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Schweinfurt: Boomende Geschäfte oder Abbau von Stellen: Wie ist die Lage bei ZF in Schweinfurt, Herr Süß?

Schweinfurt

Boomende Geschäfte oder Abbau von Stellen: Wie ist die Lage bei ZF in Schweinfurt, Herr Süß?

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    Manfred Süß, ZF-Werkleiter in Schweinfurt, ist zuversichtlich für die Zukunft von Unterfrankens größtem kommerziellen Arbeitgeber.
    Manfred Süß, ZF-Werkleiter in Schweinfurt, ist zuversichtlich für die Zukunft von Unterfrankens größtem kommerziellen Arbeitgeber. Foto: Anand Anders

    In den vergangenen Tagen hat die Gewerkschaft IG Metall mit mehreren Pressemitteilungen für Furore gesorgt. Thema darin waren Befürchtungen, die großen Industriebetriebe in Schweinfurt und der Region Main-Rhön könnten in den kommenden Jahren Personal abbauen. Ein Thema war auch der ZF Standort in Schweinfurt, an dem in drei Werken 9100 Mitarbeitende arbeiten. Der Automobilzulieferer mit Stammsitz in Friedrichshafen ist in der Region der mit Abstand größte kommerzielle Arbeitgeber. Im Gespräch widerspricht Standortleiter Manfred Süß den Befürchtungen deutlich. ZF habe gut 350 Millionen Euro in die Werke in Schweinfurt investiert und keine Pläne, sich mit der Elektromobilität aus Deutschland dauerhaft zurückzuziehen.

    SOS Industriestandort Schweinfurt – die Alarmglocken schrillen im Moment bei der IG Metall. Hat die Gewerkschaft recht, Herr Süß?

    Manfred Süß: Ich kann nur für ZF sprechen und da sage ich für Schweinfurt: nein. Es gibt nichts Neues, das uns aus der Bahn werfen würde oder anders wäre als das, was wir schon lange planen. Wir haben uns mit dem Projekt 2030 früh auf den Weg gemacht für die Transformation. Die IG Metall treibt vielleicht das gesamte Schweinfurt-Bild um, weniger die ZF.

    Was ist das Projekt 2030 genau?

    Süß: Entwickelt wurde es gemeinsam mit dem Betriebsrat, um den neuen Weg in die Elektromobilität gemeinsam zu gehen. Wir wollen am Standort investieren, aber auch schauen, wie man wettbewerbsfähig bleibt. Es gab sieben Teil-Projekte und 27 Initiativen, unter anderem neue Arbeitszeitmodelle im Schichtbetrieb, Führungsverhalten, Remote Work, Optimierung von Prozessen nicht nur in der Produktion. Es wurde viel umgesetzt, was jetzt auch wirkt.

    Wie hat es sich auf die Investitionen in die Entwicklung des Standorts Schweinfurt ausgewirkt?

    Süß: Geplant waren 180 Millionen Euro, wenn man genau hinschaut, ist es sogar das Doppelte geworden, was in den vergangenen Jahren vom Konzern in den Umbau der Produktion investiert wurde. So viel Produktionsfläche wie heute hatte der Standort Schweinfurt noch nie. Die Frage, wann sich etwas verändert, hängt davon ab, wie lange Fahrzeuge mit Verbrennermotor hergestellt werden. Man muss das beobachten. Wir sind aktuell voll ausgelastet und es läuft gut.

    Zusammengefasst: Die Lage bei Unterfrankens größtem kommerziellen Arbeitgeber ist gut?

    Süß: Von der Auftragslage und der Beschäftigung geht es uns gut. Natürlich ist es im Moment schwer, mit der Elektro-Mobilität insgesamt Geld zu verdienen.

    Hat die Gewerkschaft mit ihren Warnungen vor einem Arbeitsplatzabbau in Schweinfurt recht? ZF-Werksleiter Manfred Süß widerspricht auf seine Firma bezogen: "So viel Produktionsfläche wie heute hatte der Standort Schweinfurt noch nie."
    Hat die Gewerkschaft mit ihren Warnungen vor einem Arbeitsplatzabbau in Schweinfurt recht? ZF-Werksleiter Manfred Süß widerspricht auf seine Firma bezogen: "So viel Produktionsfläche wie heute hatte der Standort Schweinfurt noch nie." Foto: Anand Anders

    Dennoch spricht die Gewerkschaft davon, dass in den kommenden Jahren bis zu 2000 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen.

    Süß: Die Zahl kommunizieren wir schon lange. Wenn die Transformation abgeschlossen ist und die Elektromobilität kommt, braucht man in der Produktion weniger Mitarbeiter, da die Fertigungstiefe im Vergleich zum Verbrenner niedriger ist. Bei gleichem Umsatz und Produktionsvolumen braucht man weniger Beschäftigung. Darauf sind wir vorbereitet und es ist auch kein Abbau und funktioniert, zum Beispiel wenn Mitarbeitende in Rente gehen. In den vergangenen Jahren konnten wir 100 neue Stellen gar nicht besetzen, weil die Fachkräfte fehlen.

    Die Unruhe im Konzern vor allem in Friedrichshafen ist relativ groß, können Sie das nachvollziehen? Zieht sich ZF im Bereich der Elektromobilität aus Deutschland zurück?

    Süß: Wir haben gerade über 350 Millionen Euro am Standort Schweinfurt in Elektromobilität investiert. Ich denke, diese Zahlen sagen alles. Für ZF ist die Auftragslage im Moment gut, aber das gesamte Thema Transformation ist für jeden Automobilzulieferer eine Herausforderung. Das Unternehmen hat durch Zukäufe eine hohe Schuldenlast, dennoch gibt es für Deutschland eine große Investitionsbereitschaft. Jedes Unternehmen muss sich bewusst sein, dass es wichtig ist, weltweit für die Kunden vor Ort in deren Märkten zu produzieren. Die Zeiten sind vorbei, Produkte in hohen Stückzahlen über die Ozeane zu transportieren. Der Standort Schweinfurt wird kommendes Jahr 130 Jahre alt. Das alleine zeigt, wie innovativ und offen für Wandel der Standort ist, kommend vom Fahrradgeschäft oder dem klassischen Sachs-Motor bis heute zum Elektromotor. Der Slogan 'Aus Tradition innovativ' trifft da voll zu. Es gab immer Wandel und wir haben das auch gekonnt. Und können es jetzt auch.

    Was tut ZF in Schweinfurt, um die Mitarbeitenden in der Transformation mitzunehmen?

    Süß: Es ist viel Kommunikation nötig, dass alle mitziehen. Wir müssen den Mitarbeitenden die Angst vor etwas Neuem nehmen. Der Vorteil ist, dass man in der Automobilbranche eine größere Planbarkeit hat, was es in anderen Industriebereichen so nicht gibt.

    Das ZF Werk Nord am Standort Schweinfurt in der Ernst-Sachs-Straße. Insgesamt arbeiten für ZF in der Wälzlagestadt 9100 Mitarbeitende.
    Das ZF Werk Nord am Standort Schweinfurt in der Ernst-Sachs-Straße. Insgesamt arbeiten für ZF in der Wälzlagestadt 9100 Mitarbeitende. Foto: Anand Anders

    Was erwarten Sie sich von der Politik?

    Süß: Planbarkeit. Bei den Energiekosten ist es kein Geheimnis, dass wir in Deutschland nicht vorne dabei sind. Vor zwei Jahren gab es die Diskussion über Plug-In-Hybridantriebe, die ich immer noch für eine sehr gute Übergangstechnologie halte. Im vergangenen Jahr wurde die Förderung für Elektro-Fahrzeuge gestoppt, was den Endverbraucher verunsichert. ZF hat an vielen Standorten in Deutschland hohe Summen investiert und es ist wichtig, dass es für Jahre Planbarkeit gibt. Es wäre fatal, wenn man jetzt von der Elektromobilität wieder weg geht. ZF ist ein Technologieführer, der mit seinen Neuentwicklungen immer vorne dabei ist. Die Entwicklungen gehen dabei hin zu einem modularen Baukastensystem, sodass man auch das Equipment komplett über Jahre auslasten kann und ein Großteil der Komponenten für das gesamte System verwenden kann, auch wenn unsere Kunden ihre Stückzahlen an einer Stelle verändern. Man muss sich als Standort so qualifiziert aufstellen, dass der Kunde sagt, da gibt es kompetente Mitarbeitende, mit denen ich auf Augenhöhe eine Neuentwicklung machen kann. Mit unserem besonderen Einsatz und Können müssen wir auch weiterhin überzeugen, damit wir auch in zehn Jahren noch gut dabei und für die Zukunft gut aufgestellt sind.

    ZF in SchweinfurtDer ZF-Konzern beschäftigt weltweit 144.000 Menschen und machte zuletzt einen Jahresumsatz von 43,8 Milliarden Euro. Mit 9100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Schweinfurt ist ZF der größte kommerzielle Arbeitgeber in Mainfranken. An dem Standort sind vor allem die Bereiche Elektromobilität, Aftermarket (Ersatzteile) und Race Engineering vertreten. ZF ist eine von einer städtischen Stiftung in Friedrichshafen getragene Aktiengesellschaft, die nicht an der Börse notiert wird.Seit 1. Mai 2021 ist Manfred Süß (56) Leiter des Standortes Schweinfurt. Der gebürtige Oberbayer ist seit 30 Jahren bei ZF in verschiedenen Führungspositionen. Der studierte Maschinenbau-Ingenieur war vor seinem Wechsel nach Schweinfurt am ZF-Standort Aschau am Inn. Dort werden Airbag-Generatoren für die Automobilindustrie hergestellt. In Aschau arbeitete der gebürtige Oberbayer zuletzt als Leiter der Produktlinie Gasgeneratoren an der Zukunft der Fahrzeugsicherheit. Manfred Süß hat zwei Kinder und lebt mit seiner Familie in Schweinfurt.Im Jahr 2025 wird der Standort Schweinfurt 130 Jahre alt. 1895 wurde die Firma Fichtel & Sachs in Schweinfurt gegründet, die Kugellager und Fahrradnaben herstellte. Firmengründer Ernst Sachs ist der Erfinder der Torpedo-Freilaufnabe im Fahrrad. In den 1990er-Jahren wurde die Firma von Mannesmann übernommen, seit 2001 war sie ein Tochterunternehmen von ZF, die 2011 mit dem Mutterkonzern verschmolz und nach wie vor einer der weltweit größten Standorte ist.Quelle: oli/aug

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