Bergsteigen bedeutet nicht nur schöne Aussicht, Sonne, blauer Himmel und Glücksgefühle, sondern auch Übelkeit, Kopfschmerzen, Höhenkrankheit, Erschöpfung. Markus Moller aus Stammheim hat dies während seiner Himalaya-Tour im April erlebt und seine Erlebnisse in einem Reisetagebuch zusammengefasst.
Mein Reiseabenteuer startet um 22.20 Uhr am Flughafen in Frankfurt. Die Reiseroute führte über Doha in Katar, Vereinigte Emirate nach Kathmandu, wo ich am nächsten Tag eintraf. Bei einem Begrüßungsessen am Abend lernte ich meinen Guide Gelu Sherpa kennen, der mich auf meinem Abenteuer begleitete. Die Zusammenkunft diente auch dazu, die anderen „Trecker“ kennenzulernen: Heike, Andrea, Angelika, Volkmar und Sven. Sie hatten das gleich Ziel wie ich, einmal den höchsten Berg der Welt, den Mount Everest, mit eigenen Augen zu sehen.
Schlechtes Wetter war Ursache, das es am dritten Tag erst mit achtstündiger Verspätung per Flugzeug weiter nach Lukla (2800 Meter), einen kleinen Ort mitten im Himalaya-Gebirge, ging. Auf dem 40-minütigen Flug wurde uns dann klar, warum man uns so lange am Flughafen warten ließ. Der Wind rüttelte das kleine Flugzeug sehr stark durch. Die Landung auf dem nur 600 Meter langen Rollfeld mit 60 Meter Höhenunterschied war spektakulär. Alle Passagiere kamen nach der Landung, etwas weiß um die Nase, aus der Maschine. Nach kurzer Rast startete die Treckingtour zu einer Lodge in 2600 Meter Höhe, in der übernachtet wurde.
Durch Nationalpark
Am vierten Tag folgten wir dem tief eingeschnittenen Tal des Flusses Dudh Kosi. Vorbei an kleinen Orten betraten wir bei Monjo den Sagaramatha-Nationalpark. Dort überquerten wir den Fluss auf einer spektakulären Hängebrücke, die von keinem geringeren als dem Erstbesteiger des Mount Everest, Sir Edmund Hillary, errichtet wurde. Steil bergauf ging es die letzten vier Stunden der Tagestour nach Namche Bazar (3400 Meter), der berühmten Hauptstadt des Sherpa-Volkes.
Den fünften Tag, einen Ruhetag, nutzten wir, um beim Ausflug zum 3900 Meter hohen Everest View Hotel einen Blick auf die Giganten des Himalaya, den Ama Dablan, den Lhotse und den Mount Everest, zu erhaschen.
Nach der Besichtigung des Sherpa-Museums in Namche besteigen wir das obere Khumbu-Tal. Steil führte der Anstieg hinauf nach Tengboche, wo die Besichtigung des weltberühmten Sherpa-Klosters das Tagesziel darstellte.
Landschaftliche Schönheiten
Die Etappe des siebten Tages war reich bestückt mit landschaftlichen Schönheiten wie dem eis-gepanzerten Ama Dablan (6856 Meter), der zu den schönste Bergen der Welt zählt. Etappenziel war eine Lodge in der Ortschaft Dingboche. Am achten Tag stand erneut ein Ruhe- und Erkundungstag auf dem Programm. Am neunten Tag hielten wir Einzug in die alpine Hochgebirgslandschaft und erreichten das Tagesziel Lobuche, knapp unter der 5000-Meter-Grenze. Am zehnten Tag führte ein Abstecher nach Gorak Shep (5140 Meter). Dort trafen wir zeitig ein, so dass wir uns entschlossen, zum berühmten Everest Basislager auf 5400 Meter weiterzugehen. Mitten in der Expeditionssaison bevölkerten knapp 500 Zelte das Everest-Base-Camp.
Bereits um 4.30 Uhr schlüpften Sven und ich am elften Tag aus den Schlafsäcken, um mit Guide Dschamba Sherpa noch vor dem Frühstück den Aufstieg zum Kala Pattar anzugehen. Ein atemberaubender Sonnenaufgang im Angesicht des Mount Everest entschädigte uns für die Mühen.
Heftiges Gewitter
Am folgenden Tag ging es durch ein immer karger werdendes Tal meinem eigentlichen Ziel, dem Island Peak, etwas näher. Am 13. Tag erreichten wir nach einer kurzen, aber landschaftlich wunderschönen Etappe das Island Peak-Basislager auf 5100 Meter. Im Zeltcamp errichtete ich mit meinem Guide mein Zelt. Da nur ich eine Besteigungsgenehmigung (Permit) für den Island Peak in der Tasche hatte, musste ich mich von meinen Freunden verabschieden, die den Rückweg nach Chhukhung antraten. Doch zuvor genossen wir noch den Ausblick auf die 8000er Lhotse und Lhotse Shar. Auch die Gipfel des Baruntse, Cho Polu, Num Ri, Ama Dablam oder die wilden Amphu Peaks boten spektakuläre Fotomotive. Gegen 19 Uhr war bereits Bettruhe angesagt. Doch schon eine Stunde später wurde ich von einem heftigen Höhengewitter geweckt. Neben Blitz und Donner gab es 15 Zentimeter Neuschnee.
Pünktlich um Mitternacht wurden mein Bergführer und ich mit einer Tasse Tee und einer Nudelsuppe geweckt. Um 1 Uhr marschierten wir los. Über Geröll ging es steil bergauf. Wir passierten einen Grat, der uns zum Gletscher führte, den wir gegen 7 Uhr erreichten. Ab hier mussten wir uns wegen der Gletscherspalten anseilen. Als wir diesen Abschnitt überwunden hatten, stellte eine etwa 65 Grad steile, 250 Meter hohe Eiswand die nächste Herausforderung dar. Die Sherpas befestigten die Fixseile, an denen wir nach oben kletterten.
Gegen 11 Uhr hatten wir auch den ausgesetzten Gipfelgrat überwunden und erreichten den höchsten Punkt des Island Peak, 6189 Meter über dem Meeresspiegel. Der fantastische Ausblick auf die umliegenden Berge entschädigte für die Strapazen. Ich weiß nicht, wie oft ich bei der Besteigung mit starken Kopfschmerzen und Übelkeit ans Aufgeben oder Umkehren gedacht hatte, am Gipfel waren diese Gedanken wie weggeblasen und ich freute mich wahnsinnig über die gemeisterte Herausforderung.
Nach einer ausgiebigen Erholungspause und Gipfelrast machten wir uns auf der gleichen Route wieder an den Abstieg. Im Basislager wurden wir schon von unseren Freunden erwartet. An diesem Abend schmeckte das Essen besonders gut und auch der Schlaf in dieser Nacht war der eines zufriedenen und glücklichen Bergsteigers.
Durch das Tal des Dudh Kosi gelangten wir am 15. Tag zurück nach Tengboche. Am 16. Tag setzen wir die Tour durch das lange Khumbu-Tal fort, zurück in die Sherpa-Hauptstadt Namche Bazar. Der Folgetag brachte uns nach einer kurzen Etappe zurück nach Ghat nahe Lukla. Dort blieb uns Zeit, die Sonne zu genießen. Am 18. Tag verließen wir bei Monjo den Nationalpark Sagarmatha, dessen faszinierende Hochgebirgslandschaft in den letzten Tagen wieder und wieder beeindruckt hatte. Von Lukla aus brachte uns eine 16-sitzige Twin-Otter-Maschine am 19. Tag zurück nach Kathmandu. Die folgenden beiden Tage nutzten wir zum Einkaufsbummel und um Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.
Mit Verspätung
Am 22. Tag ging es zum Flughafen. Dort hob der Flieger mit dreistündiger Verspätung nach Dubai ab. Natürlich verpassten wir dadurch unseren Anschlussflug nach Frankfurt. Glücklicherweise wurden wir jedoch prächtig entschädigt und konnten eine Nacht im Luxushotel erleben.
Auch die letzte Etappe nach Deutschland hielt noch eine Überraschung parat. Durch die über Deutschland hängende Aschewolke, die durch den Vulkanausbruch auf Island ausgelöst wurde, mussten wir bereits in München landen. Mit dem Zug ging es zurück nach Würzburg, wo die mehr als dreiwöchige Himalaya-Expedition endete.