Humor war hierzulande schon immer eine ernste Sache. "Lacht, wenn's zum Heulen nicht langt": Diesen Ratschlag soll Till Eulenspiegel dem Narrenvolk gegeben haben. Als Till von Franken saß der Schalk lange auf einer Stele vorm Haus von Peter Halbig.
Die Symbolfigur des Fastnachtverbands Franken bekam allerdings "Füße". Also hat der Hambacher Büttenredner Ersatz aus Mölln mitgebracht: Einen original Eulenspiegel aus der Stadt, wo er der Überlieferung nach begraben, naja, nicht liegen soll, sondern stehen, aufgrund eines Missgeschicks der Möllner Trauergemeinde. Wie es sich für einen Querkopf aus Niedersachsen gehört. Dem man außerdem nachsagt, dreimal getauft worden zu sein, vom Pfarrer, beim Sturz in eine "Lache" und in einem heißen Bad.

Der Präsident des "Hambacher Carneval-Vereins", hat einige kuriose Mitbringsel und Erfahrungen gesammelt. Als ehemaliger Reisebüro-Leiter ist auch der "Reisepeter" in der Welt herumgekommen. Ehefrau Maria erinnert sich an die "I love Kuwait"-Buttons, die es vom Zweiten Golfkrieg gab, für Touristen in Ägypten.
Mit der Bürgermedaille ausgezeichnet
In diesem Jahr feiert Peter Halbig nun 40 Jahre auf der Bühne des HCV. Gerade eben wurde der alljährliche Verkünder der Kirchweihzeitung mit der Bürgermedaille ausgezeichnet: Nicht zuletzt für seine Faschingsrolle als "Pppaul" (der Gemeindediener stottert bereits seit 35 Jahren) oder als "Till von Hamich". Die Narrenkappe setzt er sich seit einem Vierteljahrhundert auf, seit 1994, inspiriert vom Orden "Till von Franken". Den Ritterschlag des Fastnachtverbands hatte Halbig kurz zuvor erhalten.
Mittlerweile ziert fränkisches Weiß-Rot das Gewand des Till, der früher in Blau-Gold aufgetreten ist, eine zeitlang sogar ein blaugoldenes Clownsgesicht geschminkt bekam: "Eine Schmiere im Scheinwerferlicht", erinnert sich Halbig.

Ein Dauerbrenner ist die HCV-Gesangsshow, wo der Präsident immer noch zum Mikro greift, wie seit den späten 1970ern. "Peter, du singst auch so schön": Mit diesen Worten überzeugte ihn eine Nachbarin mitzumachen, beim Verein, der 1976 im Sportheim aus der Taufe gehoben worden war. "Goethe war gut, man der konnte reimen", nannte sich ein Rudi Carell-Schlager, mit dem Halbig auftrat, schon damals in der Turnhalle.
Als Stotterer "Pppaul" genau hingeschaut
Unvergessen ist auch Ur-Sitzungspräsident Sigi Frebel, ein Düsseldorfer Original, das auf der Bühne schon mal einen Handstand hingelegt hat: "Der hat gered wie ein Maschinengewehr." Es war die Zeit nach der "Zwangseingemeindung" Hamichs nach Dittelbrunn. "Pppaul" griff die Querelen auf, mit einem Lied über Einheitsbürgermeister Oswald Markert, inspiriert von Smokie ("Who the fuck is Oswald?"). Oder mit einer Gebrauchsanweisung für Gemeinderäte, frei nach Mike Krügers Nippel-Song : "Du musst doch erst den Vollmuth durch den Roll Schorsch ziehen, und an dem Walters Alfred ganz nach oben drehen."

Am nächsten Tag habe der Gemeindevertreter angerufen und sich gewundert, warum er da durch den "Rollschrank" gezogen werden sollte. Zum Jahrtausendwechsel gab's einen Auftritt mit Millenniumsbrille, 2002 mit Adventskranz auf dem Kopf (unter brennenden, tropfenden Wachskerzen). Der interkommunale Durchbruch kam mit der Rolle des Till.
Vor die Kamera, etwa bei der "Närrischen Weinprobe", zog es Halbig aber selten: "Besser der Local Hero als Fernsehauftritte." Die alten Büttenreden sind noch abgeheftet. Zum Auftakt 1994 erregten "Amigo, Barschel, Streibl, Engholm, Möllemann" die Gemüter, ebenso Honeckers Exil in Chile ("Die größten Gauner lässt man laufen, tut ihnen noch ein Ticket kaufen"). Derweil saß vielen "der Schalk im Nacken." Gemeint war DDR-Geldbeschaffer Schalk-Golodkowski, ruhiggestellt mit Villa am Tegernsee. Sechs Seiten war das Debüt kurz, es ging um "Jugoslawia", oder, damals schon, ums "Dilemma Asyl", und Nazispinner mit Baseballschlägern.
"So was hältst im Kopf net aus", hieß es auch 2000. Da war die Rede bereits elf Seiten lang: mit Kosovokrieg, Lafontaine-Rückzug, "Schmierenkomödiant Helmut" und Partei-Spendenaffäre. Der "Schrott im Glotzophon" regte den Till auf, mit Pfarrer Fliege, Ricky oder Hans Meiser. Dafür war die Sonnenfinsternis ein Hingucker. Gelacht wurde über das Fränglisch von Lodda Maddäus. Mambo Five war in, das Bobbele schon im Internet drin.
Der Till derbleckt sie alle
Der Till derbleckt sie noch immer, Politiker, Promis, Kirchenobere. Wenn er Partei ergreift, dann die der "Kleinen" gegen die "Großen". Als Freund persönlicher Freiheit und auch mal Moralist, aber nie als Populist. Sein Pensum hat er auch 2006 "durchgezerrt", dem Jahr der schweren Krankheit, die heute überwunden ist.

Ohne Planung geht es nicht, wenn "Reisepeter" an einem Samstag erst zur Sitzung nach Gochsheim eilt, dann nach Frankenwinheim, Üchtelhausen, Burglauer. 20 Auftritte stehen in dieser Saison auf dem Programm. Dank Internet sei es jetzt einfacher, Schlagzeilen zu sammeln, sagt Halbig. Und: "Man muss immer aktuell sein."
Wenn Menschen wie Assauer, Pilcher, Lagerfeld gehen, bekommen sie sofort einen Nachruf in der Bütt. Vom Michael Glos-Rücktritt hat er nach einem Auftritt in Gochsheim erfahren: "Bei der ESKAGE hat es der Till dann bekanntgegeben. Die Leute haben geguckt." Papst Benedikt ist an einem Rosenmontag zurückgetreten: "Sowas ist natürlich eine Steilvorlage."
Apropos: Jetzt, wo "richtig Zug beim HCV" sei, denkt der Till nicht ans Aufhören. Sohn Bastian, der längst in die Fußstapfen getreten ist, hat angekündigt, ihn am 80.Geburtstag von der Bühne zu tragen. Am 5. Februar 2035, einem Rosenmontag.