Auf die Frage, ob sie sich selbst mutig bezeichnen würde, antwortet Katharina Rupp wie aus der Pistole geschossen: „Ja, Freunde von mir sprechen sogar von Wahnsinn. Wenn ich aber nicht dran glauben würde, wäre das Scheitern doch programmiert.“ Die Schweinfurterin hat sich gerade selbstständig gemacht, als „Die mobile Optikerin“ und sich damit einen Traum erfüllt.
Mit ihrem zum „Brillenladen“ umgebauten Iveco-Transporter will sie Pflege- und Seniorenheime, Gemeinden im Landkreis im Umkreis von zunächst bis zu 30 Kilometern anfahren und „vor Ort“ ihre Leistungen anbieten. „Die Bevölkerung wird immer älter, viele Leute kommen auch wegen der schlechten Verbindungen nicht in die Stadt“, sagt Katharina Rupp.
Die Schweinfurterin besucht nach der Rathenau-Realschule – Abschluss Mittlere Reife – die Fachoberschule, Zweig Soziales, macht das Fachabitur, entscheidet sich aber für den Beruf Augenoptikerin. Die Vielseitigkeit, das handwerkliche Arbeiten in der Werkstatt, der Umgang mit Menschen, das habe sie gereizt. Drei Jahre Lehre bei einem Optiker in der Geburtsstadt, gleich danach neun Monate Meisterschule in Vollzeit in Diez bei Koblenz.
Mit 25 Jahren wagt sie nun den Schritt ins Unternehmertum mit dem eher seltenen Angebot einer „Optikerin auf Rädern“. Noch während ihrer Lehrzeit hatte sie eine Fernsehreportage über eine mobile Kollegin in Frankfurt beeindruckt. „Die Idee behalte ich im Kopf“, sagte sie sich. Im Internet wurde ein schon umgebauter Bus angeboten. Katharina Rupp nahm Kontakt zur Optikermeister-Kollegin Michaela Baumann auf, die ihr sagte, dass der mobile Dienst bei ihr in der Oberpfalz sehr gut angenommen worden sei. Den Bus gebe sie nur ab, weil sie Nachwuchs bekommt und der mobile Dienst neben ihrem Ladengeschäft ihr zu viel war.
Die junge Schweinfurterin marschiert zur Handwerkskammer in Schweinfurt. Berater Rainer Plößl nennt ihre Idee sofort „gut und innovativ“. Der zweite Mutmacher, sagt sie. Die Nahversorgung in den Orten werde immer wichtiger, mit einem solchen „gerade für ältere Menschen wichtigen Angebot ist sie gewährleistet“, sagt Plößl dieser Zeitung. Die Handwerkskammer hilft bei der Erstellung des Gründer- und Existenzkonzepts, die Bank gibt den für den Erwerb des Autos, der Ausstattung und der Brillen nötigen 50 000-Euro-Kredit. „Leider gibt es keine Gründerzuschüsse mehr“, bedauert Katharina Rupp.
Den Bus aus der Oberpfalz hat die Jungunternehmerin nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Beim Einstieg gibt es jetzt einen Handlauf, eine Rückfahrkamera hat sie zur Sicherheit einbauen lassen. 300 Brillenfassungen mehrerer Marken finden Platz. Sie kann alles „wie im Laden“ anbieten, natürlich auch die Refraktion, den Sehtest. Auch ihre Werkstatt ist der Bus, sie baut darin die Gläser, die ihr geschliffen geliefert werden, und die Brillengestelle zusammen. Alle anderen üblichen Serviceleistungen wie Reinigung, Instandsetzung, Richten oder Padwechsel sind logisch.
Die Jungunternehmerin ist gerade dabei, Senioren- und Altenheime anzuschreiben. Sie nimmt Kontakt zunächst zu den Landkreisgemeinden auf, will in die Dörfer an bestimmten Tagen „wie der Sparkassenbus“ kommen. Sie denkt an Mütter als Neukunden, die wegen ihrer Kinder keine Zeit für einen Stadtbesuch haben. Aufgebaut wird im Internet ein fester Kalender mit den Daten und Standorten, am 13. Juni steht sie vor dem Kaufland.
Ihr Büro, nötig für die Gewerbeanmeldung, befindet sich auf dem Firmengelände der Autowerkstatt ihres Vaters Anton Rupp in der Dittelbrunner Hauptstraße. Deshalb erfolgte die Anmeldung im Landratsamt.
Erster Kunde am ersten Arbeitstag ist Walter Klingbeil. Der Schweinfurter findet die Idee großartig. In seinem Hochhaus auf der Haardt gibt es 53 Parteien, die meisten Bewohner seien im Alter ab 75 Jahre aufwärts. „Eine solche Dienstleistung nehmen die alle sicher gerne in Anspruch“, ist sich Klingbeil sicher. Katharina Rupp hat sich die Adresse im Ludwig-Richter-Weg notiert. „Ich wünsche Ihnen viel Glück“, sagt Klingbeil.