"Wir sind keine normale Bürgerinitiative, wir sind eher ein Spezialistenteam", sagt Jan de Boer. Er ist Gemeinderat in Üchtelhausen und gleichzeitig in der Bürgerinitiative 10H für Üchtelhausen aktiv, die bereits 2016 einen Bürgerentscheid initiiert hatte, als die Gemeinde Windräder aufstellen wollte. Die Bürgerinitiative besteht aus einem festen Kern von zehn Personen und vielen weiteren Sympathisanten. Sie seien kein Verein, sondern ein loser Verbund aus Spezialisten für Wald, Tiere und Natur, haben Physiker, Maschinenbauingenieure oder Jäger dabei. Was sie verbindet ist die "große Sorge um Wald, Natur, Tiere und das Leben hier".
Jan de Boer: "Die 10-H Regelung ist eindeutig"
"Das 10-H-Gesetz sagt ganz klar, dass der Abstand verbindlich ist", verweist de Boer auf die Regelung, dass ein Windrad von der Wohnbebauung den zehnfachen Abstand seiner Höhe haben muss. Dies könne man zwar durch Bauleitplanung umgehen, aber dann treffe der Gemeinderat eine Entscheidung für Leute, die einen Anspruch auf die Einhaltung des Gesetzes hätten. "Das finde ich nicht demokratisch", so de Boer. Seiner Meinung nach müsse man die Minderheiten einbeziehen, "besonders wenn sie betroffen sind".
Die Fragen, die sich die Gemeinde nach Ansicht der Bürgerinitiative zunächst stellen müsse, sind folgende: "Wie viel Energie braucht die Gemeinde Üchtelhausen heute und in der Zukunft? Wie viel Energie wird heute schon und in der Zukunft durch erneuerbare Energien gedeckt?" Dazu müsse eine Ist-Analyse erfolgen. Die Initiative erwartet auch Antwort auf die Fragen: "Will die Gemeinde Üchtelhausen über den eigenen Energiebedarf hinaus auch Energie für andere Gemeinden produzieren, und wenn ja, wie viel? Welche erneuerbaren Energien eignen sich in Üchtelhausen am besten, um den noch offenen Energiebedarf zu decken und welche Optionen sind hierbei im Sinne des Gemeindefriedens und werden von den Bürgern aller Ortsteile getragen?"
Energieberater statt Windkümmerer
"Wir werden immer dargestellt als Windkraft-Gegner, aber wir sind überhaupt nicht gegen Windkraft", sagt de Boer. "Wir wollen einen klaren, ergebnisoffenen, neutralen Projektvorgang." Den jetzigen Prozess mit den Windkümmerern finden de Boer und seine Mitstreiter nicht neutral. "Wir brauchen eher einen Energieberater statt Windkümmerer", meint Gunther Hahner. Windenergie könne nur eine Komponente beim Ausbau der regenerativen Energien in der Gemeinde sein. Man müsse sich auch Gedanken über Biomasse oder Photovoltaik machen. "Denn Windenergie ist nur sinnvoll, wenn der Standort ökologisch und ökonomisch passt", betont Hahner.

Am jetzigen Standort hat er massive Zweifel. Es komme nur ein geschlossenes Waldgebiet und ein Gebiet direkt am Wald infrage, letzteres wäre noch näher dran an den Häusern. Hahner, der in der Forstwirtschaft gearbeitet hat, hält Windräder im Wald in Zeiten des Klimawandels für absolut "negativ". Sie machten den Wald anfälliger für Stürme. "Naturschutz bedeute auch, die natürlichen Waldprozesse zu schützen", sagt er. Man müsse es sich deshalb gut überlegen, bevor man komplett in einen intakten Lebensraum eingreife.
Windrad-Standort Brönnhof
"Wenn unbedingt Windkraft kommen soll, dann muss es am Brönnhof sein", verweist Hahner auf das bereits mit Wasser- und Elektroleitungen erschlossenen Gebiet. Als die Vorrang- und Vorbehaltsgebiete festgelegt wurden, war der Brönnhof noch militärisch genutzt worden und hatte deshalb bei der Planung nicht mit einbezogen werden können. "Hier wäre Windkraft ökologisch und ökonomisch am effizientesten", meint Hahner, "für uns ist nicht plausibel, dass der Brönnhof ausgeschlossen wird." Der regenerative Ansatz der Gemeinde müsse sowieso breiter sein, denn Unterfranken werde zunehmend zum Sonnenland.

Angst vor Zerstörung der Struthwiese
Jäger Werner Weber macht sich Sorgen um die "landschaftlich geschützte Struthwiese, ein Feuchtbiotop, ein Kleinod der Natur". Mitten in das Gebiet der Struthwiese könnten Windräder kommen. Er glaubt, dass die Fundamente dann auf das Grundwasser drücken und die Struthwiese dadurch zerstört wird. Die Beleuchtung der Windräder würde zudem nachts Insekten anlocken und "zerschreddern".
"Es gibt keine saubere Energie", ist Weber überzeugt. Wenn schon, dann plädiert er für Photovoltaik, weil Windräder "klappern, scheppern und blinken".
Andreas Bartnik ergänzt, dass die Windkraft-Vorranggebiete schnell ausgewiesen wurden, aber nie abgeschätzt worden sei, ob die Standorte auch sinnvoll seien. "Das ist rein willkürlich entstanden." Dabei müsse man schauen, welche Funktion die Landschaft hat. Er sehe die Natur als Erholungsfunktion für die Menschen an. "Die wunderschönen Landschaften sollte man nicht antasten", sagt Bartnik.

Lärm stört am meisten
Hahner selbst hat vor 25 Jahren in der Nähe vom jetzigen Windrad gebaut. "Ich kenne die Auswirkungen", sagt er. "Ich bin offen für Windkraft, aber hier absoluter Windkraft-Gegner, denn sie zerreißen das Landschaftsbild."
Am meisten stört ihn der "Lärm". Je nach Windrichtung "kriegt man ganz schön etwas von den Emissionen ab". Die Bürger würden für die Windkraft mit einem Verlust der Lebensqualität zahlen, ist Hahner überzeugt. Und zudem würden die Immobilien an Wert verlieren.
Kommt erneut ein Bürgerentscheid?
Was die vier immer wieder betonen: "Wir sind keine Abwehrtruppe, sondern wollen uns für regional attraktive Energie einsetzen." Dazu gehöre mehr als die Diskussion über Windkraft. Auf jeden Fall wollen sie, dass die Bürger über Windkraft entscheiden. Sollte die Planung also konkret werden, wollen sie wieder Unterschriften für einen Bürgerentscheid sammeln. Und sie sind sich sicher, dass die Bürger die Windräder dann wieder ablehnen werden.
