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MÜHLHAUSEN: Der letzte Trachtler spielt jetzt Pop

MÜHLHAUSEN

Der letzte Trachtler spielt jetzt Pop

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    Georg Göbel wie er leibt und lebt – für die Blasmusik, mit seiner Klarinette. Seit 50 Jahren spielt er bei der ehemaligen „Trachtenkapelle Mühlhausen“, jetzt „Die Mühlhäuser“.
    Georg Göbel wie er leibt und lebt – für die Blasmusik, mit seiner Klarinette. Seit 50 Jahren spielt er bei der ehemaligen „Trachtenkapelle Mühlhausen“, jetzt „Die Mühlhäuser“. Foto: FOTO Horst Bauer

    Vor 50 Jahren, 1957, ist Georg Göbel auch zum ersten Mal ins Ausland gereist – für die Arnsteiner Backofenfirma Wenz, deren erster Lehrling er war. Der gelernte Schlosser war viel unterwegs, bis nach Japan führten ihn seine Reisen. Und mit ihnen kam das Fernweh: Anstoß für eine Reihe von Auslandsaufenthalten der Mühlhäuser Musikanten.

    Georg Göbel ist ein waschechter Mühlhäuser. Seine Frau Maria stammt aus Hergolshausen und hat ihn auf vielen seiner Musiktouren begleitet. Mit 15 lernt er Klarinette, fängt bei der Dorfmusik an. Ein heimatvertriebener Egerländer beginnt in jenen Jahren in Mühlhausen mit der musikalischen Ausbildung junger Leute. Göbel stellt eine Gruppe zusammen, gründet die „Trachtenkapelle Mühlhausen“, noch ohne Vereinsstatus. Markenzeichen der Kapelle ist die „Erneuerte unterfränkische Tracht“ der Bezirksheimatpflege.

    Auftritt vor dem Kanzler

    Gespielt wird anfangs bei dörflichen Festen und in Tanzsälen der Gastwirtschaften an Fasching und zur Kirchweih. Erste auswärtige und zugezogene Musikanten werden in die Kapelle integriert. Bei einem Erntedankfest in Geldersheim hat die Trachtenkapelle sogar eigene Volkstänzer dabei. 1958 hat die Kapelle ihren ersten bedeutenden Einsatz, erzählt Göbel: Sie begleitet eine Wallfahrt der Diözese unter Bischof Josef Stangl zum heiligen Rock nach Trier. Auf Einladung der bayerischen Vertretung in Bonn musiziert die Kapelle 1967 vor Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger und vor dem Bundeshaus.

    Durch Kontakte mit dem Freundeskreis von Gerolzhofen mit Mamers fahren 20 Musiker im Mai 1975 nach Frankreich. Alle sind privat untergebracht. „Der Schorsch“ lacht, als er erzählt, dass eine Französin, die ihnen zum Essen Löwenzahn (fränkisch Ringelbüsch) serviert, danach nur noch „Madame Ringelbüsch“ geheißen hätte. Getanzt habe „Madame Ringelbüsch“ übrigens auch gerne mit den jungen Musikern, sagt Göbel, der mit seiner Truppe zwei weitere Male in Frankreich war.

    Ebenfalls 1975 ist die Kapelle Gast auf dem Minenleger „Steigerwald“ auf Vermittlung der Patengemeinde Abtswind. Von Glücksburg aus ging es auf eine Tagestour über die Ostsee. Um die Vorbereitungen muss sich Maria Göbel kümmern – ihr Mann ist beruflich in Portugal, kommt mit dem Flugzeug nach und erreicht die Musikkameraden und seine Frau nur wenige Minuten vor Ablegen des Schiffes. Musiziert wird zu einer Weinprobe mit Frankenwein und vor hohen englischen Militärs.

    1990 betreut die Mühlhäuser eine Studenten-Musikergruppe aus Schweden bei ihrem Aufenthalt im Landkreis während einer Bayerntour. 1992 starten die Mühlhäuser selbst zur Konzertreise. Mit einem örtlichen Busunternehmen geht es in Richtung Schweden. „Wir hatten alles dabei“, sagt Göbel: „Bratwürste, Grill und Bier, dabei riesige Angst vor dem Zoll. Wären wir erwischt worden, hätten wir an der Grenze erst einmal ein Volksfest gefeiert und die Bratwürste gegrillt und verkauft.“ Musiziert wird in Schweden in Krankenhäusern, Altenheimen und Festzelten. In Malmö holt man die Kapelle auf eine Open-Air-Bühne. Fünf weitere Schwedenreisen folgen. Kontakte nach Schweden sind bis heute nicht abgerissen.

    Von USA bis Brasilien

    Auch später sind die Mühlhäuser viel unterwegs. Zu den Höhepunkten gehören 1984 und 1990 Auftritte in Los Angeles, 1995 in Blumenau in Brasilien. Dort spielen die Musiker aus Unterfranken zu den dortigen „Oktoberfesten“. Allein vier Wochen dauert der Aufenthalt in Los Angeles, gespielt wird an fünf Abenden in der Woche. Georg Göbel ist dabei Ansager, Sänger und Musikant. Alles ist frei, einschließlich Flug und ein Fahrzeug zur Erkundung der Umgebung. Gage gibt es dann nicht mehr viel. Kurz vor der Brasilienreise erwischt es Göbel böse. Eine Herzoperation wird notwendig, die Tour macht er trotzdem mit. Auch wenn er langsamer machen muss.

    Heute ist Georg Göbel der letzte der alten Truppe, spielt in der Kapelle „Die Mühlhäuser“ mit Musikern aus Orten des Marktes Werneck. Es gibt Sänger und eine Saxophon-Formation. Gespielt wird alles, was ankommt, ob traditionell oder modern: fränkische Rundtänze, Volksmusik, Rock und Pop.

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