Sie wollen keine Fronten im Ort aufbauen und überhaupt gäbe es keine Uneinigkeit. Das betonen sie fast gebetsmühlenartig, während die Lkws und Autos an uns vorbeirauschen, so dass man in schöner Regelmäßigkeit wegen der Laster vor allem Pausen einlegen muss, um sein Gegenüber wieder richtig verstehen zu können. Wir stehen direkt an der Fahrbahnkante an der Bushaltestelle in Mönchstockheim. Auch Sulzheims Bürgermeister Jürgen Schwab hat sich zu der größeren Ansammlung dazugesellt. Der Artikel über die Klage der Anlieger der Raiffeisenstraße gegen die gewählte Trassenführung für die geplante Umgehungsstraße lässt die Anlieger, die entlang der Ortsdurchfahrt in der Seestraße wohnen, nicht ruhen.
Rund 20 von ihnen haben sich ganz spontan auf die Schnelle in der Dorfmitte eingefunden, um dem Zeitungsreporter ihre Situation zu schildern, Flagge zu zeigen und ein Zeichen zu setzen. Schon 2011 hatten die Mönchstockheimer ihren Wunsch nach einer Umgehungsstraße im Zuge der Staatsstraße 2275 auf einer langen Unterschriftenliste dokumentiert. Rund drei Viertel alle Ortsbürger hatten darauf unterschrieben.
Ein Seesträßler bringt das Anliegen an diesem Sommerabend nochmals auf den Punkt. Er betont: „Wir wollen keine Diskrepanz, auch die Raiffeisensträßler sollen ihr Recht bekommen, wir brauchen aber eine optimale und möglichst zügige Lösung für alle.“ Eine Leidensgenossin verweist auf die mangelhafte Verkehrssicherheit: „Es gibt keine Zeit zu verlieren, auch weil es verdammt gefährlich hier im Ort ist.“
Wurden die leer stehenden Anwesen zu voreilig gekauft?
Häufig ist die Rede von der Verhältnismäßigkeit. Ein Mann macht deutlich: „Manche schlafen nur 1,5 Meter neben der Hauptstraße.“ Schließlich hingen auch die Projekte, die im Rahmen der Dorferneuerung geplant seien, von der Umgehungsstraße ab und damit die ganze Dorfentwicklung. Die ersten grübeln außerdem schon laut darüber nach, ob es richtig gewesen war, leerstehende Anwesen im Dorf gekauft zu haben.
Aufgrund der verkehrsgünstigen und obendrein mautfreien Lage der Staatsstraße 2275 zwischen den Ost-West-Verbindungen der Autobahnen A3 sowie der A70 sind die Anwohner der vielfach eng bebauten Ortsdurchfahrt Mönchstockheims seit vielen Jahren dem hohen Durchgangsverkehr ausgesetzt. Allein zwischen 2005 und 2010 hatte der Schwerlastverkehr um 40 Prozent zugenommen, wie Zählungen belegen.
Die Bewohner entlang der Ortsdurchfahrt fürchten deshalb buchstäblich weiter auf der Stecke zu bleiben und unter die Räder zu kommen, solange sich, wie berichtet, das im Sommer 2018 von Anliegern der Raiffeisenstraße angestrengte Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in Würzburg hinzieht und die Klage den Bau der Ortsumfahrung blockiert.
Woanders sind Tempolimits kein Problem
Dabei hat man so sehr gehofft und geglaubt, auf der Zielgeraden eingebogen zu sein. Doch jetzt läuft man Gefahr, auf den letzten Metern noch zu verhungern, so ein Anwohner der Seestraße. Dabei hat man immer wieder durchaus Verständnis für die Anlieger der Raiffeisenstraße und kann nicht verstehen, warum man ihnen etwa das ins Spiel gebrachte Tempolimit auf der Umgehungsstraße verwehrte, obwohl es andernorts in der Gegend längst gilt.
Kurz vor dem Erörterungstermin der Regierung von Unterfranken im Sportheim im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens war die Trassenführung vom Staatlichen Bauamt in Schweinfurt noch einmal geändert worden. Die Anlieger der Raiffeisenstraße, an deren Häuser die Umgehung rückwärtig vorbeiführen soll, waren bis dahin von einer weiter südwestlichen Streckenführung ausgegangen.
Wir haben deshalb noch einmal auf Bitten der Bewohner im Ort in der Straßenplanungsbehörde nachgefragt. Nach Auskunft von Pressesprecherin Nina Löhner sei man allerdings schon mit der letztendlich für die Planfeststellung gewählten Linienführung der Raiffeisenstraße entgegengekommen, wenn man ihre Worte richtig deutet. Demnach seien im Rahmen der Voruntersuchung zur Ortsumgehung Mönchstockheim westlich von Mönchstockheim mehrere Trassenvarianten, unter anderem auch eine ortsnähere Variante, untersucht worden.
Wonach sich die Anwohner entlang der Hauptstraße sehnen
Auf dieser Basis sei nach einem umfangreichen Abwägungsprozess die Planfeststellungstrasse gewählt worden. Sie verlaufe gegenüber der ortsnäheren Variante, die bei der Voruntersuchung abgewogen worden sei, „um rund 20 Meter weiter westlich von der Bebauung abgerückt“, so Nina Löhner.
So oder so, den Anwohnern entlang der Hauptstraße hilft diese Auskunft nicht weiter. Es sind die für viele selbstverständlichen Dinge, nach denen sie sich hier sehnen.
Dazu zählt, dass der Gehsteig nicht, wie häufig der Fall, durch dort parkende Autos für Kinderwägen, Kinderfahrräder oder Rollatoren versperrt ist. Dazu zählt etwa, dass sie liebend gern auf die geminderte Wohn- und Lebensqualität durch das überdurchschnittlich hohe Lkw-Aufkommen und den dementsprechend hohen Lärmpegel und Schadstoffausstoß verzichten könnten.
Dazu zählt der Wunsch, angesichts der Fahrzeugkolonnen, die sich durch Mönchstockheim pressen, einmal wieder weitgehend ungestört vom eigenen Grundstück ein- und ausfahren oder die Straße gefahrlos kehren zu können. Oder dass die Schulkinder nicht lange stehen und stehen, bis sie endlich ungefährdet die Fahrbahn überqueren können.
Der mahnende Unfall am Ortsausgang
Und dann schwingt da immer noch die Angst in den Köpfen mit, dass etwas Schlimmeres passieren könnte. Ein Unfall im Herbst 2018 hat allen noch einmal vor Augen geführt, wie gefährlich sie und ihre Familien hier leben, obwohl alles noch einmal relativ glimpflich abgegangen ist.
An jenem späten Montagnachmittag im November wollte am Ortsausgang in Richtung Gerolzhofen ein Mann mit seinem Traktor rückwärts in seine Hofeinfahrt einfahren. Auf einem Vorbau am Schlepper hatte er große Steine geladen. Kurz hintereinander prallten zwei ortsauswärts in Richtung Gerolzhofen fahrende Autos gegen das Hindernis. Die Fahrer gaben jeweils an, von der tief stehenden Sonne geblendet worden zu sein.
In beiden Fällen kamen zum Glück keine Personen zu schaden. Allerdings hatten genau dort auf dem Gehsteig, wo die großen Steine durch den Aufprall zu Boden knallten, wenige Minuten zuvor noch zwei Buben gestanden.
Der Ruf nach einer außergerichtlichen Lösung
Am Ende der Diskussion mit dem Zeitungsreporter sind sich die erschienenen Seesträßler darin einig, dass eine außergerichtliche Lösung für alle das Beste wäre und die Gemeinde hierzu einen entsprechenden Vorstoß unternehmen sollte. Dazu müsste sich aber vor allem das Staatliche Bauamt bewegen.