Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

Obbach: Die Geschichte der stolzen Keltinnen im Landkreis Schweinfurt

Obbach

Die Geschichte der stolzen Keltinnen im Landkreis Schweinfurt

    • |
    • |
    Gästeführerin Jutta Göbel informierte anschaulich über das Leben der Keltinnen
    Gästeführerin Jutta Göbel informierte anschaulich über das Leben der Keltinnen Foto: Charlotte Wahler

    Immer wenn es heißt "Oh, das war schon immer so", ist höchste Vorsicht geboten. Denn nichts war schon immer so und alles kann sich auch wieder ändern. In diesem Fluss der Zeit stehen wir und wir stehen als Frauen anders darin als die Männer. Vor ein paar tausend Jahren, zur Zeit der Kelten, lebten die Menschen durchaus ganz anders miteinander als heute, andere Regeln galten und die Frau hatte in der Gesellschaft einen ganz anderen Stellenwert, als wir uns heute vorstellen.

    Ute Suckfüll, Gleichstellungsbeauftragte des Landratsamtes , hatte im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Mehr Stolz, ihr Frauen!" eingeladen zu einer besonderen Zeitreise. Rund 20 Teilnehmerinnen begaben sich in das Tal der Kelten, pardon – Keltinnen, wo Gästeführerin Jutta Göbel mit einer Fülle von Informationen aufwartete. Das Hochtal bei Obbach, von dem aus der Blick in die Rhön, in die Haßberge und den Steigerwald – zu anderen historisch belegten keltischen Siedlungen - möglich ist, war bewohnt von einem mächtigen Keltenstamm, mehr als 50 Hügelgräber zeugen ebenso davon wie ein Schatzfund vor fast 100 Jahren auf einem Acker.

    Die Kelten waren ein kunstsinniges Volk. Das „Prächtinger Pferdchen“, einer der wertvollsten Grabungsfunde im Obermaingebiet, wurde 1978 bei Grabungen des Landesamts für Denkmalschutz (LfD) gefunden.und findet sich heute im Pfalzmuseum Forchheim in einer Sonderausstellung des LfD.
    Die Kelten waren ein kunstsinniges Volk. Das „Prächtinger Pferdchen“, einer der wertvollsten Grabungsfunde im Obermaingebiet, wurde 1978 bei Grabungen des Landesamts für Denkmalschutz (LfD) gefunden.und findet sich heute im Pfalzmuseum Forchheim in einer Sonderausstellung des LfD. Foto: Landesamt für Denkmalpflege

    Die Regelbogenschüsselchen, ganz entzückend hübsche Münzen, sind leider nicht mehr vorhanden, "ein unsagbarer Schatz ist da verschwunden", so Göbel, die eine Replik herumreichte. Dennoch, belegt ist die hohe kulturelle Entwicklung des Keltenstammes der Region auch durch den Flurnamen Altreichthal, die keltischen Sprachwurzeln verweisen auf das "Tal der (alten) Macht".

    Wie lebten die Frauen? 

    Und wie lebten die Frauen darin? Sicher nicht so selbstbestimmt, wie in noch weiter zurückreichenden Zeiten, als matrilineare Gesellschaftsformen von einem anderen Status der Frau zeugten. Keltische Männer konnten beispielsweise bestimmen, ob ihnen Weib und auch Kinder in den Tod folgen sollten. Aber Frauen hatten durchaus die Möglichkeit, auch den Status einer Fürstin zu erlangen, es gab auch Priesterinnen, Frauen konnten mit in die Kämpfe ziehen, sie konnten ziemlich selbstbestimmt ihre Männer wählen, deutlich ihr Begehren zeigen und ihre Fähigkeiten entwickeln. Denn wie anderswo auch, sind ihre handwerklichen, kulinarischen und ästhetischen Fähigkeiten noch heute in den Scherben, Grabbeigaben und durch die Möglichkeiten moderner Archäologie belegt.

    Kriegerinnen stürzten sich in die Schlacht

    Wir wissen relativ wenig von der weiblichen Seite der Geschichte, denn der Forscherblick war meistens ein Männerblick und die Geschichte ist aufgeschrieben von Männern. Die Kelten selbst hatten keine Schriftkultur, jedoch Cäesar und auch Plutarch berichteten vom "furchterregenden kämpferischen Keltenvolk". Auch die Keltinnen seien Kriegerinnen gewesen, die sich ebenso nackt, wild bemalt und mit lautem Geschrei in die Schlacht stürzten. Es hieß, die Kelten seien neugierig gewesen, im Sommer sehr reiselustig und im Winter gerne zuhause am Herd.

    Bernstein sei ein beliebtes Schmuckstück für Keltinnen (und Kelten?) gewesen, die sich wohl gerne schmückten und tätowierten oder die Haare färbten. Frauen und Männer hätten gemeinsam gewirtschaftet und gleiches Erbrecht gehabt, Frauen hätten selbstverständlich ein Mitspracherecht in der Gruppe gehabt.

    Die Replik eines Regenbogenschüsselchens, wie sie vor rund 100 Jahren auf einem Acker bei Obbach gefunden wurden
    Die Replik eines Regenbogenschüsselchens, wie sie vor rund 100 Jahren auf einem Acker bei Obbach gefunden wurden Foto: Charlotte Wahler

    Für die Griechen und Römer seien die Keltinnen imposante Frauen gewesen, überragten sie an Körpergröße die Südländer doch um bis zu zirka 20 Zentimeter. Bis zu 160 Zentimeter wurden Keltinnen groß, das Lebensalter betrug durchschnittlich 20 Jahre.

    Wie alt wurden die Menschen damals? 

    Jedoch die Kindersterblichkeit war hoch und sicher auch die Zahl der Frauen, die im Kindbett starben. Würde dieser Fakt herausgerechnet, dürfte die Lebenszeit bei Frauen zirka 31 Jahre, bei Männern zirka 37 Jahre betragen haben.

    Was haben die Kelten gegessen ?

    Das Alltagsleben war sicherlich von einem weitaus magischeren Verhältnis zur Natur geprägt, so Göbel.  Denn das Überleben war viel deutlicher abhängig von ihr und von einem klugen Umgang mit ihr. Und es dürfte auch davon auszugehen sein, dass sich die Menschen selbst wesentlich als Teil der Natur empfanden. Vorbei an den Feldern mit Saubohnen, die es damals so ähnlich wohl auch schon gab – Göbel erzählte von Schweinespeck mit Saubohnen als einer üblichen keltischen Mahlzeit – wanderte die Gruppe zu den Hügelgräbern, die dort sehr mystisch und imposant aus dem Waldboden ragen.

    Diese 1,86 Meter langen Statuen stellen keltische Krieger im Kompositpanzer dar. Der am Hals zu sehende Schmuck dient dabei als Insignie der Macht. Vermutlich wird dabei eine Herrscherpersönlichkeit verkörpert.
    Diese 1,86 Meter langen Statuen stellen keltische Krieger im Kompositpanzer dar. Der am Hals zu sehende Schmuck dient dabei als Insignie der Macht. Vermutlich wird dabei eine Herrscherpersönlichkeit verkörpert. Foto: Mario Deller

    "Ich bin mit Leib und Seele Keltenforscherin geworden", so Göbel, die auch in ihrem Urlaub gerne stundenlang die Museen zur keltischen Geschichte in ganz Europa besucht. Und sie hätte bestimmt noch wunderbar spannend weitere Stunden füllen können, zum Beispiel von faszinierenden Grabbeigaben in bis zu 14 Meter hohen Fürstinnengräbern erzählen können.

    Als Überraschung gab es für die Teilnehmerinnen noch eine keltische Mahlzeit und die Erkenntnis, wie wohlschmeckend und vielfältig diese sein konnten. Eines waren die Mahlzeiten sicherlich auch gewesen: soziale Ereignisse, bei denen der Zusammenhalt und der Wissensaustausch gepflegt werden konnten. Damals wie heute. Nicht zuletzt verwies Suckfüll dann auch sehr gegenwärtig auf die anstehenden Kommunalwahlen und warb für weibliche Kandidaturen und dafür, Frauen zu wählen.

    Literaturtipp: Heide Göttner-Abendroth, Das Matriarchat, Kohlhammer Verlag; Richard Fester u.a.; WeibundMacht, FünfMillionen Jahre Urgeschichte der Frau. Infos zu Führungen mit Jutta Göbel unter www.kelten-fuehrung-obbach.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden