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Schweinfurt: Coronakrise: Warum die Tafel mehr denn je gebraucht wird

Schweinfurt

Coronakrise: Warum die Tafel mehr denn je gebraucht wird

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    Der Tafelladen der Tafel Schweinfurt in der Brombergstraße, im Stadtteil Bergl, hat vier Mal pro Woche geöffnet.
    Der Tafelladen der Tafel Schweinfurt in der Brombergstraße, im Stadtteil Bergl, hat vier Mal pro Woche geöffnet. Foto: Oliver Schikora

    Einen Verein wie die Tafel Schweinfurt am Laufen zu halten, ist ja schon in normalen Jahren eine Herausforderung. Während der Corona-Pandemie ist es das umso mehr. Doch Tafel-Vorsitzender Ernst Gehling zieht eine positive Bilanz voller Dankbarkeit und Respekt gegenüber seinem Team im Vorstand des Vereins und den rund 160 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern: "Es ist ein tolles Miteinander bei uns, alle machen es, weil sie helfen wollen."

    Lebensmittel retten und Menschen, die in Not sind, helfen, das sind die Beweggründe, die Mitarbeiter der Tafeln antreiben, so Gehling. Im Frühjahr waren die Ausgabestelle in der Brombergstraße in Schweinfurt und die in der Außenstelle in Gerolzhofen zunächst wegen der Corona-Pandemie im ersten Lockdown geschlossen. Am 1. April öffnete dann mit ausgefeiltem Hygienekonzept die Ausgabestelle in Schweinfurt, später die in Gerolzhofen.

    Nun, mehrere Monate später und mit reichlich Erfahrung, wie man unter Coronabedingungen sicher öffnen kann, für diejenigen, die bei der Tafel abholen, aber auch die, die helfen, musste beim zweiten harten Lockdown nicht geschlossen werden. Die Tafel ist offen und macht das, wofür sie da ist: Bedürftigen helfen.

    Ernst Gehlings Bilanz ist geprägt von Dankbarkeit: Gegenüber den Spendern von Lebensmitteln und Geld in den vergangenen Monaten, die den Betrieb der Tafel erst ermöglichten. Und natürlich gegenüber dem Team, denn die Pandemie brachte nicht nur viele Sorgen, sie brachte auch schöne Moment der Hilfsbereitschaft: "Wir haben vor allem bei unserer Tafel sehr, sehr viele Perlen, allen gehört ein ganz großes Danke. Nicht vergessen möchten wir die Unterstützung durch viele zeitlich begrenzte Helferinnen. Stellvertretend für das gesamte Team rund um die Diakonie z.B. Steven Henze mit seiner Gruppe Migranten und auch die vielen über Facebook organisierten Helferinnen und Helfer um Erika Ketschik", so Gehling.

    "Es ist immer noch eine Hemmschwelle bei manchen Menschen da. Wir wollen ihnen Mut zusprechen, sich helfen zu lassen und Spielraum zu bekommen."

    Ernst Gehling, Vorsitzender des Tafel Schweinfurt e.V.

    Die Aktion Zeichen der Mediengruppe Main-Post zeichnete in diesem Jahr ebenfalls die vorbildliche ehrenamtliche Initiative der Tafel aus und würdigte das Engagement mit 1000 Euro.

    Schweinfurter Tafelladen – mit Maskenpflicht: Vorsitzender Ernst Gehling, Irene Pfaff, Helene Herzog, Doris Zier, Evi Gehr-Holländer und Tafel-Pionier Horst Wacker (von links).
    Schweinfurter Tafelladen – mit Maskenpflicht: Vorsitzender Ernst Gehling, Irene Pfaff, Helene Herzog, Doris Zier, Evi Gehr-Holländer und Tafel-Pionier Horst Wacker (von links). Foto: Hannes Helferich

    Die erste Tafel in Deutschland wurde 1993 in Berlin gegründet, der Dachverband Tafel e.V. 1995. Die Tafel Schweinfurt gibt es seit 2003. Die Wärmestube der Diakonie und der Brotkorb der Michaelskirche im Krankenhaus Sankt Josef hatten den Bedarf nicht mehr abgedeckt. Heute gibt es deutschlandweit 940 Tafeln mit mehr als 2000 Tafel-Läden und Ausgabestellen, über 60 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer engagieren sich. Ernst Gehling betont: "Es ist immer noch eine Hemmschwelle bei manchen Menschen da. Wir wollen ihnen Mut zusprechen, sich helfen zu lassen und Spielraum zu bekommen."

    Ein Missverständnis in der Bevölkerung gilt es in diesem Zusammenhang aufzuklären: Der Tafel Schweinfurt e.V. unter Leitung von Ernst Gehling und die Schweinfurter Kindertafel e.V. unter Leitung von Stefan Labus sind zwei verschiedene Einrichtungen, die nichts miteinander zu tun haben. Unter den 4500 Menschen, die die Tafel Schweinfurt e.V. pro Jahr im Tafelladen in der Stadt mit Lebensmitteln versorgt, sind gut 1500 Kinder.

    Bei der Kindertafel geht es allerdings um etwas anderes, ebenso wichtiges, nämlich die Versorgung mit gesundem Schulbrot für Kinder an derzeit 13 Schweinfurter Grund- und Mittelschulen, Förderschulen und Kindergärten, rund 350 Frühstückspäckchen pro Schultag.

    Oft liest man, wie viel Lebensmittel weggeschmissen werden, obwohl sie noch verzehrfähig sind. 82 Kilogramm pro Kopf und Jahr in Deutschland, so der Bundesverband der Tafeln. Das sind unvorstellbare elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Wert von 22 Milliarden Euro jährlich. Pro Jahr sammelt die Schweinfurter Tafel 250 Tonnen Lebensmittel. Zur Abholung braucht man einen Tafelschein, den aktuell 1450 Kinder und 2900 Erwachsene haben. Man bekommt ihn bei der Diakonie oder der Caritas. Er ist an Einkommensgrenzen gebunden, die sich an der Armutsgefährdungsquote der EU orientieren.

    Der mildtätige, allein spendenfinanzierte Verein wird im fünfköpfigen Team mit dem Vorsitzenden Ernst Gehling geführt. Die Tafel arbeitet nach einem Farbsystem, nach dem Bedürftige kommen können. Gelb und Blau sowie Rot und Schwarz werden im Wechsel zusammengefasst, im Moment ist die Ausgabe auf vier Tage in der Woche verkürzt.

    Trennscheiben an der Warenausgabe und Maskenpflicht: Das Hygienekonzept in der Ausgabestelle der Tafel in der Brombergstraße in Schweinfurt während der Coronakrise funktioniert sehr gut.
    Trennscheiben an der Warenausgabe und Maskenpflicht: Das Hygienekonzept in der Ausgabestelle der Tafel in der Brombergstraße in Schweinfurt während der Coronakrise funktioniert sehr gut. Foto: Oliver Schikora

    35 Märkte, acht Bäckereien und die Marktbäuerinnen sind die regelmäßigen Anbieter von Lebensmitteln. Die beiden Tafel-Fahrzeuge sind im Jahr gut 40 000 Kilometer unterwegs, einmal um die Welt, Spritkosten rund 10 000 Euro. Die muss die Tafel durch Spenden selbst finanzieren. Immer mal wieder erhält die Tafel vom Bundesverband oder der hiesigen Industrie Sonderlieferungen.

    Die Ehrenamtlichen leisten pro Jahr 6500 Stunden. Zirka 300 Tage im Jahr sind sie aktiv. Die ausgegebenen Lebensmittel entsprächen – die 2,2-Kilogramm schweren Transport-Kartons aneinandergereiht – der Strecke von Schweinfurt nach Würzburg.

    160 Helferinnen und Helfer engagieren sich, 55 sind als Fahrer und Beifahrer unterwegs, die anderen 105 arbeiten in verschiedenen Abteilungen im Tafelladen – Lager, Sortierung, Ausgabe, eine kleine, gut durchorganisierte Firma mit täglich 20 bis 30 Freiwilligen im Einsatz. Koordiniert wird das Team von Angelika Bandorf, die halbtags angestellt ist.

    Neue Helfer kann die Tafel immer gebrauchen, im Vorbereitungsteam, im Laden beim Verkauf, als Fahrer, auch als Springer, die auf Abruf spontan helfen. Ideen für die Zukunft haben Gehling und sein Team viele, zum Beispiel neue Ausgabestellen im Landkreis oder eine Suppenküche. Im April soll die 2020 ausgefallene Jahresversammlung mit Neuwahlen nachgeholt werden.

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