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Schweinfurt: Cannabis-Plantage in Rhön-Grabfeld ausgehoben. Wo stecken die Drahtzieher?

Schweinfurt

Cannabis-Plantage in Rhön-Grabfeld ausgehoben. Wo stecken die Drahtzieher?

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    Eine Cannabis-Plantage wurde Ende November 2021 in einem ehemals landwirtschaftlichen Anwesen in einem Ort im Landkreis Rhön-Grabfeld ausgehoben. Das Foto zeigt einen Ausschnitt der umfangreichen Kulturen. Insgesamt wurden 1650 meist erntereife Pflanzen vorgefunden.   
    Eine Cannabis-Plantage wurde Ende November 2021 in einem ehemals landwirtschaftlichen Anwesen in einem Ort im Landkreis Rhön-Grabfeld ausgehoben. Das Foto zeigt einen Ausschnitt der umfangreichen Kulturen. Insgesamt wurden 1650 meist erntereife Pflanzen vorgefunden.    Foto: Bayerisches Landeskriminalamt

    Es ist ein außergewöhnliche Job, um den es vor der 4. Großen Strafkammer am Landgericht Schweinfurt geht: "Elektriker in einer Cannabis-Plantage". Ein 44-Jähriger, seit 2013 in Deutschland für diverse Firmen als Elektriker tätig, lieh sich laut Anklageschrift zwischen 2018 und 2020 von einem Unbekannten in Serbien 10.000 Euro, um Spielschulden aus Sportwetten zu begleichen.          

    Da er nach den vereinbarten sechs Monaten das Darlehen nicht zurückzahlen konnte, wurde ihm von ebenfalls Unbekannten ein ungewöhnliches Angebot gemacht: Er könne das Darlehen begleichen, indem er in Deutschland ein Haus erwerbe und dort die Elektrik für den Betrieb einer Cannabisplantage installiere. So steht es in der Anklageschrift.  

    Alter Dreiseithof in Rhön-Grabfeld wurde zur Cannabis-Plantage umgebaut

    Der Beschuldigte ließ sich darauf ein. Die Wahl fiel auf ein ehemals landwirtschaftliches Anwesen in einem Dorf im Landkreis Rhön-Grabfeld, das er gemeinsam mit seiner Frau Ende 2020 erwarb. In den folgenden Wochen, so die Anklage, wurde das Areal, bestehend aus zwei Wohngebäuden, Nebengebäuden und einer Scheune, für den Cannabis-Anbau vorbereitet. Mit Gipsplatten wurden zwei Aufzuchträume eingebaut und die umfangreiche und aufwendige Elektroinstallation erledigt. Für diese "Innenausbauarbeiten" waren mutmaßlich auch "Bauhelfer" angereist.   

    Im Februar 2021, so die Anklage, reisten wiederum Unbekannte von Serbien nach Rhön-Grabfeld, um dort Cannabiskulturen anzupflanzen. Die Anbaubedingungen scheinen gut gewesen zu sein, bis November 2021 wurden mindestens zwei Ernten eingefahren, ist in der Anklageschrift nachzulesen. Der Beschuldigte, der sein Darlehen loswerden wollte, soll den Unbekannten nicht nur sein Anwesen für den Drogenanbau zur Verfügung gestellt haben, sondern immer zur Stelle gewesen sein, wenn es technische oder elektrische Probleme gab.   

    Den ersten Tag des Verfahrens, in dem dem 44-Jährigen vorgeworfen wird, Betäubungsmittel in erheblichem Umfang besessen und gehandelt zu haben, verpasste der Beklagte, da er und seine Frau derzeit coronapositiv sind.

    Auf der Anklagebank saß lediglich ein 38-Jähriger, der im September 2021 von vermutlich den selben Hintermännern in die Rhön geschickt worden war, um "den Ertrag zu steigern und einen Pilzbefall der Pflanzen zu beseitigen", so die Anklage. Der 38-Jährige bezeichnete sich in einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung aber selbst als Opfer der Profis im Hintergrund.  

    Angeklagter ging von einem "Hilfsarbeiterjob in der Landwirtschaft" aus

    Er sei bei dem Arbeitsangebot von einem Hilfsarbeiter-Job in der Landwirtschaft ausgegangen, erst vor Ort habe er gesehen, um welche Art "Landwirtschaft" es sich handelt. "Ich hätte gleich meine Sachen packen und wieder gehen sollen. Weil ich in Geldnot war, habe ich es nicht getan", schilderte er seine Situation. In Serbien habe er als Fußballer der 2. und 3. Liga eher schlecht als recht sein Auskommen gehabt. Er sei gerade dabei gewesen, seine Trainer-Lizenz zu machen, als Corona seine weiteren fußballerischen Ambitionen ausbremste. Mittellos und ohne berufliche Perspektive habe er sich auf den "Job in der Landwirtschaft in Deutschland" eingelassen. Vor Gericht beteuerte er, selbst keine Drogenerfahrungen zu haben und sich schon gar nicht mit deren Anbau auszukennen.    

    Ein großes Polizeiaufgebot kam zur Drogenrazzia in einem Dorf in der Rhön-Grabfeld.
    Ein großes Polizeiaufgebot kam zur Drogenrazzia in einem Dorf in der Rhön-Grabfeld. Foto: Kathrin Klose

    Dennoch blieb er, war vor Ort und wurde verhaftet, als Ende November 2021 die Polizei das Anwesen durchsuchte. Die hatte einen Tipp gekommen und das Gelände vorab in Zivil observiert. "Intensiver Marihuanageruch", so der Einsatzleiter im Zeugenstand, habe keinen Zweifel gelassen, was dort angebaut wird. Die nächtliche Durchsuchung führte zur Verhaftung des 38-Jährigen und zeigte auch das Ausmaß der professionell geführten Plantage.     

    Optimale Bedingungen für 1650 Marihuana-Pflanzen

    1650 Marihuana-Pflanzen, die meisten schon mit Dolden, wurden sichergestellt. Pflanzen mit einer Höhe von bis zu zwei Metern, die nach Ernte und Trocknung mehr als einen Zentner wogen. Die beschlagnahmte Wirkstoffmenge an THC wird in der Anklageschrift mit etwa 6,3 Kilogramm angegeben.

    Beeindruckt von der Professionalität der Anlage zeigten sich auch die Ermittler vom Landes- und vom Bundes-Kriminalamt. Die Organisatoren der Anlage im Ausland, denen man durch die Auswertung von Chatverläufen auf die Spur zu kommen sucht, ließen sich die Anlage etwas kosten. So war wohl jede der 120 Speziallampen auf die Wuchshöhe der Pflanzen einstellbar und mit eigenem Trafo versehen. Auch im Hinblick auf Luftreinigung und Klimatisierung wurde offensichtlich nicht gespart.  Das Verfahren wird am Mittwoch fortgesetzt.      

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