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SCHWEINFURT: Chinesen machen keine Komplimente

SCHWEINFURT

Chinesen machen keine Komplimente

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    Nach einem Jahr in Deutschland hat Mingyu Zhang manchmal Heimweh nach China. Grüner Tee aus dem chinesischen Service und Fotos aus der Heimat helfen über die Sehnsucht hinweg.
    Nach einem Jahr in Deutschland hat Mingyu Zhang manchmal Heimweh nach China. Grüner Tee aus dem chinesischen Service und Fotos aus der Heimat helfen über die Sehnsucht hinweg. Foto: FOTO Ursula Lux

    Am Anfang kämpfte sie vor allem mit der deutschen Sprache, aber auch die Sitten und Gebräuche unterscheiden sich zum Teil doch sehr. „Als wir nach Deutschland gingen, hieß es, wir dürfen das Wort Nazi nicht in den Mund nehmen und den Ersten und Zweiten Weltkrieg nicht ansprechen“, erinnert sie sich. Umso erstaunter war sie, wie offen hier über Tibet diskutiert wird und das, ohne die Geschichte zu kennen.

    Mingyu hat ein anderes Bild der Geschichte als ihre deutschen Mitschüler: Seit Tibet Mitte des 13. Jahrhunderts dem Territorium der Yuan-Dynastie angegliedert wurde, stand es unter der Verwaltung der Zentralregierung und ist bis heute eine der fünf autonomen Gebiete der Volksrepublik. Schließlich sei auch Deutschland aus vielen autonomen Staaten entstanden, meint die Chinesin und versteht die ganze Aufregung nicht.

    Ihre Nachbarin in China sei Christin, sie habe Wege gefunden, ein zweites Kind zu bekommen. Sie fuhr mit ihrem Mann nach Hong Kong, wo sie eine Tochter bekam. Der ältere Sohn war in China geblieben und sie reiste mit einem Hongkong-Pass und Tochter wieder in die Volksrepublik zurück.

    In vielen Bereichen unterscheiden sich Deutsche und Chinesen, erzählt Mingyu. Die Deutschen seien sehr direkt, in China lerne man, Menschen nicht auf ihre Schwächen zuansprechen. Auch Komplimente sind ungewöhnlich. „Wenn man in China einer Frau sagt, sie hätte ein schönes Kleid an, kann es leicht passieren, dass sie sich verarscht fühlt“, erklärt die Chinesin.

    Auch ihrem Mitschüler Xinzhe Liu, der erst wenige Wochen in Deutschland ist, kommt einiges noch sehr merkwürdig vor. Dass man beim Essen nicht rülpsen darf, findet er komisch, dagegen sei es ekelig, wenn sich die Deutschen beim Essen die Nase putzten und das oft auch noch ganz laut. Überhaupt ist für den 17-Jährigen neben der deutschen Sprache das Essen ein großes Problem. Würste allerdings mag er. Was dem jungen Mann noch auffiel: „Wenn bei uns zu Hause Fremde kommen, werden sie von Anfang an herzlich aufgenommen, in Deutschland dauert es länger, bis die Menschen herzlich sind“.

    In China hat Bildung einen höheren Stellenwert als hier, berichtet Mingyu. Eltern wollen, dass ihre Kinder gut lernen und die seien wohl etwas wissbegieriger. So lernt man viel mehr auswendig und rechnet mehr im Kopf. Formelsammlungen oder Taschenrechner gibt es bei Prüfungen nicht. Der Schultag endet erst um 17 Uhr, dann müssen noch Hausaufgaben gemacht werden. Zeit für Freunde bleibt höchstens am Samstag, denn der Sonntag ist vor Prüfungen wieder Schultag.

    „Hier haben die jungen Leute viel mehr Zeit auszugehen und mit Freunden zusammen zu sein“, sagt Mingyu und genießt genau das. Die Bildung im Ausland lassen sich ihre Eltern – beide Künstler und zum Mittelstand gehörend – einiges kosten, denn sie kann die Türe zur Karriere öffnen.

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