Wer in diesen Tagen zu Fuß oder mit dem Rad im Wald unterwegs ist, der kann Zeuge eines seltenen Spektakels werden. Ganze Wolken von komisch anmutenden Fliegen umkreisen brummend und summend das junge zarte Grün der Bäume und Sträucher. Blühende Obstbäume sind umwölkt von schwarzen tanzenden Insektenwolken. Und der Boden ist übersät mit toten schwarzen Fliegen.
"Was sind das für Insekten? Stechen die? Das ist ja eklig." So lauteten Kommentare von Joggerinnen. Schnell war nicht nur für viele Wanderer das Vergnügen in der lauen Frühlingsluft vergangen. Ein älterer Bauer auf der nahen Streuobstwiese hat auch keinen Rat parat: "Diese Insekten habe ich zuvor noch nicht gesehen."
Was sagt der Experte Dr. Dieter Mahsberg vom Biozentrum der Universität dazu? "Es handelt sich um Markusfliegen, die auch Märzfliegen genannt werden. Diese Haarmücken sind für den Menschen ungefährlich und tauchen oft in ganzen Scharen auf, dabei fallen die auf- und abtanzenden Männchen durch ihre lang herabhängenden Hinterbeine auf", sagt Mahsberg. Die Eier werden von den Tieren meist in lockeren Böden abgelegt. "Die erwachsenen Insekten ernähren sich von Nektar und Honigtau", berichtet der Experte am Telefon.
Paarungstänze
Die Mücken sind gute Flieger, aber recht träge und auch zu Fuß nicht sonderlich flink. Bei den seltsam wirkenden Flügen derzeit handelt es sich um Paarungstänze. Dem Wissenschaftler zufolge paaren sich die Tiere in diesen Tagen und sterben dann kurz danach. Das spektakuläre Schauspiel, das sich derzeit bietet, sei dann schnell wieder vorbei. Der Experte rät deshalb von der chemischen Keule ab, denn die Tierchen seien für den Menschen ungefährlich und stechen auch nicht.
Dagegen erfüllen die Märzfliegen wichtige Funktionen für das biologische Gleichgewicht in der Natur. "Sie saugen Blütennektar und bepudern sich dabei oft mit Pollen, weshalb sie für die Kreuzbestäubung besonders von Obstbäumen sehr wichtig sind. Haarmücken sind damit neben Bienen, Hummeln und Wespen sehr nützliche Insekten, weshalb es völlig unsinnig wäre, gegen sie Insektizide einzusetzen. Auch für die Vogelbrut sind Haarmücken eine wichtige Nahrung," machte Mahsberg deutlich.
Aus den am Boden abgelegten Eiern schlüpfen in oft großer Menge Larven, die sich von verrotteten Pflanzenmaterial ernähren und so die Humusbildung fördern. Dieser wichtige Beitrag im Bodenökosystem dürfte gelegentliche Übergriffe auf Pflanzenwurzeln bei weitem ausgleichen. "In Zeiten, da Bienen und Hummeln häufig aus ungeklärten Gründen sterben, gehören die kleinen Zweiflügler zu den wichtigsten Baumbestäubern unserer Region," sagt der Experte von der Uni Würzburg.
In manchen Jahren, wie zum Beispiel heuer, tritt die Haarmücke geradezu massenhaft auf. Was sind die Gründe? Auf diese Frage kann Dr. Dieter Mahsberg auch nur eine spekulative Antwort geben: Im vergangenen Jahr sei es relativ feucht gewesen und da hatten die Larven im Boden gute Entwicklungschancen. Der lange Winter endete dann recht abrupt und erwärmte den Boden in kurzer Zeit, was den Schlupf der fertig entwickelten Mücken regelrecht synchronisiert haben dürfte. Alle zusammen sind zur gleichen Zeit an den Start gegangen. "Was in anderen Jahren über einen längeren Zeitraum sozusagen verdünnt wird, erleben wir im Moment zeitlich konzentriert. Das heißt also nicht, dass es heuer unbedingt mehr Haarmücken gibt als sonst."
Stichwort
Haarmücken
In Deutschland gibt es rund zwei
Dutzend Arten, in der hiesigen
Gegend unter anderem die Mar-
kusmücke und die Gartenhaar-
mücke. Sie sind zottig behaart, oft
schwarz. Männchen haben sehr
große Facettenaugen, die der
Weibchen sind deutlich kleiner.
Haarmücken lassen beim Fliegen
die Beine auffällig nach unten
hängen.