Wenn die Schwiegertochter ein Kind bekommt, ist das für die allermeisten Schwiegermütter ein Grund zur Freude. Und ein Grund zum Schenken. So auch für die Gerolzhöferin Irene Schmitt. Weil ihre Schwiegertochter Angelika Fink in Berlin kurz vor der Entbindung stand, suchte sie liebevoll und mit einigem Zeitaufwand alle möglichen sinnvollen Dinge für die Zeit bei und nach der Geburt zusammen und schickte sie am 1. Juli per Päckchen mit der Deutschen Post DHL in die Bundeshauptstadt.
Dort kam es auch an. Pech nur, dass der Paketdienst-Fahrer im Haus der Familie Schmitt/Fink niemanden antraf. Alle waren im Krankenhaus, wo zu diesem Zeitpunkt gerade die Geburt des neuen Erdenbürgers ablief. Also nahm der Fahrer die Sendung wieder mit und steckte einen Zettel in den Briefkasten mit dem Hinweis, dass das Päckchen während der nächsten sieben Werktage in der nächstgelegenen Abhol-Filiale in Berlin-Friedrichshain entgegengenommen werden könnte.
Als Irene Schmitts Sohn Christian dem nachkommen wollte, war das Päckchen nicht da. Niemand konnte sagen, wo es abgeblieben war. Die digitale DHL-Sendungsverfolgung ergab, dass die Sendung zwar vom Start-Paketzentrum in Kitzingen zum Ziel-Paketzentrum Rüdersdorf bei Berlin gegangen war. Dann aber verliert sich die Spur.
Nur Pakete sind versichert
Auf Nachfrage beim DHL-Service hieß es nur, die Kundin werde zurückgerufen. Man wollte allerdings die Telefonnummer Irene Schmitts gar nicht wissen. Einen Nachforschungsauftrag zu stellen, hielt die Dame vom Service für nicht sinnvoll, weil es sich „nur“ um ein Päckchen handle. Dazu muss man wissen: Einer der Unterschiede zwischen Paket und Päckchen ist, dass der Inhalt des Pakets bis zu einem Wert von 500 Euro versichert ist, der des Päckchens aber überhaupt nicht. Deshalb weist die Post auch darauf hin, nur eher geringwertige Sachen im Päckchen zu verschicken. Diesen Fehler gemacht zu haben, räumt Irene Schmitt auch ein. Der Wert der Sendung belief sich immerhin auf knapp 200 Euro.
Sie und die Familie ihres Sohnes Christian waren schon nahe daran, die Geburtsgeschenke abzuschreiben. Trotzdem riefen sie nochmals an. Und siehe da: Das Päckchen war plötzlich wieder da – im Paketzentrum Rüdersdorf. Die Freude war groß, denn nun sollte Irene Schmitts Familie doch noch ihr Geburtsgeschenk erhalten.
Doch weit gefehlt. Denn anstatt es jetzt endlich an die Berliner Adresse zuzustellen, schickte die Post das Corpus Delicti wieder nach Gerolzhofen an Irene Schmitt zurück, wo es am 12. Juli ankam. Ohne die Frist von sieben Werktagen in Berlin abzuwarten, wie die Postkundin meint. Diese Frist hatte man ihr in der Gerolzhöfer Post mitgeteilt. Auch im Internet war vom weiteren Werdegang des Päckchens keine neue Spur mehr zu finden, obwohl es doch in der echten Welt in Friedrichshain war.
Das bunte Päckchen-Set, das Irene Schmitt verwendete, ist bei der Post inklusive Versandkosten für 5,90 Euro zu haben. Der materielle Verlust wäre für sie nicht das Schlimmste gewesen. Es geht ihr eher um den ideellen und den Vertrauensverlust.
Bleibt die Frage, ob Irene Schmitt das Geschenk noch einmal Richtung Berlin schickt. Nein, das wird sie nicht tun. Sie wird es bei ihrem nächsten Besuch in zwei Wochen höchstpersönlich an Sohn und Schwiegertochter übergeben. Für eine erneute Sendung hätte sie übrigens noch einmal Porto bezahlen müssen, denn das Päckchen war ja schon einmal in Berlin.
Päckchen ohne ID-Nummer
Das sagt Alexander Böhm, Pressesprecher der Deutschen Post DHL in Frankfurt. Zum Weg des Päckchens erklärt er, die Sendungsnummer für ein Päckchen sei keine ID-Nummer wie beim Paket. Beim Paket scannt der Fahrer im Falle einer Nichtzustellbarkeit die Nummer ein und es erscheint automatisch die richtige Abholstelle. Beim Päckchen aber muss er sie händisch in die Mitteilung an den Adressaten eintragen und dabei muss der Fehler entstanden sein. Das heißt, der Fahrer trug eine andere Stelle ein, als die, bei der er die Sendung hinterlegt hat. Weil deshalb das Päckchen gar nicht abgeholt werden konnte, ging es zurück nach Gerolzhofen. Zur Rücksendung kommt es deshalb, weil die Post einen Vertrag mit dem Absender, nicht mit dem Empfänger hat.
Und weil die Sendungsnummer eben keine ID-Nummer ist, konnte der Weg des Päckchens auch nicht digital bis zum Ende verfolgt werden.
Ähnlich wie der Brief sei das Päckchen eine Massenware. Dabei könnte schon einmal ein Fehler passieren. Dafür entschuldigt sich Alexander Böhm ausdrücklich bei Irene Schmitt. Die Verlustquote für Päckchen bei der Post will er aber nicht nennen. Warum Irene Schmitt nicht zurückgerufen wurde, konnte Böhm nicht mehr rekonstruieren. Der Post sei aber ihre Nummer bekannt gewesen, sagt Böhm und nennt zum Beweis die Nummer gegenüber der Redaktion.
Dass Irene Schmitt nun ihr Päckchen selbst nach Berlin fahren will, versteht Böhm: „Es ist ja auch viel schöner, wenn die Beschenkten in Gegenwart des Schenkers ihre Geschenke auspacken“, gewinnt er dem Vorfall die positive Seite ab.