Kreativ und ohne großes Bohei beendete das "Bündnis Schweinfurter Erklärung" seine Kampagne, die Ende 2021 als Reaktion auf die sogenannten "Corona-Spaziergänge" ins Leben gerufen worden war.
Schweinfurt wurde zwischenzeitlich zu einem Hotspot der Corona-Proteste. Das zivilgesellschaftliche Bündnis bot ihnen die Stirn, mit einer viel beachteten Online-Petition und kreativen Aktionen. "Genauso wie hier in Schweinfurt stelle ich mir Zivilgesellschaft vor", meint dazu der Journalist und Mitherausgeber des Buches "Fehlender Mindestabstand – die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde" Matthias Meisner.
Er war zwar selbst nicht bei der Kundgebung am Samstag in Schweinfurt dabei , ließ aber seinen Redebeitrag von Schweinfurts Dritter Bürgermeisterin Ayfer Rethschulte verlesen. "Zum Glück haben auch sie hier in Schweinfurt richtig eingeordnet, um was es bei den Corona-Protesten in erster Linie geht", findet Meisner und zitiert in seiner Rede anschließend aus der "Schweinfurter Erklärung", in der unter anderem vor den demokratiegefährdenden Tendenzen der "Corona-Spaziergänge" und dem Schulterschluss mit der rechtsextremen Szene gewarnt wurde.
Was Demokratie denn eigentlich bedeuten sollte, hat das "Bündnis Schweinfurter Erklärung" bei seinen Unterstützerinnen und Unterstützern erfragt und schließlich für eine letzte Aktion plakativ zur Schau gestellt. Auf 120 Tafeln lagen die einzelnen Sprüche auf dem nördlichen Teil des Markplatzes oberhalb des Rückert-Denkmals von 10 bis 14 Uhr aus. "Gerechtigkeit für alle", "gewaltfrei und ohne Angst leben", "Auch mit Maske Gesicht zeigen", "Ein 'Wir' vor ein 'Ich' stellen", "Schutz der Schwächsten", "Denken, Handeln, Leben – ohne Fanatismus + ohne Feindbilder", "Pressefreiheit", "Nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten!", "Freiheit und Verantwortung", stand etwa auf den Tafeln, die vom Bündnis künftig auch zur Leihe für verschiedenste Zwecke zur Verfügung gestellt werden.
Resonanz übertraf alle Erwartungen
Die Resonanz, auf die die "Schweinfurter Erklärung" in der Bevölkerung stieß, "übertraf alle Erwartungen", rekapitulierte SPD-Stadtrat Ralf Hofmann, einer der Initiatoren, in seiner Ansprache. "Das machte vielen Menschen wieder Mut, gab Zuversicht, doch das Richtige zu tun." Über ein Dutzend weiterer Städte hätten sich die Kampagne aus Schweinfurt zum Vorbild genommen und selbst ein vergleichbares zivilgesellschaftliches Engagement gegen die "Corona-Proteste" entwickelt.

Einige der Forderungen auf den Tafeln, die am Samstagmittag von interessierten Stadtbummlern gelesen wurden, finden sich bestimmt auch auf Plakaten der "Corona-Protestler" wieder. "Diese Spaziergänger nutzen eine missbräuchliche Interpretation des Freiheitbegriffs", erklärt Hofmann. "Freiheit wird dort als Ausdruck eines individuellen, ja egoistischen Freizeitbedürfnisses gesehen." Das hätte in seiner Konsequenz die Endsolidarisierung der Gesellschaft zur Folge. "Deshalb war und ist es so wichtig, auch diesen Diskurs nicht defensiv, sondern offensiv zu führen."
Dass mit dem Ende fast aller Corona-Maßnahmen die Proteste nicht automatisch enden, überrascht das Bündnis nicht. "Uns war es von Anfang an bewusst, dass Corona für die Drahtzieher der bundesweiten Spaziergeher-Kampagne nur ein Vorwand war, um genau das anzugreifen, was sie im Munde führten: Meinungsfreiheit, Demokratie und Solidarität, ja letztlich einen Staat, der all das sichert", so Hofmann. "Das nächste Thema wird kommen, vermutlich der Kampf um das 1,5 Grad-Ziel."
Die Muster wiederholen sich
Auch die Muster würden sich wiederholen, denkt er. "Fakten und Meinungen werden gleichgestellt, Qualitätsmedien diskreditiert, dubiose Nachrichten-Quellen als unabhängig dargestellt, Vorurteile geschürt, Verschwörungserzählungen verbreitet." Trotz des vorläufigen Endes der Kampagne der "Schweinfurter Erklärung", sei es weiterhin Bürger- und Bürgerinnenpflicht für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. "Und zwar entschieden, jeden Tag, überall dort, wo die Feinde der Demokratie versuchen Fuß zu fassen", so Hofmann. "Wir haben gemeinsam bewiesen, wer für die Mehrheit spricht."