sich die Kinder befinden. Dadurch kann jeder Schüler von Anfang an so gefördert werden, wie es seinem Leistungstand entspricht. Dazu braucht es Voraussetzungen. Es wird in jahrgangsgemischten Klassen gearbeitet, mit maximal 25 Schülern. Außerdem gibt es bis zu fünf Differenzierungsstunden zusätzlich. Der Unterricht wird offener, es wird mehr Wert auf Kooperation gelegt.
Je nach Vorwissen und individuellem Lerntempo kann ein Kind die ersten beiden Grundschuljahre in einem Jahr durchlaufen oder sich drei Jahre dafür Zeit nehmen. „Erfahrungsgemäß bleibt dem Gros der Schüler nach wie vor zwei Jahre Regelbesuchszeit, zwei Prozent schaffen es in einem Jahr und vier bis fünf Prozent bleiben drei Jahre“, erklärt Weber. Die unterschiedliche Verweildauer in der Eingangsstufe wird nicht auf die Pflichtschulzeit angerechnet.
Karl-Heinz Deublein, Schulleiter der Stammschule in Wartmannsroth, sieht vor allem einen großen Vorteil des neuen Modells: Die Zusammenarbeit mit den Eltern wird besser. In „Lernentwicklungsgesprächen“ wird mit Kind und Eltern der schulische Fortschritt angeschaut, werden ein bis zwei kleine neue Ziele gesetzt. „Durch diese Gespräche ersparen wir uns die Zwischenzeugnisse“, erklärt Deublein, die die Lehrer ja auch viel Zeit kosteten. „Zeugnisse lesen Eltern einmal und sie fragen selten nach, wenn sie etwas nicht verstehen.“ In einem gemeinsamen Gespräch aber könnten Fragen geklärt werden, das findet Deublein „ganz, ganz positiv“.
Schulamtsdirektor Günther Hartlieb begrüßt es, dass gleich zwei Schulen aus seinem Bezirk in das Projekt aufgenommen wurden. Mit diesem Modell werde der aktuellen Situation Rechnung getragen. „Wir haben schon immer Kinder, die in die erste Klasse kommen und schon lesen, schreiben und rechnen können, und andererseits solche, die weder die Farben kennen noch mit einer Schere umgehen können.“ Diese könnten jetzt individuell gefördert werden. Eine Klasse zu überspringen, war früher immer mit einem hohen Aufwand verbunden, das sei in der flexiblen Grundschule aber kein Problem mehr. Er vermutet, dass die beiden Schulen gezielt ausgewählt wurden, eine aus dem städtischen Umfeld und die andere aus einem ländlichen Einzugsbereich. Dazu komme, dass beide Schulen bereits Erfahrungen mit jahrgangsübergreifenden Klassen haben. „Wir freuen uns über den Zuschlag“, sagte Hartlieb.