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Stadtlauringen: 2021 im Rückblick: Der größte Stausee in Unterfranken ist abgelassen

Stadtlauringen

2021 im Rückblick: Der größte Stausee in Unterfranken ist abgelassen

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    Blick zurück: Seit dem 16. November ist kein Wasser mehr im Ellertshäuser See. Das 33 Hektar große Becken – hier der Blick vom Vorsee aus – wurde trockengelegt, weil die technischen Betriebsanlagen saniert werden müssen.
    Blick zurück: Seit dem 16. November ist kein Wasser mehr im Ellertshäuser See. Das 33 Hektar große Becken – hier der Blick vom Vorsee aus – wurde trockengelegt, weil die technischen Betriebsanlagen saniert werden müssen. Foto: Anand Anders

    Es war das größte und aufregendste Projekt in der Region: Am 29. September wurde am Ellertshäuser See der "Stöpsel gezogen", um den größten Stausee in Unterfranken trocken zu legen. Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, das für den Freistaat Bayern den Stausee unterhält, will 2022 die technischen Betriebseinrichtungen im See sanieren. Und das geht nur, wenn das 33 Hektar große Becken leer ist.

    Das hatte man hierzulande noch nicht gesehen: Mit Zugnetzen wurde der Ellertshäuser See von Profis aus Schleswig-Holstein abgefischt.
    Das hatte man hierzulande noch nicht gesehen: Mit Zugnetzen wurde der Ellertshäuser See von Profis aus Schleswig-Holstein abgefischt. Foto: Anand Anders

    50 Tage dauert es, bis die 1,7 Millionen Kubikmeter Wasser abgeflossen waren. Die letzten 48 Stunden wurden dabei zu einer Herkulesaufgabe. Zum einen, weil der Ablaufschacht aufgebohrt werden musste, um den See komplett entleeren zu können. Zum anderen, weil sich das Abfischen zum Ende hin zu einer wahren Schlammschlacht entwickelte. 

    Ein Kraftakt: Bevor das Wasser aus dem Ellertshäuser See komplett abgelassen wurde, wurden die restlichen Fische mit großer Kraftanstrengung aus dem Schlamm geholt.
    Ein Kraftakt: Bevor das Wasser aus dem Ellertshäuser See komplett abgelassen wurde, wurden die restlichen Fische mit großer Kraftanstrengung aus dem Schlamm geholt. Foto: Anand Anders

    Es war das zweite Mal, dass der in den 1950er-Jahren angelegte Stausee trockengelegt wurde. Das erste Mal geschah das 1983. Damals hatte man keine Erfahrung, nicht alles lief gut. Diesmal war das mit drei bis fünf Millionen Euro veranschlagte Projekt von langer Hand vorbereitet. Größte Herausforderung war das Herausholen der Fische. Das Wasserwirtschaftsamt hatte sich für das Abfischen mit Schleppnetzen entschieden und dafür Profis aus dem hohen Norden engagiert, weil man auf diese Weise schonend sehr große Mengen fangen kann. 

    Die Aktion startete Anfang November, als der See schon auf die Hälfte seiner Fläche geschrumpft war. Viele Schaulustige standen auf dem Hauptdamm, so etwas hatte man hierzulande noch nicht gesehen. Doch gleich zu Beginn drohte die Aktion zu scheitern. Auf dem Seegrund befanden sich alte Baumstümpfe. Überbleibsel des ehemaligen Wald- und Wiesengrunds des Sauerquellenbachs, der beim Bau des Sees aufgestaut wurde. Das Netz verhakte sich, musste mit Gewalt hochgezogen werden. Mindestens 30 Meter Netz waren dabei von der Kette abgerissen.

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    Foto: Anand Anders

    Notdürftig wurde das Netz geflickt und ein neuer Versuch gewagt. Diesmal ging alles gut. Drei Tage waren die Profis zugange, um das Gros der Fische zu fangen. Den Rest übernahm eine heimische Firma. Zwei Wochen dauerte die gesamte Abfischaktion. Am Ende waren es insgesamt acht Tonnen Fische, die aus dem Ellertshäuser See geholt worden waren, darunter auch riesige Raubfische. An die 70 Waller gingen ins Netz. Die beiden Größten über zwei Meter lang und 80 Kilogramm schwer. Das Gros wurde an Angelsportvereine für Besatzmaßnahmen weiterverkauft. Etwa eine Tonne Fisch kam in den Vorsee, um sie später wieder im Hauptsee anzusiedeln.  

    Ein riesiger Waller wurde im Ellertshäuser See gefangen. Über 80 Kilogramm brachte der zwei Meter große Raubfisch auf die Waage.
    Ein riesiger Waller wurde im Ellertshäuser See gefangen. Über 80 Kilogramm brachte der zwei Meter große Raubfisch auf die Waage. Foto: Andreas Kirchner

    Doch nicht nur Fische galt es in Sicherheit zu bringen: Mitarbeiter des Wasserwirtschaftsamtes sammelten täglich die Muscheln ein, die das zurückweichende Wasser am Ufer freigab. Über 60 000 Teichmuscheln wurden aufgeklaubt, jede einzelne gereinigt, vermessen, kartiert und dann in den Vorsee gebracht. 2023 sollen sie wieder in den Hauptsee umziehen. Mit dieser Menge an Muscheln hatten selbst Naturschützer nicht gerechnet. Über 10 000 Muscheln konnten deshalb an Angelvereine oder Gemeinden verschenkt werden, um sie zur Verbesserung der Gewässerqualität in andere Seen einzusetzen.

    Über 60 000 Muscheln wurden am Ellertshäuser See eingesammelt, gereinigt, vermessen, kartiert und zur Zwischenlagerung in den Vorsee gebracht.
    Über 60 000 Muscheln wurden am Ellertshäuser See eingesammelt, gereinigt, vermessen, kartiert und zur Zwischenlagerung in den Vorsee gebracht. Foto: Anand Anders

    Der leere See hat aber nicht nur Schätze der Natur zum Vorschein gebracht, sondern auch mehr oder weniger wertvolle Schätze, die Badegäste achtlos hinterlassen oder verloren haben. Gleich nach Öffnung des Ablassschiebers tauchen deshalb die ersten Schatzsucher auf. Mit Metalldetektoren suchen sie das Ufer nach Geld- oder Schmuckstücken ab. 

    Das Betreten des Uferbereichs barg aber auch Gefahren, denn rund um den Stausee kamen Schlammbuchten zum Vorschein. Das Wasserwirtschaftsamt hat deshalb ein Betretungsverbot für den abgelassen Stausee erlassen.

    Zwischen Februar und August 2022 sollen die Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Danach wird aufgestaut. Ab 2023 soll der See wieder mit Wasser gefüllt sein.

    Ein letztes Sonnenbad Ende Oktober am Ellertshäuser See, bevor  das Wasser endgültig weg ist.
    Ein letztes Sonnenbad Ende Oktober am Ellertshäuser See, bevor  das Wasser endgültig weg ist. Foto: Anand Anders
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