Hoffnung ist schön, steht auf den Taschen, die Barbara Manthey aufgestellt hat im HNO-Wartezimmer im 2. Stock des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) am Leopoldina-Krankenhaus. Hoffnung ist schön, das ist an diesem Tag mehr als eine Floskel.
Barbara Manthey hält für die DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) ein Kosmetikseminar für Krebspatientinnen. Die Frauen sollen Hoffnung schöpfen, sich gut fühlen, Selbstvertrauen bekommen. Look good, feel better (schau gut aus, fühle dich besser), so programmatisch heißt die Internetseite zum Projekt "Hoffnung ist schön".

Mehrmals im Jahr findet das Seminar in Schweinfurt statt. Es kommt gut an, sagt Olga Helwich, pflegerische Leitung auf der Onkologie-Station. Sie erlebt regelmäßig, wie gut das Angebot den Frauen tut, wie viel Spaß es gemacht hat. "Sie erzählen bei der Therapie davon."
Seminar findet zweimal im Jahr statt
Auf maximal zehn Teilnehmerinnen ist das Seminar ausgelegt, das in Schweinfurt zweimal im Jahr stattfindet. Sieben Frauen sind heute da. Jüngere, Ältere, Frauen mit Kopftuch, mit Perücke oder mit schon wieder etwas nachgewachsenen Haaren. Sie sind in unterschiedlichen Phasen der Behandlung, haben die Chemo hinter sich oder sind gerade dabei. Sie haben Krebs.
Rund 230.000 Frauen in Deutschland erhalten jährlich die Diagnose Krebs. Die Frauen hier am Tisch haben erlebt, wie allein die Diagnose das Leben durcheinander wirbelt. Sie sind hier, weil sie sich etwas Gutes tun wollen. Und ein paar Tipps haben möchten, wie sie sich besser fühlen können.

Schnell ist die Atmosphäre gelöst, die Stimmung locker. Jede bekommt eine Tüte mit Produkten zum Ausprobieren, von der Sonnenschutzcreme mit Lichtschutzfaktor 50 für das Gesicht (Chemotherapie macht die Haut lichtempfindlich) bis zur Wimperntusche und zum Reinigungsgel. Die Produkte spenden die Firmen, sagt Kosmetikerin Barbara Manthey, die ehrenamtlich arbeitet.
Empfindliche Haut: Eine Folge der Chemotherapie
Allein das Auspacken der Tasche macht Spaß und ist spannend. Ein bisschen wie Geschenke-Auspacken. Ein Shampoo ist drin. "Ich hab doch gar keine Haare", scherzt eine Teilnehmerin. Wie sich zeigt, ist ein spezielles, mildes Shampoo auch wichtig, wenn man keine Haare hat. Wer nur Duschgel benutzt, reizt die Kopfhaut. "Die Kopfhaut ist sehr empfindlich", sagt Barbara Manthey.

Sie gibt die Seminare sehr gerne. Zu sehen, wie sich die Teilnehmerinnen öffnen, Spaß haben und auch auf andere Gedanken kommen, ist eine schöne Erfahrung für sie. Und wenn eine krebskranke Frau sich wohlfühlt, wenn sie in den Spiegel schaut, wenn sie keine Angst davor hat: Das ist auch ein Ansporn für ihre Arbeit.
Die Weiblichkeit bleibt durch die Krankheit auf der Strecke
Durch eine Krebserkrankung bleibt viel auf der Strecke, hat Barbara Manthey in ihren 18 Jahren als Dermokosmetikerin (Dermokosmetik geht über klassische Schönheitsbehandlung hinaus) beobachtet. Zum Beispiel das Gefühl für sich selbst. Oder die Weiblichkeit. "Wir wollen mit wenig Aufwand wieder ein bisschen Weiblichkeit zeigen, die verloren gegangen ist", sagt die Kosmetikerin.
"Und nicht mehr aussehen wie ein frischgeborener Maulwurf, ohne ein Härchen." Die Frauen lachen, als sie das sagt. "Ohne Augenbrauen zu sein, ist das Schlimmste", sagt eine Teilnehmerin. "Da schaust Du aus wie ein Alien." Barbara Manthey zeigt, wie sich das mit einem Augenbrauenstift und der richtigen Linienführung gut wieder hinkriegen lässt. Sie weiß: "Augenbrauen sind der Rahmen des Gesichts, sie können viel sagen."
Eine junge, krebskranke, behinderte Frau ist mit ihrer Mutter gekommen. Beide strahlen, als die Augenbrauen dank Augenbrauenstift wieder sichtbar sind. "Du siehst so komplett aus", freut sich die Mutter. "Ich will ihr alles bieten", sagt sie. Deswegen ist sie mit der Tochter zum Seminar gekommen.

"Machst Du mal ein Foto von mir?" Der Satz fällt öfter, nachdem Lippenstift, Lidschatten und Wimperntusche ausprobiert sind. Nur mit einem sehr kräftigen Lippenrot hadert eine Frau: "Ich seh ja aus wie ein Clown."
Haare sind natürlich ein großes Thema. Wann sie wieder nachwachsen nach einer Chemo, fragt eine Frau. Nach vier bis sechs Wochen, sagt Barbara Manthey. Für eine Patientin ist es schon einmal eine tolle Sache, dass sie nicht mehr mit Mütze schlafen muss, um zu verhindern, dass sie mit einer Masse von ausgefallenen Haaren auf dem Kissen aufwacht. "Die Normalität kommt wieder", darauf baut sie.
Beim Seminar gibt es aber nicht nur Tipps für Augen-Make-up, oder wie man Frische ins Gesicht zaubert, damit man nicht "so krank aussieht", wie es die Kosmetikerin formuliert. "Niemand will doch immer auf der Stirn geschrieben haben: Ich bin krank."
Thermalwasser-Spray als Allzweckmittel
Es gibt auch Ratschläge, wie man mit den Auswirkungen von Medikamenten oder Chemotherapie umgehen kann. Die Haut wird oft empfindlicher. Tipp: Thermalwasserspray benutzen. "Das beruhigt, wirkt reizlindernd und entzündungshemmend." Das Spray könne man auch auf bestrahlter Haut benutzen. "Das lindert das Verbrennungsgefühl." Auch bei trockenen Augen helfe Thermalwasser, das es in Drogeriemärkten und Apotheken gibt. Einfach auf Wattepads aufsprühen und auf die Augen legen.
Barbara Manthey gibt allen zum Schluss mit auf den Weg: "Werden Sie richtig gesund und geben Sie nicht auf." Das haben alle vor, die heute hier waren. Sie wissen: Hoffnung ist schön.