Eigentlich sollte auch Schweinfurt ein pinkfarbenes Licht aufgehen, zum "Internationalen Weltmädchentag", am 11. Oktober. Den UN-Aktionstag für Gleichberechtigung junger Frauen und Mädchen gibt es seit 2011, initiiert vom Kinderhilfswerk Plan International. Pandemiebedingt entfiel die lokale Aktion. In einigen deutschen Städten wurden Gebäude in Purpurrosa angestrahlt, um auf Probleme wie Diskriminierung, Armut, Zwangsehen, Frühschwangerschaften, körperliche oder psychische Gewalt aufmerksam zu machen. In diesem Jahr stand die Bedrohung von Mädchen in sozialen Medien im Vordergrund, durch Mobbing, Stalking oder Cybergrooming, als neue Form sexuellen Missbrauchs im Internet.
In den armen Ländern sind es junge Frauen, die besonders unter den Folgen von Pandemie und Lockdown leiden. Schon vor dem Ausbruch von Corona gingen laut Plan fast 130 Millionen Mädchen weltweit nicht zur Schule. Zeitweilig waren dann 767 Millionen Mädchen von den weltweiten Schulschließungen betroffen. Auch in Krisen- und Kriegsgebieten sei das Risiko, dass Mädchen keine weiterführende Schule besuchen, mehr als doppelt so groß wie bei Jungen, warnt die Hilfsorganisation.
Die Oberwerrner Plan-Mitarbeiterin Bianca Eggert hilft seit Jahren in Entwicklungsgebieten, auch mit Patenschaften und Hygieneaufklärung. Guatemala, das nur über einen Bruchteil der deutschen Krankenhausbetten verfügt, hat früh einen scharfen Lockdown verhängt, zu Lasten vor allem der indigenen Kleinhändler und -Bauern. 2018 hat Eggert als "Volunteer" an der Schule in der Ortschaft Santa Maria de Jesus mitgearbeitet, nahe der Stadt Antigua, wo Nachfahren der Ureinwohner leben. Im Sommer 2020 wurden dort Lebensmittel verteilt, im Gegenwert von 1700 Euro, nachdem Eggert im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis um Spenden gebeten hat. Studenten in Madrid sammeln ebenso mit wie Unterstützer in den USA.
Um notleidende Familien effektiv zu versorgen, bräuchte es etwa 4500 Euro. "Selbst Zwiebeln werden abgezählt", berichtet Eggert. In diesem Fall könnte jeder Haushalt mit Lebensmitteln im Gegenwert von 30 Euro versorgt werden, was bei sechs bis acht Personen dann etwa zwei Wochen reichen würde. Die Eltern der Schüler haben durch den Lockdown meist ihre Arbeit verloren und nun Schwierigkeiten, sie zu ernähren. Laut Schuldirektor Julio Garcias wurde die strikte Ausgangssperre gerade aufgehoben. Allerdings steigen auch in dem mittelamerikanischen Land die Fallzahlen: "Es ist zu erwarten, dass die Ausgangssperre bald wieder kommt."
Unter der bitterarmen, in Großfamilien zusammenlebenden Maya-Bevölkerung sind fließendes Wasser, Abstand und damit die einfachste Gesundheitsvorsorge Luxus, weiß Eggert aus Erfahrung: "Julio hatte sich selbst mit Covid-19 infiziert im Juli, bei einer der Essensverteilungen, trotz Handschuhen, Visier und Maske". Der junge Schulleiter hatte zum Glück einen leichteren Verlauf: "Wobei er es immer noch merkt, dass er nicht mehr so weit und schnell laufen kann. Dabei war er immer fit durch Joggen und ist erst 34."
In Santa Maria de Jesus wird nicht getestet, die Siedlung im Hochland ist zu abgelegen. Bei den Essensverteilungen, die durch die Lehrerinnen übernommen werden, hat Julio das Fieber-Messgerät dabei. Bei höherer Temperatur wird eine Isolierung empfohlen: "Was mehr als schwierig ist, bei den einfachen Verhältnissen".
Für die Weihnachtszeit will Bianca Eggert eine weitere Spendenaktion starten, zumal auch in diesem Fall Mädchen besonders betroffen sind. "Sie hungern wirklich. Es geht nicht um Geschenke, nur um Essen".



