In Oberndorf gibt es nur noch wenig, sagt Marianne Prowald, SPD-Stadträtin. Seit 2014, als der Lidl-Markt schloss, hat Oberndorf auch keinen Nahversorger mehr. Und seitdem kämpft Prowald mit dem Bürgerverein für Ersatz, hat versucht, Ketten herzuholen, hat sich den ehemaligen Markt als eine Art Markthalle vorstellen können, warb bei regionalen Erzeugern für die Idee. Alles vergeblich. Keine Betreiber, keine Lösung.
Auch Bürgermeister Sebastian Remelé steht bei den Oberndorfern im Wort, wie er sagt. Oberndorf muss einen Nahversorger bekommen, meint er, meint Prowald. Doch das, was jetzt auf dem Tisch liegt, ein großes Einkaufszentrum am Ortseingang von Oberndorf, sorgt selbst bei denjenigen, die dieser Argumentation folgen, für Bauchschmerzen oder zumindest -grummeln. Trotzdem gab es im Stadtrat am Dienstag eine deutliche Mehrheitsentscheidung.
Mit der Zustimmung von 27 von 38 Stadträtinnen und Stadträten steigt die Stadt ein in zwei Verfahren: die Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines projektbezogenen Bebauungsplans. Nördlich des Schleifweges am Oberndorfer Ortseingang, wo heute Äcker sind, soll ein Einkaufsmarkt mit Vollsortimenter, Discounter, Drogeriemarkt, 150 Parkplätzen entstehen. 3500 Quadratmeter Verkaufsfläche plant die Auriga Handels- und Gewerbebauträger GmbH laut Stadtbaumeister Markus Sauer.
Warum Stadträtin Ulrike Schneider die Pläne für grundsätzlich falsch hält
Nach Rechnung von Ulrike Schneider (Zukunft.ödp), die sich intensiv mit den Plänen auseinander gesetzt hat, sind es mehr: 3917; davon 1417 für Lidl, 1600 für den Vollsortimenter und 900 Quadratmeter für die Drogerie. Drei Hektar Fläche würden dafür überbaut, dass dort ein überdimensioniertes Einkaufszentrum entstehe. Zu groß der Flächenfraß, der nicht nur auf Kosten der Natur gehe, sondern völlig überflüssig sei, meint Schneider mit Blick auf die Märkte rund um Oberndorf, beispielsweise in Bergrheinfeld, nur ein paar hundert Meter weiter.

Schneider hat sich beim Handelsverband nach dessen Einschätzung erkundigt. Demnach müssten allein im Drogeriemarkt rund 13.000 Menschen im Jahr für 380 Euro einkaufen, damit es sich rechne. Für sie ist klar: Das Projekt ist nicht für Oberndorf, sondern kommt allenfalls den Investoren und Ketten zugute, die überall immer mehr Verkaufsfläche wollten und von einem Standort zum anderen zögen, der noch mehr Gewinn verspreche. Die Folge: Verdrängungswettbewerb, Leerstände.

"Wir planen hier was ganz anderes, keine Nahversorgung", sagt Schneider, und erinnert an die Feststellung im Einzelhandelskonzept der Stadt: Schweinfurt sei überversorgt, was den Einzelhandel betreffe; Oberndorf brauche kein weiteres Einkaufszentrum.
Grüne stimmen dagegen: Nichts genehmigen, was es in naher Entfernung schon gibt
Die Grünen im Stadtrat folgen – wie auch die Freien Wähler – der Argumentation Schneiders. Für Reginhard von Hirschhausen ist klar: "Dieses Projekt dient nicht der fußläufigen Versorgung." Wenn die Menschen wie jetzt 200 bis 300 Meter weiter fahren müssten, um in Bergheinfeld einzukaufen, dann mache das keinen Unterschied.
"Gönnt uns Oberndorfern diesen Markt."
Marianne Prowald, SPD-Stadträtin
Die Mehrheit im Stadtrat sieht das anders, auch wenn sie nicht bestreitet, dass es nicht wirklich um eine Nahversorgung geht, die zu Fuß von vielen erreichbar ist. Aber wo sei das schon der Fall, argumentierte Klaus Rehberger (CSU) und verwies auf die Nahversorger in anderen Stadtteilen, "da läuft auch niemand aus dem hintersten Teil zu den Märkten". Den Oberndorfern eine Einkaufsmöglichkeit zu bieten, das sei man ihnen "schuldig", so Rehberger. In eine ähnliche Richtung argumentierten auch CSU-Kollegen wie Stefan Funk oder Rüdiger Köhler. Das Projekt sei zwar "vielleicht nicht das non-plus-ultra", aber eine Möglichkeit für Oberndorf.
Bauchschmerzen bei der SPD: Warum sie trotzdem zustimmt
Würde es andere Lösungen geben, kleinere, wäre Johannes Petersen (SPD) klar dabei. Doch die Rückkehr zum Tante-Emma-Laden in der Ortsmitte, das funktioniere nicht. Deshalb stimmte er für die Einleitung der Verfahren, regte aber an, in den Verkaufverträgen für die Grundstücke festzuhalten, dass die Märkte länger dort bleiben.

"Gönnt uns Oberndorfern diesen Markt", hatte Prowald appelliert. Bei ihrem Fraktionskollegen Ralf Hofmann, der ebenso mit sich gehadert hatte, trifft sie damit den Nerv. Es nütze nichts, den Menschen vorzuhalten, dass es bessere Lösungen gebe, dass man seine Konsumgewohnheiten ändern müsse, für das Klima, gegen Flächenverbrauch. An sich erachte er diesen Markt nicht für notwendig, sehe aber den Wunsch aus der Bevölkerung.
"Meiner Meinung nach ist es die einzige Möglichkeit für eine Nahversorgung in Oberndorf."
Oberbürgermeister Sebastian Remelé
Dass es gute Argumente gegen das Einkaufszentrum gebe, räumte selbst Oberbürgermeister Remelé ein und schob das Aber gleich hinterher: "Meiner Meinung nach ist es die einzige Möglichkeit für eine Nahversorgung in Oberndorf." Als Lokalpolitiker müsse man versuchen, das Beste für die eigene Bevölkerung zu erreichen.
Was wollen die Oberndorfer wirklich? Für manche ist das nicht klar
Für Ulrike Schneider Kirchturmdenken, das nicht mehr in die heutige Zeit gehöre. Vielmehr müssten Kommunen zusammenarbeiten, auch in puncto Flächenverbrauch oder Nahversorgung. Den Antrag Schneiders, die Entscheidung zu vertagen, hatte ebenfalls die Mehrheit im Stadtrat abgelehnt. Nur 15 Stadträtinnen und Stadträte waren dafür.
Was wollen die Oberndorfer? Die Frage wurde in der Diskussion mehr als einmal in den Raum gestellt. Und nur wenige waren sich wirklich sicher. Christiane Michal-Zaiser (prosw) meint, dass es "nicht das ist, was sich Oberndorf vorstellt" und wofür nach der Schließung des kleineren Lidl in der Mitte über 2000 Menschen unterschrieben hätten – für eine Nahversorgungs-Lösung in Oberndorf. Das jetzige Projekt, sagt Michal-Zaiser, sei ein Einkaufszentrum, wie es das in der Nähe auch gebe, das nur mehr Verkehr und eine Belastung der Anwohner bedeute.