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Schweinfurt: Der Hauptmann von Köpenick: Rebell oder Träumer?

Schweinfurt

Der Hauptmann von Köpenick: Rebell oder Träumer?

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    Der Hauptmann von Köpenick begeisterte im Schweinfurter Theater. 
    Der Hauptmann von Köpenick begeisterte im Schweinfurter Theater.  Foto: Heiko Stang

    Mit dem außergewöhnlich gut gemachten deutschen Musical "Der Hauptmann von Köpenick" überraschte das Berliner Tournee Theater Thespiskarren zum Wochenbeginn im zweimal ausverkauften Theater. Das Musical nach Carl Zuckmayers gleichnamiger Tragikomödie bestach zweifellos durch die hervorragende Leistung seines 14-köpfigen Ensembles. Doch wäre diese brillante Umsetzung sicher nicht zustande gekommen ohne das Multitalent Heiko Stang.

    Er schrieb die Musik und die Liedtexte, entwarf das Bühnenbild und führte Regie. So entstand eine farbig-spannende Inszenierung, die Kompositionen reichten von Moritatenliedern, Musicalsongs bis zu "close harmony"-Gesang und zu Jazzmusik. Dirigentin Kathleen Bird ließ die Bigband swingen - dit war eene Wucht.

    Scheitern an der wilhelminischen Bürokratie

    Das Stück entführt die Zuschauer mit seinen historischen Kostümen (Gisela Lämmle) und mitreißenden Tanzszenen (Szilvia Wolf) zurück ins kaiserliche Berlin um 1900. Der wegen kleinerer Delikte vorbestrafte Schuster Wilhelm Voigt (großartig Maximilian Nowka) scheitert immer wieder an der wilhelmischen Bürokratie: Keine Aufenthaltsgenehmigung während Arbeitslosigkeit, keine Arbeit ohne Aufenthaltsgenehmigung. Nach einem erneuten Gefängnisaufenthalt kehrt Voigt zu seiner Familie zurück und er kümmert sich rührend um die Untermieterin Liesken (Juliane Maria Wolf), die an Tuberkulose erkrankt ist.

    Obwohl dem Stück eine Straffung gut getan hätte, kommt der eigentliche Coup des Verzweifelten etwas kurz: Er besorgt sich die Uniform eines Hauptmanns und er befiehlt einer Gruppe von Soldaten, das Rathaus von Köpenick einzunehmen und die Stadtkasse zu plündern. Dann stellt er sich der Polizei. Ein kleiner Mann, der sich einmal im Leben mit Erfolg gegen die Ungerechtigkeit des gesellschaftlichen Systems zur Wehr setzt und es bloßstellt.

    Kritik an der Obrigkeits-Hörigkeit

    Gut, dass bei aller Musical-Leichtigkeit Zuckmayers Kritik an der deutschen Obrigkeitshörigkeit, am Militarismus, an dem Respekt vor Uniformen, letztlich an der Kriegsbegeisterung immer wieder zu Sprache kommt. Daneben gibt es andere Momente, bei denen sich die Musicalbühne plötzlich in dramatisches Theater verwandelt. Etwa die Todesszene des kranken Lieskens: Erst singt sie mit Wilhelm Voigt noch voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft "Frei wie der Blick", dann sieht man im Halbdunkel eine Trauergesellschaft an einem Grab - Liesken entschwindet im Licht:

    Oder der Dialog des verzweifelten Voigt mit Gott. "Der wird mir fragen: Schuster Wilhelm Voigt, wat haste jemacht mit dein Leben?"  Auch manche der ins Ohr gehenden Songs deuten Voigts Dilemma an: "Jeder Mensch brauch eenen Platz, wo er hingehört." Dann Kontraste: Die Hofsänger singen a cappella "Ja, so scheen is det im Jrünen" und der Gefängnischor überrascht mit dem  Choral "Bis hierher hat uns Gott gebracht."

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