Im Schonunger Ortsteil Marktsteinach schließt der letzte Laden. Die Metzgerei Müller gibt auf. Auf der Homepage des Betriebs kann es jeder nachlesen: „Ab dem 1.9.2018 ist unsere Metzgerei aus geschäftlichen und gesundheitlichen Gründen geschlossen.“
Es habe sich schlicht nicht mehr gerechnet, sagt Metzgermeister Rudolf Müller. „Die Supermärkte laufen uns den Rang ab.“ Er führt die Metzgerei in der dritten Generation. Ursprünglich bewirtschaftete sein Großvater das Dorfwirtshaus und nebenbei eine kleine Hausmetzgerei. Sein inzwischen verstorbener Vater hat dann 1971 vergrößert, 1974 ein eignes Schlachthaus gebaut, drei Jahre später die Wurstküche und 1980 den Laden eingerichtet „Dann haben wir die Wirtschaft zugemacht, es gibt ja genug Vereinsheime im Ort“, erzählt Müller.
Bis 2011 noch selbst geschlachtet
„Bis 2011 hat er selbst geschlachtet, danach haben wir uns regional umgesehen und geschaut, wo wir Fleisch bekommen, das unseren Qualitätsansprüchen genügt“, erzählt der Metzgermeister. Im Schaufenster der Metzgerei war zu sehen, welcher Landwirt das Fleisch jeweils lieferte. Der Sohn stieg in den Betrieb ein, wurde Fleischereifachverkäufer und auch Ehefrau Simone arbeitete mit. „Von Mai bis August war ich ständig auf Bereitschaft, um die vielen Feste zu beliefern“, erinnert sich Müller. Er hatte noch einen Partyservice aufgebaut, und wöchentlich gab's die „Sonntagknüller“ besondere Angebote zu reduzierten Preisen.
Seine Frau benennt ein weiteres Problem, das über die Jahre gelöst werden musste. „In unserem Bereich gibt es einen ausgesprochenen Fachkräftemangel“, erklärt sie. Es sei schwierig gewesen qualifiziertes Personal zu finden. Aber „heute hast du ja schon Probleme eine Putzfrau zu kriegen“, ergänzt ihr Mann.
Für die kleinen Läden wird die Luft dünn
Der Einbruch kam vor knapp zwei Jahren, damals wurde das neue Gewerbegebiet Schonungen Süd eröffnet. Der ortsansässige Einkaufsmarkt zog dorthin um und vergrößerte sich um ein Vielfaches. Dazu kam noch ein neuer Discounter. Gleichzeitig brachen die Umsätze in der Metzgerei ein. Simone Müller erzählt von der Rückmeldung einer Kundin, die wohl symptomatisch für viele andere auch ist. „Dein Zeug ist echt klasse“, habe diese gelobt, aber dann erklärt: „Wenn ich von der Arbeit komm', geh ich in den Supermarkt, da habe ich alles, das spart mir Zeit.“ Es gehe nur um Zeit und Geld, meint Müller – und das heißt, dass für die kleineren Lebensmittelbetriebe „die Luft dünn“ wird.
Er denkt, dass es auch ein bisschen zur deutschen Mentalität passt. Bei uns sind die Lebensmittel im europäischen Vergleich am billigsten und dem Franken sei das noch nicht billig genug. „Wir fahren ja auch extra in den Steigerwald, weil dort das Essen günstiger ist“, ergänzt seine Frau. Die Appelle, regional zu kaufen und zu schauen wo die Ware herkommt, die man einpackt, seien da schnell vergessen. „Wir haben es uns gut überlegt und lange mit uns gekämpft“ erzählt Simone Müller, aber letztlich sei ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende.
„34 Jahre arbeite ich jetzt in dem Betrieb, unterbrochen nur durch die 14 Wochen Meisterprüfung“, erklärt Müller, aber schon mit 16 Jahren habe ihn sein Vater mit zum Steuerberater genommen und ihm gezeigt, worauf es ankommt. Ein Betrieb muss auch wirtschaftlich arbeiten, das habe auch der Vater nie aus dem Blick verloren. Für die Müllers beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt. „Mit der Betonung auf 'leben'“,sagt der Metzgermeister, der in Zukunft nicht mehr nur arbeiten will. Eine 60-Stunden-Woche gehöre ab sofort der Vergangenheit an. Alle Familienmitglieder orientieren sich beruflich neu. Dankbar ist die Familie all den Mitarbeitern, Kunden, Vereinen aber auch Geschäftspartner, die ihnen bis zuletzt die Treue gehalten haben.
„Wieder stirbt ein Stück Leben im Dorf“
Und die Kunden? Vor allem für die Älteren nicht mehr motorisierten werde die Situation ungleich schwieriger, denn die Busanbindung sei denkbar schlecht, so Simone Müller. Während ein Kunde meint, „Da stirbt wieder ein Stück Leben im Dorf“, sagte eine andere: „Schon blöd, aber ehrlich gesagt, ich mach meistens am Samstag meinen Großeinkauf in Schweinfurt und da nehm ich dann halt auch mein Fleisch und die Wurst mit, hat doch auch ein Metzger gemacht oder?“