Mit einem Brandbrief wegen des geplanten Stromnetzausbaus hat sich Landrat Florian Töpper an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gewandt und die Einhaltung getroffener Vereinbarungen gefordert. Denn bislang wurde die im Juni 2019 verkündete politische Entscheidung, dass eine von zwei Stromtrassen gestrichen wird (P44) und die andere Trasse als Erdkabel kommt (P43), nicht in Gesetzesform umgesetzt.
Die Bundesnetzagentur hat vor einigen Wochen das Verfahren zur Erstellung des Netzentwicklungsplanes 2035 gestartet. Hierbei wurden erstmals Überlegungen zum weitergehenden Klimaschutz sowie dem Einsatz strombasierender Techniken skizziert. "Die Ergebnisse lassen für den Landkreis den Schluss zu, dass in der Zukunft noch weitergehende Netzausbaumaßnahmen geplant werden, als derzeit der Fall", hat Töpper festgestellt. Und das, obwohl man der Region anderes zugesichert habe. Töpper verweist hier auf die politische Vereinbarung vom Juli 2015 und Juni 2019, dass zur Entlastung des Netzverknüpfungspunktes Bergrheinfeld Alternativen zu den Leitungen P43 und P44 gefunden werden sollen. Der damaligen, zumindest verhaltenen Freude sei mittlerweile tiefe Enttäuschung gefolgt, schreibt Töpper an Altmaier.
Landrat fordert dringend politisches Signal
Der Landkreis Schweinfurt wehrt sich seit Langem gegen den überzogenen Netzausbau, weil er bereits jetzt durch eine Vielzahl von Energie- und Verkehrsinfrastrukturen über Gebühr belastet ist. Allein im Gemeindegebiet Bergrheinfeld befindet sich eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Hoch- und Höchstspannungsleitungsmasten. "Die gesamte Region stellt einen der neuralgischen Punkte in der gesamten Netzausbauplanung dar, für die dringend ein politisches Signal seitens des Gesetzgebers gesendet werden sollte", fordert Töpper. Denn die Ballung von Energieinfrastrukturen führe derzeit dazu, dass die Bevölkerung auch gegenüber dem weiteren Zubau erneuerbarer Energien zunehmend kritisch eingestellt sei. Einzig verbindend sei ein breiter gesellschaftlicher Konsens zum Ausstieg aus Atomkraft und Kohleverstromung, aber auch die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards.
Landrat Töpper mahnt deshalb dringend eine Verbreiterung der Diskussionsgrundlagen an. "Nur wenn alle Alternativen gleichberechtigt genannt werden, ist eine breite gesellschaftliche Diskussion und Konsensfindung über die Notwendigkeit und Art der Belastungen vor Ort möglich", so der Tenor seiner Aussagen in dem Brief an Altmaier. Als Alternative zum Netzausbau nennt Töpper den vollständigen Verzicht auf neue Stromtrassen und stattdessen den Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort. "Im Rahmen einer Klarheit und Wahrheit wäre es durchaus möglich, der Bürgerschaft hier die notwendige Anzahl von Windrädern oder die Fläche von Photovoltaik aufzuzeigen und die Diskussion damit zu versachlichen", so der Landrat.