Am 15. Juni 2016 ist der heute 60-jährige Gerüstbauer die Baustelle Schraudenbach-Talbrücke abgeschritten. "Wir haben bereits den übernächsten Bauabschnitt aufgebaut, 80 Meter weiter", sagt er. "Ich dachte, die Betonage ist schon beendet", sagt er. Doch da, wo er gerade entlang lief, wurde sehr wohl noch gearbeitet. Plötzlich hörte er hinter sich "einen Riesenschlag", ein herabrauschendes Rohr traf ihn an der Wade und verursachte eine ordentliche Wunde.
"Alles kam runter, ruckzuck"
Der Zeuge wundert sich jetzt noch, wie rasend schnell die komplette Betonage nach unten gekracht ist. "Da hat sich nichts angekündigt", sagt er, keinerlei Geräusche, dass irgendwo Halterungen abreißen würden. "Alles kam runter, das ging ruckzuck." Acht Wochen war der Gerüstbauer in der Folge arbeitsunfähig.
Der 60-Jährige ist also Opfer des Baustellenunglücks, für das die drei vor dem Landgericht Schweinfurt angeklagten Ingenieure verantwortlich sein sollen. Sie und ihre Verteidiger sehen aber Mängel in der Bauausführung als Unglücksursache an, nicht die Statik. "Im Raum steht auch, dass es auch am Gerüst gelegen haben könnte", sagt die Kammervorsitzende dem Zeugen. Er müsse keine Fragen beantworten, wenn er sich mit der Antwort selbst der Strafverfolgung aussetzen könnte.
Bauabschnitte abgenommen
Fortan geht es um Gerüstteile aller Art, Rohre verschiedener Stärken, Stoßkupplungen, wer sie beschafft hat, wer sie eingebaut hat und vieles mehr an technischen Details, die nur Fachleuten etwas sagen. Zweieinhalb Stunden lang muss sich der Gerüstbauer erklären. Nach seiner Aussage hat er an der Autobahnbaustelle und dem eingestürzten Abschnitt ausschließlich Material der Firma verbaut und verwendet, in deren Auftrag er den Gerüstbau erledigt hat.
Seine Aufgabe sei die Montage nach den Plänen und Weisungen der Baufirma gewesen, sagt der Gerüstbauer. "Die hat entschieden, welche Bereiche gemacht werden." Etwaiges fehlerhaftes Material habe er allerdings nicht verwendet, sondern aussortiert. Und: "Alle Bauabschnitte wurden vorher abgenommen." Besonders die Verteidiger befragten den 60-Jährigen ausdauernd und hartnäckig, fanden aber nichts Konkretes, was die Gerüsterstellung als möglicherweise ursächlich für den Brückeneinsturz erscheinen lassen könnte.
Bei dem Brückeneinsturz Mitte Juni 2016 war ein Arbeiter ums Leben gekommen, 14 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Der Prozess wird am 15. November fortgesetzt.