Seit die Spritpreise aufgrund des Ukrainekriegs in die Höhe geschossen sind, muss Marius Schlereth deutlich tiefer in die Tasche greifen: Die Fahrt mit seinem schwarzen Audi A3 von seinem Zuhause in Waldfenster (Landkreis Bad Kissingen) bis zur Berufsschule nach Schweinfurt kostet den 19-jährigen Auszubildenden 70 Euro mehr pro Monat. Er spürt, wie viele Pendlerinnen und Pendler auch, in diesen Tagen noch deutlicher was es heißt, abhängig vom Auto und abgehängt vom Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) zu sein.
Der angehende Elektroniker für Automatisierungstechnik hat im September letzten Jahres seine Ausbildung beim Wälzlager-Konzern SKF in Schweinfurt begonnen. Um von seinem 778 Seelendorf in der Kissinger Rhön nach Schweinfurt zu gelangen, nutzt Schlereth, wie viele andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Region, sein Auto. Fünfeinhalb Liter Verbrauch auf 100 Kilometer waren für den 19-Jährigen mit einem Nettoeinkommen von zirka 800 Euro dabei bisher nicht nur lukrativ, sondern sind auch notwendig, wie im Gespräch deutlich wird.
Öffentlicher Nahverkehr ist keine Alternative
"Was ich bisher vom öffentlichen Nahverkehr in der Gegend mitbekommen habe, ist es mit den Verbindungen hier schwieriger", sagt Schlereth. Ein Blick in die Navigator-App der Deutschen Bahn bestätigt das. Laut App steuert die einzige Buslinie, die Waldfenster durchquert, den Ort nur im unregelmäßigen Takt über den Tag verteilt an.

Der nächste Bahnhof liegt im 13 Kilometer entfernten Bad Kissingen. Der erste Bus dorthin startet um 6.30 Uhr. Die letzte Verbindung nach Waldfenster fährt um 17.45 Uhr von Schweinfurt aus zurück. Die einfache Fahrzeit mit Bus und Bahn variiert so zwischen 50 Minuten und mehr als eineinhalb Stunden. Das war einer der Gründe, warum der 19-Jährige bereits mit 17 seinen Führerschein gemacht hat. "Mit dem Auto bin ich auf dem Land einfach viel flexibler", sagt Schlereth. Um Sprit und Nerven zu sparen, spricht sich der Waldfensterer lieber mit anderen Autofahrerinnen und Autofahren im Umkreis ab und fährt mit einer Fahrgemeinschaft nach Schweinfurt.
Eine Fahrgemeinschaft spart Sprit und Nerven
Ein Kollege, so Schlereth, wohnt im nächstgelegenen Arnshausen. Von dort aus geht es über Oerlenbach auf die A71 bis zu SKF nach Schweinfurt. "Das liegt sowieso auf dem Weg. Da treffen wir uns und fahren gemeinsam weiter, um anschließend noch ein paar andere Leute mit nach Schweinfurt zu nehmen", erklärt der Azubi. Mit dem Auto ist er so morgens knapp 40 Minuten unterwegs. Täglich wechseln sich die Fahrerinnen und Fahrer der Gemeinschaft ab.
Den Diesel hierfür tankt Schlereth an einer Tankstelle im Nachbardorf Stangenroth. Doch trotz der spritsparenden Fahrgemeinschaft spürt der junge Auszubildende hier immer wieder aufs Neue die Folgen der hohen Spritpreise. "Ich kann mir auf jeden Fall weniger leisten, als vorher."

Letztlich müsse er sich damit aber arrangieren. "Klar ist es doof, und ich kann nichts daran ändern, aber ich bin dadurch auch noch nicht in finanziellen Schwierigkeiten geraten", sagt Schlereth. Was den ÖPNV-Anschluss betrifft, gibt sich der 19-Jährige dennoch offen für neue Lösungen. "Wenn es eine gute Alternative geben würde, würde ich diese auf jeden Fall nutzen", bekräftigt er.
Konkret hieße das: Keine stundenlangen Wartezeiten an Haltestellen und eine bessere Anpassung auf die Schichten und Arbeitszeiten in der Industrie. Bisher habe er allerdings noch von keinem passenden Angebot für ihn etwas mitbekommen.
Kaum ein Bus fährt aus Wasserlosen nach Schweinfurt
Felix Lein aus Greßtal bei Wasserlosen hat derartige Alternativen für sich schon vor Jahren abgehakt. Für den 24-Jährigen, ebenfalls Elektroniker bei SKF, ist sein Auto unerlässlich im Alltag. "Das geht bei uns gar nicht anders", verdeutlicht er im Gespräch mit dieser Redaktion. Gerade einmal eine Buslinie fährt hier vom äußeren Rand des Landkreises ins 23 Kilometer entfernte Schweinfurt.
Die Abfahrtszeiten, die in erster Linie an die Schulzeiten angeglichen scheinen, passen dabei selten zu den Arbeitszeiten der Angestellten aus der Industrie. "Gefühlt fährt frühs ein Bus, und nachmittags wieder einer heim", sagt Lein. Zu starre, zu unflexibel Abfahrtszeiten, die kaum auf den Arbeitstag des Elektronikers, der auch mal ungeplant etwas länger im Betrieb bleiben muss, angeglichen sind.
95 Euro für eine Tankfüllung
Was fest geplante Fahrgemeinschaften betrifft, macht der tägliche Arbeitsablauf dem Pendler meist ebenfalls einen Strich durch die Rechnung. "Oft ist es so, dass ich auf der Arbeit kurzfristig statt um zwei, erst um vier heim fahre, weil noch etwas dazwischen gekommen ist." Für eine volle Tankfüllung seines Seat Leons, zahlt Lein dieser Tage, um die 95 Euro. "Das reicht ungefähr eineinhalb Monate", rechnet der Elektroniker vor.

Damit zahlt er im Vergleich das doppelte, wie noch vor zwei Jahren für den Diesel. "Das ist klar blöd, aber es nützt ja nichts, dass ich mich jeden Tag darüber aufrege." Im Alltag versuche er darauf zu achten, unnötige Fahrten durch die Gegend zu vermeiden, Einkäufe beispielsweise auf dem Nachhauseweg zu erledigen.
Komplett auf das Auto zu verzichten, sei für den 24-Jährigen keine Option. Auf lange Sicht hofft der Pendler deshalb, dass die Spritpreise wieder sinken. "Im Endeffekt muss ich es mir ja auch leisten", sagt Lein. Würden die Abfahrtszeiten im ÖPNV einigermaßen passen, würde auch Lein sich bei weiter steigenden Preisen künftig überlegen, mit dem Bus zur Arbeit zu pendeln. Bisher, so der Elektroniker, sehe er hierfür jedoch keine Möglichkeit.