Eine gerechte Gesellschaft in einem freien Europa. Auf diese Formel lassen sich die politischen Vorstellungen von Claus Christ (57) zusammenfassen. Der Röthleiner sorgt bei der Bundestagswahl für eine Premiere: Erstmals bewirbt sich die Partei Volt im Wahlkreis Schweinfurt um ein Mandat.
Dass es überhaupt so weit gekommen ist, hat mit der Wahl von US-Präsident Donald Trump zu tun. "Das war der Moment, in dem ich dachte: Ich trete zur Wahl an." Seine Bewerbung sieht er auch als eine Gegenbewegung zum Rechtsruck, den Christ nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt ausgemacht hat. Da könnte eine düstere Zukunft drohen, sagt Christ. Deswegen setze Volt bewusst auf den Slogan, dass sich die Menschen ihre Zukunft zurückholen sollen. Freiheit, Gerechtigkeit und Individualität sind die Werte, die Christ bewegen.

Volt ist als junge Partei bekannt, deren Mitglieder im Durchschnitt in den 30ern sind. Warum macht er da mit? Weil ihn die Diskussionskultur begeistert habe, bei der jeder ausreden und seine Gedanken formulieren dürfe. Dort sehe er seine persönlichen Werte am besten vertreten. Und er wolle seine Lebenserfahrung weitergeben, um jungen Menschen Zuversicht für die Zukunft zu geben. Er arbeitet daran mit, auch in Schweinfurt eine Volt-Gruppe aufzubauen.
Volt-Kandidat: "Europa ist ein Friedensprojekt"
"Ich sehe Europa als Friedensprojekt", sagt Christ, sei aber "auf halbem Weg stehengeblieben". Der Mensch und seine Freiheit steht für ihn im Mittelpunkt des politischen Handelns. Eine EU-Reform soll ein föderales Europa schaffen. Volt verstehe sich als sozialliberale Partei, die etwa bei den Themen Bildung und Digitalisierung eine soziale Gleichbehandlung schaffen will.

Konkret nennt Claus Christ das Beispiel von Bürgerbüros, in denen Ratsuchende digitale Unterstützung bekommen, wie etwa beim Ausfüllen von Formularen. Auch bei Fragen rund um das Online-Banking sollen die Menschen mitgenommen werden.
Die Politik sollte sich funktionierende Beispiele anderer Länder abschauen
Dabei, so die Volt-Philosophie, wolle man das Rad nicht neu erfinden, sondern funktionierende Beispiel nachmachen. Christ nennt die Digitalisierung der Bürokratie in Estland und die Bildungserfolge in Finnland. Dass man auch in Großstädten bezahlbar wohnen könne, zeige das Beispiel Wien.

Zum Krieg in der Ukraine, in der er schon gewesen ist, hat Claus Christ eine klare Haltung: Das Land brauche Unterstützung, weil dort die Menschen mit Leidenschaft ihr Land verteidigen. Die Hilfe für die Ukraine ist für Christ der schnellste Weg, den Krieg zu beenden.
Arbeitsrecht für Migranten
Auch beim heiß diskutierten Thema Migration steht für Christ der Mensch im Mittelpunkt: "Es sind Menschen, die zu uns kommen." Mit einem sofortigen Arbeitsrecht hätten sie die Chance, sich selbst zu versorgen und sich zu integrieren. Die Grenzen zuzumachen, ist für den Volt-Kandidaten keine Lösung. Denn Probleme wie Klimawandel und Migration machten nicht vor Grenzen halt, sondern müssten grenzübergreifend gelöst werden. Das passt ins Bild einer paneuropäischen Partei, die nach eigenen Angaben 200 Parlamentarier in den europäischen Staaten stellt. Fünf sitzen im Europa-Parlament, drei davon aus Deutschland.
Volt sieht sich als Angebot für enttäuschte Ampel-Wähler
Deswegen spricht Christ nicht von einer Kleinpartei, sondern einer "neuen Partei". Und er tritt mit einer optimistischen Prognose auf: "Die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, halte ich für nicht unrealistisch", sagt Christ. Er mache dies auch am Interesse und Zuspruch der Schweinfurter Bevölkerung fest, als Volt Unterstützungsunterschriften sammelte. Volt ziele auf enttäuschte Ampel-Wähler und Nicht-Wähler. Mit ihrem liberalen Ansatz sieht er auch Chancen beim klassischen FDP-Klientel.
Dass der Gewinn des Schweinfurter Direktmandats in weiter Ferne liegt, weiß Claus Christ. Auf der Landesliste ist er nicht vertreten, denn er wolle "als Mensch überzeugen" und sich auf die Direktkandidatur konzentrieren.
Zur PersonClaus Christ ist 57 Jahre alt, studierter Biologe und lebt in Heidenfeld. Er arbeitet im pharmazeutischen Außendienst für verschiedene Startup-Unternehmen im Bereich Dialyse, Onkologie und seltene Erkrankungen. Er wandert gern in der Fränkischen Schweiz und erkundet gern Länder in Osteuropa. Christ ist seit 2021 bei Volt. Er kandidiert im Wahlkreis Schweinfurt, steht aber nicht auf der Landesliste seiner Partei.Quelle: Claus Christ